Bibliographic Metadata
- TitleWindelband an Albrecht Dieterich, Heidelberg, 25.11.1905, 2 S., hs. (lat. Schrift), UA Heidelberg, H-IV-102/137 (Philosophische Fakultät 1905/06, Dekan: Albrecht Dieterich), Bl. 22
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Windelband an Albrecht Dieterich, Heidelberg, 25.11.1905, 2 S., hs. (lat. Schrift), UA Heidelberg, H-IV-102/137 (Philosophische Fakultät 1905/06, Dekan: Albrecht Dieterich), Bl. 22
Heidelberg, 25t November 1905
Hochgeehrter Herr Dekan,
Nachdem ich die Hellpach’sche Habilitationsangelegenheit[1] formell und sachlich einer in letzterer Hinsicht für mich recht mühsamen und unbequemen Prüfung unterzogen habe, beehre ich mich, der philosophischen Fakultät den Antrag zu unterbreiten, sie wolle etwa folgende Antwort erteilen[2]:
„Die philos[ophische] Fakultät ist an sich gern bereit, dem Wunsche des hohen Ministeriums gemäss der technischen Hochschule durch ein Gutachten in Bezug auf ein an dieser selbst nicht besetztes Fach behilflich zu sein, und die Fakultät ist angesichts der Ungewöhnlichkeit und principiellen Wichtigkeit des Falles dem hohen Ministerium besonders dankbar dafür, dass es als Bedingung dafür eine vorherige Festlegung der Kompetenzen in Aussicht genommen hat. Gerade in dieser Hinsicht nämlich muss die Fakultät Bedenken tragen, ein Gutachten abzugeben, wenn die Entscheidung nachher noch bei der Habilitationskommission der techn[ischen] Hochschule liegen soll: denn nachdem diese im Uebrigen auf das Habilitationsgesuch des Herrn Dr. Hellpach einzugehen sich bereit erklärt hat, können für die Entscheidung, so weit wir sehen, keine andern Gesichtspunkte mehr massgebend sein, als eben die, für welche unser Gutachten eingeholt werden soll, nämlich die der wissenschaftlichen Qualifikation des Habilitanden.
Diese Schwierigkeit wäre zu heben, wenn die Habilitationskommission der T[echnischen] H[ochschule] vorher[a] die Erklärung abgäbe[3], dass sie nach Prüfung der sonstigen persönlichen und sachlichen Verhältnisse entschlossen sei, die Habilitation des Herrn[b] Dr. Hellpach bei dem hohen Ministerium zu beantragen, sobald das Gutachten der Fakultät über seine wissenschaftliche Qualification zu seinen Gunsten ausgefallen sei.
Unter dieser Voraussetzung erklärt sich die Fakultät | zur Beurteilung der Habilitationsleistungen[4] des Dr. Hellpach bereit, nachdem ihr Referent für die philosophischen Fächer[5] sich zur Uebernahme eines Berichtes darüber anheischig gemacht hat. Auch dieser aber konnte das nur mit einer gewissen Reserve übernehmen. Die Arbeiten des Habilitanden und auch seine Habilitationsschrift betreffen psychopathologische Gebiete, deren besondere Materien dem Referenten fern liegen und über die er sich, wie namentlich über eigentlich psychiatrische Fragen kein Urteil zutrauen kann. Nur der ausgesprochen wissenschaftstheoretische Gesamtcharakter der Habilitationsschrift und der allgemeiner methodologische Zug, den die Arbeiten des Habilitanden zeigen, wird es dem Referenten erlauben, sich in diesen Grenzen ein Urteil über die wissenschaftliche Befähigung des Habilitanden zu bilden.“
W Windelband
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
1↑Hellpach’sche Habilitationsangelegenheit ] vgl. in derselben Akte Bl. 19–28 Habilitationsverfahren Dr. med. et phil. Willy Hellpach an der Technischen Hochschule Karlsruhe. Diese entschied aufgrund der Gutachten der philosophischen Fakultät Heidelberg, da es ein Fach beträfe, das an der Technischen Hochschule nicht vertreten sei (laut Schreiben vom 3.8.1905 des Ministeriums der Justiz, des Kultur und Unterrichts an die Heidelberger philosophische Fakultät vom 3.8.1905). Vgl. Windelbands Gutachten vom 5.2.1906 im Abschnitt Dokumente der vorliegenden Edition. Vgl. zum ganzen Vorgang Horst Gundlach: Wilhelm Windelband und die Psychologie. Heidelberg: University Publishing 2017, S. 193–223 u. 283–287.2↑folgende Antwort erteilen ] Zustimmung im Fakultätsumlauf erteilt, vgl. Bl. 21 in derselben Akte. Windelbands Entwurf dient als Antwort an den Engeren Senat der Universität Heidelberg und an das vorgesetzte Unterrichts-Ministerium.4↑Beurteilung der Habilitationsleistungen ] vgl. in derselben Akte Bl. 23: am 8.1.1906 übermittelt der Engere Senat die Unterlagen der Technischen Hochschule über Hellpach an die philosophische Fakultät; am 12.1.1906 bittet der Dekan um das Gutachten (Windelband notiert auf der Aufforderung: Mein Gutachten liegt bei. | 5/2 06 Windelband); Bl. 28: Dankschreiben des Rektors der Technischen Hochschule vom 17.4.1906. Am 16.2.1906 fand die Probevorlesung statt, das Ministerium erteilte die venia legendi am 21.2.1906.▲