Bibliographic Metadata
- TitleVaihinger an Eduard Zeller, Halle, 29.4.1884, 4 S., hs., Universitätsbibliothek Tübingen, http://idb.ub.uni-tuebingen.de/opendigi/Md747-782
- Creator
- Recipient
- Participants
- Place and Date of Creation
- Series
- Physical LocationUniversitätsbibliothek Tübingen
- URN
- Social MediaShare
- Archive
- ▼
Vaihinger an Eduard Zeller, Halle, 29.4.1884, 4 S., hs., Universitätsbibliothek Tübingen, http://idb.ub.uni-tuebingen.de/opendigi/Md747-782
Halle a/S den 29.IV.84.
Hochzuverehrender Herr GeheimeRath und Professor![a]
Bei meinem jüngsten Besuche bei Ihnen[1] vergaß ich an Ew. Hochwohlgeboren die ganz ergebenste Bitte zu richten, Sie möchten etwa Ihnen aufstoßende Bedenken und Einwände gegen meine Auffassung Kants in meinem Aufsatze gütigst mir nicht vorenthalten, sondern mir im Interesse der Sache wohlwollend mittheilen. Natürlich wird ja meine Auffassung auch die Behandlung in meinem Commentar | in der Folgezeit beeinflussen, und daher muß es mir von höchstem Werthe sein, Urtheile über meine neue Auffassung von so maßgebender Seite entgegenzunehmen und zu verwerthen.
Das Festbuch[2] wird ja wohl nun in Ihren Händen sein. Wenn ich mir erlauben darf, noch einmal von der Genesis meiner neuen Auffassung zu sprechen, so möchte ich auf folgende Punkte hauptsächlich aufmerksam machen: auf die S. 107 ff und S. 126 ff dargestellte Doppelseitigkeit der Berkeley’schen Lehre. So einfach die Sache erscheint, so kann ich mich doch nicht erinnern, anderwärts diese Darstellung gefunden zu haben. Und wenigstens | persönlich brachte diese Auffassung neues Licht, wie mir überhaupt Kant in der historischen Beleuchtung durchsichtiger erschien. (auch S. 139.)
Dann stellte sich mir der Unterschied der beiden Auflagen in der S. 129 ff geschilderten Weise neu dar. Dies brachte mich darauf, Fischers Darstellung beizustimmen.
Nach dieser Distinction kam mir ungesucht – eines Abends – der Gedankengang, den ich S. 140 ff dargestellt habe: die Erkenntniß, daß die neue Darstellung in der 2. Aufl[age] nicht, wie Fischer meint, ein Abfall sei (und wie ich früher selbst gemeint hatte) sondern die eigentliche Consequenz aus Kants Prämissen. |
Erst während des Druckes schob ich endlich den Abschnitt S. 154–159 über das Opus Posthumum ein.
Meine Auffassung wird vielleicht mannigfachem Widerspruch begegnen. Ich werde jegliche Belehrung dankbarst annehmen. Mir ist es rein nur um die Sache zu thun.
In der angenehmen Hoffnung auf die gütige Erfüllung meiner Bitte zeichnet in herzlicher Verehrung Ew. Hochwohlgeboren ganz ergebenster
H. Vaihinger
Ihrer Frau Gemahlin[3] bitte ich mich noch besonders angelegentlich zu empfehlen.
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
2↑Festbuch ] Strassburger Abhandlungen zur Philosophie. Eduard Zeller zu seinem siebenzigsten Geburtstage. Freiburg i. Br./Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1884, darin Vaihinger: Zu Kants Widerlegung des Idealismus, S. 85–164.▲