Bibliographic Metadata
- TitleVaihinger an Houston Stewart Chamberlain, Halle, 9.12.1902, 6 S., hs., Briefkopf Redaction der „Kantstudien“ | (Verlag von Reuther und Reichard, Berlin) | Prof. Dr. Vaihinger | Halle a. S. – Priv.-Doc. Dr. Scheler | Jena. | Halle a. S., den … | Reichardtstrasse 15., Richard Wagner Museum (Bayreuth), Chamberlain-Nachlass, Rot 196/466
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- Physical LocationRichard Wagner Museum (Bayreuth), Chamberlain-Nachlass, Rot 196/466
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Vaihinger an Houston Stewart Chamberlain, Halle, 9.12.1902, 6 S., hs., Briefkopf Redaction der „Kantstudien“ | (Verlag von Reuther und Reichard, Berlin) | Prof. Dr. Vaihinger | Halle a. S. – Priv.-Doc. Dr. Scheler | Jena. | Halle a. S., den … | Reichardtstrasse 15., Richard Wagner Museum (Bayreuth), Chamberlain-Nachlass, Rot 196/466
9.XII.02
Hochgeehrter Herr!
In Ihrem Auftrag sandte mir Ihre Verlagshandlung die Vorrede zur 4. Aufl. Ihres monumentalen Werkes[1], welche ich mit großem Interesse gelesen habe. Zu dem Kapitel: „Katholisch“ und „römisch“ bildet auch der Artikel von Leclère[2] im letzten Kantheft einen interessanten Beitrag. Sie kennen vielleicht den Artikel von Leclère schon: aber ich sende Ihnen doch einen Separat|abdruck desselben, den Sie eventuell als Doublette beliebig verwerthen können.
Gleichzeitig sende ich Ihnen den kleinen Artikel über Sie[3] aus dem nächsten Hefte der Kant-Studien[a]. Das Heft ist noch nicht ganz fertig, darum liegt der Separatabdruck des kleinen Artikels noch im Umschlag eines andren Heftes.
Auf dem Umschlag findet sich unter den Mitarbeitern auf der ersten Seite auch aufgeführt Professor Dr Simon in Königsberg, dessen „Unterstützung“ besonders hervorgehoben wird. Dieser Herr war bisher der Mäcen der Kant-Studien[b]. Er bezahlte einen | namhaften Jahresbeitrag, aus dem Autorenhonorare gegeben werden konnten; denn die Zahl der Abonnenten (circa 180–200) reicht gerade dazu hin, um die Druckkosten u[nd] A[nderes] zu zahlen.
Leider hat Herr Professor Dr Simon an dem Krach der Leipziger Bank[4] einen großen Theil seines Vermögens verloren, und tritt nun zurück von seiner schönen Rolle eines Mäcens der Kantstudien[c].
So müssen die Kantstudien, um weiter erscheinen zu können, nach einem neuen Mäcen sich umsehen, der jährlich etwa 600–800 M opfern kann – so viel betragen die Autorenhonorare. |
Ist Ihnen vielleicht irgend Jemand bekannt, der diese edle Rolle spielen will? Als Gegenleistung kann sein Name dann, wie der von Prof. Simon, auf das Titelblatt gesetzt werden (eventuell kann der Name[d] auch auf der 2. Seite des Umschlages statt dessen erwähnt werden in irgend einer passenden Form). Amerikanische und englische Zeitschriften haben ähnliche Mäcene.
Es ist ja an sich eine kleine Summe, welche notwendig ist. Ich selbst habe den Kant-Studien[e] seit 7 Jahren nicht nur sehr viel Zeit geopfert (natürlich ohne jedes Entgelt) sondern auch durch Anstellung eines eigenen Privatsecretärs[5] für dieselben mehrere tausend Mark ausgegeben. Ich | selbst[f] lasse mir natürlich auch kein Honorar bezahlen für meine eigenen Beiträge. Ich brauche nur für Andre das nötige Autorenhonorar.
Hier kann also ein wohlhabender Freund der Wissenschaft eine gute Sache unterstützen, und hat dabei doch auch den Vorteil, daß eventuell, wenn er Werth darauf legt, auch sein Name mitgenannt wird.
Vielleicht ist Ihnen in Ihrem weiten Bekanntenkreis eine solche Persönlichkeit bekannt; sollte das der Fall sein, so bitte ich Sie um Ihre freundliche Vermittlung[6]. |
Während einer längeren Augenkrankheit, deren Spuren leider noch nicht verwischt sind, ließ ich mir Ihren R. Wagner[7] vorlesen, dessen Form und Inhalt mich sehr befriedigt und entzückt hat. Sehr Vieles in Ihren Büchern ist mir aus der Seele gesprochen. Besonders was Sie über das „mythische Denken“ sagen, erregt meine ganz besondre Aufmerksamkeit.
Von dem Artikel über Sie kann ich Ihnen nach Erscheinen des Heftes noch einige Separata senden.
Mit besondrer Hochachtung Ihr ergebenster
H. Vaihinger
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
1↑4. Aufl. Ihres monumentalen Werkes ] von Chamberlain: Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts. München: Bruckmann.2↑Artikel von Leclère ] vgl. Albert Leclère: Le mouvement catholique kantien en France à l’heure présente. In: Kant-Studien 7 (1902), S. 300–363.▲