Bibliographic Metadata
- TitleWindelband an Paul Häberlin, Heidelberg, 3.8.1913, 3 S., hs. (lat. Schrift), UB Basel, NL 119:10,1790,2
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Windelband an Paul Häberlin, Heidelberg, 3.8.1913, 3 S., hs. (lat. Schrift), UB Basel, NL 119:10,1790,2
Heidelberg, 3 Aug[ust] 1913
Hochgeehrter Herr Kollege,
Besten Dank für Ihren freundlichen Brief[1] und die beigefügten Notizen: ich habe sie für meinen Bericht an die Fakultät verwendet, der nun freilich für den Moment gegenstandslos geworden ist. Denn, wie Sie durch den Herrn Dekan[2] erfahren haben werden, hat die Regierung, um bestimmte Antwort[3] ersucht, ihre Subvention[a] für die in Aussicht genommene Lehrstelle erst zum Winter 1914/15[b] zusagen können, und für die Errichtung des etatsmässigen Extraordinariats stellt sie gar erst zum Budget 1916/17 zwar ihren guten Willen, aber keine absolute Gewähr[c] in Aussicht. Diese Verzögerung ist natürlich sehr unerfreu|lich, nicht nur weil die Fakultät, die deshalb auch ihre Sitzung bis zum Winter verschoben[4] hat, nun nicht in der Lage sein wird, Ihnen die Umhabilitierung nahezulegen, sondern auch deshalb, weil, wie sich sicher voraussehen lässt, inzwischen allerlei Strömungen sich geltend machen werden, die auf andre Kombinationen gerichtet sind, und die psychologisch-paedagogische Lehrstelle, für die wir Sie in Aussicht nahmen, anderweitig zu verteilen bestrebt sein werden.[d] Jedenfalls muss ich Sie leider bitten, die Sache in keiner Weise als gesichert anzusehen.[e] Es ist mir sehr peinlich, dass die Voraussetzungen, unter | denen ich mit Ihnen, wenn auch noch so unverbindlich zu verhandeln beauftragt[5] war, jene Veränderungen erfahren haben, die unsre Aktion für den Moment hemmen und für die Zukunft in Frage stellen. Mein Trost ist der, dass mir diese Gelegenheit die Freude Ihrer persönlichen Bekanntschaft verschafft hat, und meine Hoffnung die, dass es nicht dabei bleiben werde.[f]
Inzwischen grüsse ich Sie mit den besten Ferienwünschen als Ihr hochachtungsvoll ergebner
W Windelband
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
2↑durch den Herrn Dekan ] vgl. das inhaltlich dem vorliegenden ganz ähnliche Schreiben von Alfred Weber an Häberlin vom 3.8.1913, abgedruckt in Horst Gundlach: Wilhelm Windelband und die Psychologie. Heidelberg: University Publishing 2017, S. 382.3↑Antwort ] auf das Ersuchen der Fakultät vom 22.7.1913, vgl. Ministerium des Kultus und des Unterrichts an den Engeren Senat der Universität Heidelberg vom 30.7.1913: Mittel zur Honorierung eines Lehrauftrags für Psychologie und Pädagogik stehen uns für das Wintersemester 1913/14 nicht mehr zur Verfügung. Wir sind aber bereit, die Mittel im nächsten Budget anzufordern und vom Wintersemester 1914/15 ab zur Verfügung zu stellen. Die Höhe des Lehrauftragshonorars wird sich nach den allgemeinen Grundsätzen zu richten haben, also 200 M[ark] für die Wochenstunde betragen. Sollte jedoch die Philosophische Fakultät, was in ihrem schriftlichen Antrage nicht gesagt ist, worauf sie aber nach den mündlichen Darlegungen ihres Herrn Dekans besonderen Wert zu legen scheint, für den Lehrauftrag den Privatdozenten Dr. Häberlin in Basel zu gewinnen suchen, so wären wir bereit, dem Genannten für eine mindestens sechsstündige Lehrtätigkeit ein Semesterhonorar von 1800 M zu bewilligen. Höher zu gehen, wäre schon deshalb nicht angängig, weil die Vergütung andernfalls das Anfangseinkommen (Gehalt von höchstens 3000 M und Wohnungsgeld von 900 M) übersteigen würde, das Dr. Häberlin im Falle der Schaffung eines etatsmässigen Extraordinariats zu erwarten hätte. Im Falle der Nostrifikation Dr. Häberlins sind wir auch bereit, für ihn den Titel ausserordentlicher Professor zu erwirken und die Einstellung einer etatsmässigen ausserordentlichen Professur ins Budget 1916/17 zu versuchen, können aber eine Gewähr dafür, dass diese etatsmässige Stelle genehmigt wird, selbstverständlich nicht bieten. | Gegenüber dem von der Philosophischen Fakultät erhobenen Anspruch auf ein zweites Ordinariat für Philosophie machen wir darauf aufmerksam, dass ein alter Anspruch der Philosophischen Fakultät auf dieses Ordinariat nicht besteht, da das zweite Ordinariat für Philosophie nach einer Pause von 26 Jahren erst 1903 wieder geschaffen worden ist. Wir werden aber, sobald ein Bedürfnis dafür vorliegt, ein zweites Ordinariat an Stelle der jetzt mit einem Extraordinarius besetzten Professur im Staatsvoranschlag anfordern und erklären ausdrücklich, dass die Frage der Schaffung dieses Ordinariats von der Erteilung des Lehrauftrags für Psychologie und Pädagogik wie von der etwaigen späteren Errichtung eines Extraordinariats für diese Lehrfächer nicht berührt wird (zitiert nach der Abbildung in: Jürgen Klüpfel/C. F. Graumann: https://www.psychologie.uni-heidelberg.de/willkomm/cfg/instber-2b.html#IIb (3.8.2016); Generallandesarchiv Karlsruhe, 235/3134).4↑Sitzung bis zum Winter verschoben ] vgl. die Einladung Alfred Webers an die Mitglieder der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg vom 30.7.1913, UA Heidelberg H-IV-102/140, fol. 6: Die Herrn Fakultätsmitglieder bitte ich noch zu einer | Fakultätssitzung | Auf Samstag den 2 August | 4½ Uhr präcis | Einziger Punkt der Tagesordnung. | der Bericht an das Ministerium der hier psychologisch pädagogischen Professur betr[effenden] Umhabilitation | das Gutachten des Herrn Wilh[elm] Windelband liegt bei. Das Ministerium hat den Zugang seiner principiellen Entscheidung für Samstag zugesagt | Weber z[ur] Z[eit] Dekan. Folgen Sichtvermerke nach Umlauf: ges[ehen] Bartholomae – schließt sich dem Antrag unten an. | Gothein beantrage Verschiebung aufs nächste Semester | Hettner. wie Kollege Gothein | Domaszewski wie College Gothein | Fr. Neumann ebenso | Schöll Hoops [ebenso] | ges[ehen] v. Duhn. | [gesehen] Braune | mir ist es einerlei G. Neckel | desgl[eichen] Oncken | am 5. August gelesen Bezold. | [am] 16. [August gelesen] Boll Für das Gutachten Windelbands über Häberlin vom 29.7.1913 vgl. Abschnitt Dokumente der vorliegenden Edition. Windelband las im SS 1913 letztmals über Psychologie (Vorlesungverzeichnis in Heidelberger historische Bestände – digital), vgl. Max Weber an Willy Hellpach vom 11.7.1913: Bei den Habilitationsfragen betr. „Psychologie“ hat man auch von Ihnen gesprochen. Es war aber die Ansicht, daß keine Habilitation von auswärts mehr wünschenswerth sei […] und daß, da Gruhle und Jaspers sich jedenfalls habilitieren, der Bedarf gedeckt sei. In der That werden nun schon drei Psychologen hier sein [Hans W. Gruhle, Karl Jaspers, Windelband], vier, wenn man Driesch rechnet, der das Fach ja ebenfalls liest (Windelband will es aufgeben, nachdem die Sache [die Habilitation Jaspers’, vgl. Windelband an Jaspers] arrangiert ist (Max Weber Gesamtausgabe Abt. II, Bd. 8, S. 271).▲