Bibliographic Metadata
- TitleBartholomäus von Carneri an Vaihinger, Graz, 29.11.1883, 4 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXI, 4 d, Nr. 15
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- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXI, 4 d, Nr. 15
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Bartholomäus von Carneri an Vaihinger, Graz, 29.11.1883, 4 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXI, 4 d, Nr. 15
Gratz 29. Nov[ember] 1883.
Hochverehrter Herr!
Daß ich Ihnen für Ihren lieben Brief und die kostbare Gabe[1], die ihn begleitet hat, nicht gleich gedankt, bitte ich nur dem Grunde zuzuschreiben, daß ich in Berücksichtigung des Werthes Ihrer Zeit Sie nicht allzu schnell wieder in die Briefschuld bringen wollte. Allein in ein paar Tagen gehe ich wieder nach Wien, wo man zu nichts Vernünftigem mehr kommt, und da beeile ich mich, Ihnen und recht | von Herzen für alles zu danken, und vor allem für Goethe’s Bild, das mir die von Braumüller herausgegebene Sammlung[2] vervollständigt. Es ist sehr lieb von Ihnen gewesen, da an mich zu denken.
Was Sie mir von Riehl und Wildauer[3] sagen, hat mich sehr interessirt, und ebenso die Schilderung Ihrer Thätigkeit, um die ich Sie beneiden könnte. Gratz ist noch immer unbesetzt und Aussicht auf einen, der Sache des Fortschritts günstigen Regierungswechsel ist noch keine. Aber | einmal wird’s doch werden, und bei jedem neuen Beweis Ihrer Sympathie für unsere Alpenländer ist mir, als müßte ich Sie einmal hier haben. Ersatz für Wildhaus[4] finde ich nur in meinen Studien, deren Veranlassung von je her Selbsterhaltungstrieb war – sie haben mir noch über alles hinausgeholfen – und von denen ich nur wünsche, daß Sie sie nicht viel zu liebenswürdig beurtheilen.
Das nächste „Kosmos“-Heft bringt eine Besprechung[5] von Fritz Schultze’s Philosophie der Naturwissenschaft. | Sie erhalten den Separatabdruck, wie ich ihn habe und ich sehe der Aufnahme, die er bei Ihnen finden wird, nicht ohne Befangenheit entgegen, weil ich mich dabei etwas gar tief in Kant einlasse.[a]
An Prof. Schmidt und Prof. Goltz alles Erdenkliche, und meine besten Empfehlungen unbekannterweise auch der gütigen Gattin des Letzteren.
Auf Laas berufe ich mich im nächsten und in auch in einem bald darauf folgenden „Kosmos“-Artikel[6].
Nochmals tausend Dank, und bleiben Sie immer so gut Ihrem ganz ergebenen
B. Carneri
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
1↑lieben Brief und die kostbare Gabe ] Schreiben Vaihingers nicht überliefert. Vermutlich hat Vaihinger an Carneri eine Reproduktion desselben Goethe-Bildnisses übersandt, wie im selben Jahr an Michael Bernays (vgl. Bernays an Vaihinger vom 2.11.1883) und an Friedrich Theodor Vischer (vgl. Vaihinger an Vischer vom 29.12.1883).2↑von Braumüller herausgegebene Sammlung ] vgl. Hermann Rollett: Die Goethebildnisse biographisch-kunstgeschichtlich dargestellt. Wien: Braumüller 1883.3↑Wildauer ] vielleicht gemeint:Tobias Wildauer (1825–1898), 1877 geadelt Ritter von Wildhausen, 1855 an der Universität Innsbruck promoviert, zunächst im Schuldienst. 1857 Lehrstuhlvertreter für Philosophie an der Universität Innsbruck, 1858 trotz fehlender Habilitation o. Prof. Ab den 1860er Jahren politisch tätig, unter Vernachlässigung seines Lehramtes. 1867–1895 Abgeordneter im Tiroler Landtag. 1873–1897 Abgeordneter im Reichsrat (https://www.biographien.ac.at/oebl/oebl_W/Wildauer-Wildhausen_Tobias_1825_1898.xml (8.8.2024)).5↑eine Besprechung ] vgl. Carneri: Das Ansich der Dinge. In: Kosmos 7 (1883), 13. Bd. von April–Dezember, S. 561–573 (eigene Datierung: Wildhaus 2. August 1883, Heft ausgegeben am 30.11.1883).6↑im nächsten und in auch in einem bald darauf folgenden „Kosmos“-Artikel ] vgl. Carneri: Von der Macht des Geistes. In: Kosmos 8 (1884), 14. Bd. von Januar–Juni, S. 241–253 (eigene Datierung: Wildhaus, 26. Juli 1883, Heft ausgegeben am 5.5.1884). Carneris Beitrag im selben Bd., S. 401–414: Die Entwicklung der Sittlichkeitsidee (Wildhaus, 28. August 1883, ausgegeben am 25.6.1884) setzt sich nicht ausdrücklich mit Ernst Laas auseinander.▲