Bibliographic Metadata
- TitleWindelband an Heinrich Rickert, Straßburg, 9.1.1896, 2 S., hs. (dt. Schrift), UB Heidelberg, http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/heidhs2740IIIA-224_17
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Windelband an Heinrich Rickert, Straßburg, 9.1.1896, 2 S., hs. (dt. Schrift), UB Heidelberg, http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/heidhs2740IIIA-224_17
Strassburg iE. 9.1.96
Lieber Herr College,
Wie ich zu meinem Bedauern vernehme, wird in dem unerquicklichen Streit über Riehl’s Nachfolger[1] auch die Frage erörtert, ob Sie seinerzeit in Würzburg bei Volkelt’s Fortgange[2] in Betracht gezogen worden sind. Was ich davon weiß, ist dies: ich selbst bin damals von einem Mitgliede der Commission, Prof. Schanz[3], um Rat befragt worden: Seine Briefe muß ich noch haben, habe aber augenblicklich keine Zeit sie zu suchen. Sie sind auch nicht erforderlich, da ich auch ohne diesen Anhalt sicher weiß, daß meine Correspondenz mit ihm sich wesentlich auf Sie bezogen hat. Man suchte dort nach „jüngeren Kräften“, und es verstand sich schon damals von selbst, daß darunter Sie in erster Linie standen. Ueber den Verlauf der Sache bin ich damals durch Prof. Sch[anz] nicht orien|tirt worden, glaube mich aber zu entsinnen, daß ich auf anderm Wege erfuhr, Sie seien schließlich nicht, wie ich erwartete, auf die Liste gekommen.
In Eile – spät Abends – mit herzlichem Gruß, auf Weiteres Ihr getreuer
Windelband
Kommentar der Herausgeber
1↑Streit über Riehl’s Nachfolger ] Alois Riehl verließ die Universität Freiburg zum Beginn des SS 1896. Die Vorschläge der Kommission für die Wiederbesetzung (von Riehls Hd.) vom 3.12.1896 lauteten: da Rudolf Eucken kaum zu gewinnen sei, 1. Rickert, 2. Hugo Spitzer, 3. Edmund Husserl. Der Akte liegt eine Abschrift eines Schreibens von Christoph Sigwart an Riehl vom 6.12.1895 bei, in dem es heißt: Ihre Mitteilung, daß die Uebertragung Ihrer Stelle an Rickert auf Schwierigkeiten stößt, hat mich nicht wenig überrascht; denn ich nahm sozusagen als selbstverständlich an, daß er an Ihre Stelle vorrückt. Sigwart habe Rickert als einzigen auf Nachfrage nach Czernowitz empfohlen und würde ihn jederzeit als seinen eigenen Nachfolger vorschlagen. Eine neue Listenreihenfolge vom 6.12.1895 lautete Spitzer, Rickert, Husserl; dazu 2 Separatvoten: 1. der Naturwissenschaftler in der Fakultät vom 6.12.1895, die Rickert überhaupt nicht nominiert sehen wollten, nicht nur wegen des Grundsatzes, keine Hausberufungen durchzuführen, sondern vor allem wegen Rickerts zu geringer literarischer bzw. wissenschaftlicher Leistungen, insbesondere auf naturwissenschaftlichem Gebiet; um das Ansehen der Fakultät zu wahren, solle keine provisorische Verwaltung des Lehrstuhls durch Rickert zugelassen werden. Dagegen tritt 2. am 7.12.1895 Max Weber auf, der Rickert an erster Stelle sehen will, im sozialwissenschaftlich-methodologischen Interesse nach bewährter Zusammenarbeit. Die Liste sei zudem nicht ordnungsgemäß zustande gekommen, auswärtige Gutachten (v. a. Windelbands!) seien überhaupt nicht angefordert worden. Weber konstatiert die Uneinigkeit der Fakultät über die Aufgabe des philosophischen Lehrstuhls, entweder Dienstleister für Naturwissenschaften oder Partner der Historiker und Sozialwissenschaftler zu sein. Zumindest die provisorische Verwaltung des Lehrstuhls solle man unbedingt Rickert überantworten. Auf diese Separatvoten hin wird die Berufungsliste vom Senat am 9.12.1895 abgelehnt. Nach Aufforderung des Ministeriums der Justiz, des Kultus und des Unterrichts vom 25.4.1896, einen Kandidaten zu benennen, wird Rickert ab 1.5.1896 mit der provisorischen Verwaltung des Lehrstuhls beauftragt. Das Ministerium versucht in der darauf folgenden Zeit vergeblich, Eucken zu gewinnen und erbittet deswegen am 26.6.1896 erneut Gutachten über Rickert und Husserl. Die neue Berufungsliste der Fakultät vom 21.7.1896 lautet 1. Richard Avenarius, 2. Johannes Rehmke, 3. Rickert. Berufen wird Rickert zum 1.10.1896 (vgl. für sämtliche Nachweise UA Freiburg, B 38/283, Wiederbesetzung des Lehrstuhls für Philosophie 1886–1913).2↑Volkelt’s Fortgange ] Johannes Volkelt (1848–1930) lehrte 1889–94 Philosophie in Würzburg, seitdem in Leipzig (BEdPh)3↑Prof. Schanz ] Martin Schanz (1842–1914), Klassischer Philologe, nach Studium in München und Würzburg 1866 promoviert. Anschließend ein Jahr in Göttingen. 1867 in Würzburg habilitiert, 1870 ao. Prof., 1874 o. Prof. der Klassischen Philologie (Rektor 1901/02, emeritiert 1912; NDB).▲