Bibliographic Metadata
- TitleVaihinger an Hermann Paul, Halle, 24.9.1907, 3 S., hs., Briefkopf PROF. DR. H. VAIHINGER. | Halle a. S., d. … 190 | Reichardtstr. 15., Universitätsbibliothek München, Nachl. H. Paul, Korr. Vaihinger, Hans
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- Place and Date of Creation
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- Physical LocationUniversitätsbibliothek München, Nachl. H. Paul, Korr. Vaihinger, Hans
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Vaihinger an Hermann Paul, Halle, 24.9.1907, 3 S., hs., Briefkopf PROF. DR. H. VAIHINGER. | Halle a. S., d. … 190 | Reichardtstr. 15., Universitätsbibliothek München, Nachl. H. Paul, Korr. Vaihinger, Hans
24.9.1907
Sehr verehrter Herr College!
Sie werden sich vielleicht meiner kaum mehr erinnern: in Freiburg[1] habe ich einmal die Freude und Ehre gehabt, mit Ihnen persönlich bekannt zu werden; ich kam dafür einmal zu Besuch von Straßburg her. Aber vielleicht ist mein Name gelegentlich durch meine Thätigkeit Ihnen in Erinnerung gerufen worden.
Jetzt möchte ich Sie um eine vertrauliche Auskunft bitten. –
Wir denken hier an Prof. Cornelius[2] als Nachfolger des uns so jäh entrissenen Philosophieprofessors | Busse[3], und wir haben über Prof. Cornelius als Dozent und als Mensch viel Rühmenwerthes[a] gehört. Anderseits ist aber auch die Nachricht hieher gelangt, daß er ein etwas sehr hochfahrendes Wesen an sich habe, und eben dadurch auch sein uns bekanntes Zerwürfnis mit Prof. Th. Lipps[b][4] selbst verschuldet habe. Wir würden sehr gerne hierüber das Urtheil eines Dritten, Unbetheiligten bekommen, und so bin ich so frei, als Mitglied der Commission mich in dieser Hinsicht an Sie, verehrtester Herr College zu wenden.
Wir haben schon am kom|menden Sonntag unsere erste Commissionssitzung, und so wären wir Ihnen zu ganz besondrem Dank verbunden, wenn Sie uns recht bald ein Urtheil senden[5] wollten, das ich natürlich mit aller Discretion behandeln werde.
Im Voraus bestens dankend, mit collegialem Gruß Ihr ergebenster
H. Vaihinger
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
1↑in Freiburg ] der Sprachwissenschaftler Hermann Paul (1846–1921) war vor seiner Münchener Zeit seit 1874 ao. Prof. und von 1877–1893 o. Prof. in Freiburg im Breisgau (NDB).2↑Prof. Cornelius ] gemeint ist Hans Cornelius (1863–1947), nach Promotion im Fach Chemie (1886) Philosophiestudium, 1894 in München habilitiert, 1903 ao. Prof., 1910 o. Prof. der Philosophie an der Akademie für Sozialwissenschaften Frankfurt/Main (BEdPh).3↑Busse ] der erst zum 1.4.1907 nach Halle berufene Ludwig Busse (1862–1907) war am 12.9.1907 an den Folgen einer Operation gestorben (https://www.catalogus-professorum-halensis.de/busseludwiglouis.html (1.9.2024)).4↑Zerwürfnis mit Prof. Th. Lipps ] vgl. darüber Hans Cornelius selbst in: Raymund Schmidt (Hg.): Die deutsche Philosophie der Gegenwart in Selbstdarstellungen 2. Bd. Leipzig: Meiner 1921, S. 88–89: Anfang 1903 war ich [in München] zum außerordentlichen Professor ernannt worden. Im Frühjahr 1908, als ich eben in Venedig mit dem Kopieren eines Tintoretto beschäftigt war, erhielt ich einen Ruf nach Halle a. S. als Ordinarius für Philosophie. Den Entschluß, München mit einer Stadt zu vertauschen, die in künstlerischer Hinsicht eine Wüste war, konnte ich nicht sogleich fassen; während ich zögerte, gaben Fakultät und Ministerium in München Hoffnungen auf Beförderung. So entschied ich mich den Ruf abzulehnen. Die Hoffnungen aber blieben unerfüllt. […] Schon damals und noch weit mehr in der unmittelbar folgenden Zeit wurden die Verhältnisse in München von Tag zu Tag unerfreulicher für mich durch die immer krankhafter ausartende Mißgunst meines Oberkollegen Theodor Lipps, der in mir mit Recht einen wissenschaftlichen, sehr mit Unrecht einen persönlichen Gegner sah. Ich habe darum die zwei Jahre später sich bietende Gelegenheit, eine ordentliche Professur für Philosophie an der Frankfurter Akademie für Sozialwissenschaften zu übernehmen, nicht von der Hand gewiesen, zumal die Umwandlung der Akademie in eine Universität schon damals so gut wie gesichert erschien.▲