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- TitleWindelband an Friedrich Theodor Althoff, Straßburg, 18.10.1883, 3 S., hs. (dt. Schrift), Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin, VI. HA Nl Althoff, F. T. Nr. 1020
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- Physical LocationGeheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin
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Windelband an Friedrich Theodor Althoff, Straßburg, 18.10.1883, 3 S., hs. (dt. Schrift), Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin, VI. HA Nl Althoff, F. T. Nr. 1020
Strassburg i/E. 18 Oct[ober] 1883
Hochverehrter Herr Geheimerath![a]
In den letzten 24 Stunden habe ich ganz besonders lebhaft bedauert, daß ich Ihres freundlichen Rathes entbehrte und mich auch nicht getraute, denselben etwa telegraphisch in Anspruch zu nehmen.
Am Morgen meiner Abreise aus Freiburg (am 16. d[es] M[onats]) erhielt ich einen Brief von Herrn[b] Prof. Hertz[1] in Breslau, worin mich derselbe verständigte, daß von Seiten des Königl[ichen] Cultusministeriums eine officielle Anfrage an die hiesige Kaiserl[iche] Landesregierung darüber ergangen sei, ob meiner Berufung an die dortige Universität Bedenken entgegenstehen würden. Gestern früh erschien bei mir unser Herr Kurator[2] und bot mir, ohne daß ich irgendwelche Forderungen formulirt hätte, für den Fall meines Verzichts auf weitere Verhandlungen wegen Uebernahme der Breslauer Professur Folgendes an: 1) eine Gehaltserhöhung im Betrage von jährlich 1800 Mk. 2) Gewährung der Mittel für eine im Interesse meiner Geschichte der neueren Philosophie wünschenswerthe Reise nach London (ein Punct, der bei meiner Berufung in unbestimmte Aussicht genommen worden war), 3) Zusicherung des Eintritts in die Prüfungscommission bei nächster Neubildung derselben, 4) Versprechen eines | Arrangements, vermöge dessen mir die Mitdirection des Seminars zu übertragen wäre.
Diesen Anerbietungen gegenüber, deren Details ich Ihnen ganz vertraulich mittheilen zu dürfen bitte, sah ich mich in schwieriger Lage.
Ich konnte mir nicht verhehlen, daß damit die Anforderungen, die ich vernünftigerweise hier stellen kann, vollständig erfüllt sind. Mit einer Besoldung von 8400 Mk. habe ich eine auskömmliche Existenz; ich erhalte so die Mittel, welche unter den hiesigen Verhältnissen erforderlich sind, um auf die Studentenschaft zu wirken, und ich bin so gestellt, daß ich ohne Nebenrücksichten meine Lehrthätigkeit ganz nach meinen pädagogischen Auffassungen einrichten kann; ich sehe mich in der Lage, mit Freudigkeit, weil mit Aussicht auf Erfolg, an der schwierigen Aufgabe zu arbeiten, die mir hier gestellt ist.
Auf der andern Seite befand ich mich in völliger Ungewißheit darüber, ob und in welchem Grade es unter den gegenwärtigen Umständen Ihrem persönlichen Wunsche entsprechen würde, wenn ich hiesige Anerbietungen in der Absicht, eine etwaige Breslauer Berufung à tout prix[c] anzunehmen, ausschlüge: Ihre liebenswürdigen Mittheilungen haben mir stets die von mir mit dem herzlichsten Danke empfundene Absicht ausgesprochen, mich für das Ausbleiben der Breslauer Berufung durch eine Verbesserung meiner hiesigen Position zu | entschädigen; und vielleicht habe ich nicht geirrt, wenn ich in dem Vorgehen des Herrn[d] Kurators die Wirkung derjenigen Schritte zu sehen glaubte, welche Sie – Ihrem letzten gütigen Schreiben an mich[3] zufolge – auf Ihrer nicht zur Ausführung gelangten Reise hier zu meinen Gunsten zu thun beabsichigten. Dazu kam, daß ich – wol[e] mit Recht – bezweifeln zu müssen glaubte, ob die Bedingungen, welche mir hätten in Breslau gewährt werden können, (wo ich nach den Mittheilungen des Herrn Dekan ein Gehalt von 6000 Mk. und Zulage von 600 Mk. erwarten dürfte) denjenigen gleichkommen würden, die mir hier vorgelegt wurden.
Verzeihen Sie gütigst, hochverehrter Herr Geheimerath, daß ich Sie mit dieser ausführlichen Darlegung belästigt habe, um Ihnen die Gründe zu unterbreiten, aus denen ich mich heut entschlossen habe, die hiesigen Bedingungen zu acceptiren und damit auf die Annahme einer etwaigen Berufung nach Breslau zu verzichten. Mit der sofortigen Mittheilung davon verbinde ich den Ausdruck meines innigen Dankes: ich weiß sehr wohl und werde es nie vergessen, in wie hohem Maße ich Ihrer gütigen Einwirkung diese werthvolle Verbesserung meiner hiesigen Stellung verdanke, und daß ich es Ihrem dauernd bethätigten Wohlwollen schulde, wenn ich die lebhaft gehegten Wünsche nun erfüllt sehe. Genehmigen Sie, verehrter Herr Geheimerath, mit diesem Ausdruck aufrichtigsten Dankes die Bitte, mich Ihrer verehrten Frau Gemahlin bestens empfehlen zu dürfen, und die Versicherung der treuen Verehrung, mit der ich verbleibe Ihr ergebenster
Windelband
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
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