Bibliographic Metadata
- TitleWindelband an Alfred Dove, Heidelberg, 29.11.1911, 4 S., hs. (lat. Schrift), UA Freiburg, C 0140 NL Alfred Dove: 20 Korrespondenz R–Z
- Creator
- Recipient
- ParticipantsAlexander Pfänder ; Alfred Dove ; Aloys Fischer ; August Schmekel ; Ernst von Aster ; Franz Brentano ; Fritz Medicus ; Hans von Schubert ; Heinrich Rickert ; Hugo Falkenheim ; Karl Dilthey ; Matthias Baumgartner ; Max Frischeisen-Köhler ; Otto Baensch ; Otto Braun ; Paul Menzer ; Paul Natorp ; Raoul Richter ; Richard Hönigswald ; Rudolf Lehmann ; Walter Kinkel ; Wolfgang Windelband
- Place and Date of Creation
- Series
- Physical LocationUniversitätsarchiv Freiburg
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Windelband an Alfred Dove, Heidelberg, 29.11.1911, 4 S., hs. (lat. Schrift), UA Freiburg, C 0140 NL Alfred Dove: 20 Korrespondenz R–Z
Heidelberg, 29.11.11.
Verehrter Freund,
Meine Antwort auf Ihre lieben Zeilen[1] vom 6. d[es] M[onats] ist durch das lange Warten auf die Separatabzüge[2] verzögert worden, von denen ich einen mit der Bitte um freundliche Aufnahme Ihnen hierbei schicke. Zu dem Sammelwerk[3] – es giebt ja jetzt kaum andre mehr! ein wahres Elend! – über die grossen Denker wollten Herausgeber und Verleger durchaus einen Schluss, von dem ich ihnen voraussagte, dass es nach allen den grossen Dramen und Tragoedien nur ein Satyrspiel[4] werden könne. Sie habens trotzdem | gewollt, und so muss es nun bleiben.
Sie sehen daraus u. A., dass wir in unsrer Meinung über die Sphaere, in der Dilthey’s Vorzüge liegen, sehr einverstanden sind: es kann sie niemand höher anerkennen, als ich, der ich weiss, wie viel ich überall aus ihm gelernt habe; aber wo er ins eigne Philosophieren kommen wollte, da konnte ich nicht mit. Typisch bleibt darin die Einleitung in die Geisteswissenschaften[5], die eine Fülle von feinsten und schönsten Sachen enthält und von der ich nicht sagen kann, was sie als ganzes Buch bedeu|tet oder bedeuten will.
Auch Ihr Urteil über Rickert ist mir aus der Seele gesprochen, – sowohl die Freude über den neusten „populären“ Logos-Aufsatz[6] als auch das, was Sie im Gegensatz dazu über die früheren Aufsätze[7] sagen. Es war hohe Zeit, dass der „Logos“ auch einmal wieder etwas für sein eigentliches Publicum bekam.
Was die Ironie in Ihrem Festartikel[8] anlangt, so gestehe ich Ihnen, dass ich, als ich ihn bekam, mit meinem Sohn[9] darüber geredet habe, ob dies oder jenes darin wohl Ironie sein könne; namentlich der Passus über das Bauwerk selbst | schien mir den Schalk durchblicken zu lassen. Aber ich bleib doch sehr zweifelhaft, da es der Festschrift schwer zuzumuten schien. Nun freut es mich, dass ich doch nicht ganz irre gegangen bin. Den hiesigen Kollegen, die sich z. T. an dem Vergleich erregten, habe ich, seitdem Sie auch Schubert gegenüber[10] sich ähnlich geäussert, nicht verhehlt, dass Ironie darin stecke, – den Freiburgern sage ich lieber nichts davon! Deren Gefühlsweise haben Sie glänzend imitiert!
Und nun, wie gehts Ihnen? hoffentlich so gut wie mir, der ich gestern sogar in Karlsruhe[11] ohne Schaden habe vortragen können. Tausend herzliche Grüsse von Haus zu Haus!
Treulich Ihr
W Windelband
Kommentar der Herausgeber
2↑Separatabzüge ] von Windelband: Die philosophischen Richtungen der Gegenwart. In: Große Denker Bd. 2. Unter Mitwirkung v. … hg. v. Ernst von Aster. Leipzig: Quelle & Meyer o. J. [1911], S. 361–377.3↑Sammelwerk ] vgl. Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, 21076 Quelle & Meyer, Verlagsbuchhandlung, Leipzig, Nr. 108: Verlagsvertrag (Ts., von Windelband gezeichnet Heidelberg, 6.7.1909; Vermerk S. 1: Gegenvertrag gesandt am 12. Juli 1909) über den Schlussartikel des von Ernst von Aster hg. zweibändigen Werkes Große Denker (1911, 2. Aufl. 1923). Höchstumfang: 2 Bogen à 16 S. Auflage: 5000 Exemplare. Honorar: 250 Mark, 15 Freiexemplare des Artikels, 3 des ganzen Werkes. § 4 bestimmt u. a.: Das Manuskript wird der Herr Verfasser im Laufe des Jahres 1910 in vollständig druckfertigem Zustande, einseitig beschrieben, an den Herrn Herausgeber abliefern. § 6 bestimmt, daß das Honorar für Folgeauflagen an die Erben gehe, wenn die Auflage innerhalb von 10 Jahren nach dem Tode des Autors erfolge. Auf S. 1 des Vertrags ist mit Bleistift hs. vermerkt: 2. Auflage kein Honorar gez[ahlt], da nicht zu ermitteln. § 5 teilt den Erlös aus Übersetzungen zu gleichen Teilen unter den Vertragspartnern. Dem Vertrag ist ein wegen Verzug nach Unbekannt als unzustellbar zurückgesendetes Einschreiben an Wolfgang Windelband vom 28.7.1921 beigelegt, enthaltend einen Scheck über 115,80 Mark Übersetzungshonorar für eine offenbar nicht erschienene spanische Ausgabe. Die Akte enthält auch Verträge mit: (1. Bd.) Franz Brentano: Aristoteles; Paul Natorp: Plato; Raoul Richter – Die Sophisten und Sokrates; Matthias Baumgartner (Breslau): Augustinus/Thomas von Aquino; Aloys Fischer (München): Die Vorsokratiker; Max Frischeisen-Köhler: Descartes; Richard Hönigswald: Giordano Bruno; August Schmekel: Das ausgehende Altertum. (2. Bd.) Otto Braun: Schelling; Alexander Pfänder: Nietzsche; Paul Menzer: Kant; Fritz Medicus: Fichte; Rudolf Lehmann: Schopenhauer/Herbart; Walter Kinkel: Leibniz; Hugo Falkenheim: Hegel; Otto Baensch: Spinoza.4↑Satyrspiel ] Anspielung auf das antike griechische Theater: auf eine Tragödientrilogie folgt ein heiter-groteskes Nachspiel5↑Einleitung in die Geisteswissenschaften ] vgl. Wilhelm Dilthey: Einleitung in die Geisteswissenschaften. Versuch einer Grundlegung für das Studium der Gesellschaft und der Geschichte. Leipzig 1883.6↑Logos-Aufsatz ] vgl. Rickert: Lebenswerte und Kulturwerte. In: Logos 2 (1911/12), Heft 2, S. 131–166.7↑früheren Aufsätze ] vgl. Rickert: Vom Begriff der Philosophie. In: Logos 1 (1910/11), Heft 1, S. 1–34; ders.: Das Eine, die Einheit und die Eins. In: Logos 2 (1911/12), Heft 1, S. 27–79.10↑Schubert gegenüber ] Schreiben nicht ermittelt; Hans von Schubert, seit 1906 Prof. für Theologie an der Universität Heidelberg, 1910/11 Prorektor (Wer ist’s? 1912, S. 1451).▲