Bibliographic Metadata
- TitleHermann Siebeck an Vaihinger, Basel, 24.4.1883, 3 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXIII, 6 a
- Creator
- Recipient
- Participants
- Place and Date of Creation
- Series
- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXIII, 6 a
- URN
- Social MediaShare
- Archive
- ▼
Hermann Siebeck an Vaihinger, Basel, 24.4.1883, 3 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXIII, 6 a
Basel d. 24.4.83.
Sehr geehrter Herr College,
Die Angelegenheit der „Blattversetzung“[1] ist für Ihre hiesigen Aspecten[2] durchaus ohne Bedeutung, weil hier kein Mensch außer mir davon Notiz nimmt und sie an meinen Intentionen in keinem Falle etwas ändert. Von Herrn Witte ist mir eine Abhandlung aus der altpreuß[ischen] Monatsschrift über K. Fischers Kant zugegangen; gelesen habe ich sie noch nicht.
Überhaupt kann Ihnen W[itte] hier keinesfalls schaden. Die Gefahr liegt ganz woanders, in dem Umstande nämlich, daß außer den Vorschlägen des Fachmanns der Behörde auch noch von andern Seiten Namen genannt werden. Über | diese werde ich dann zwar auch gehört, aber die Behörde, die alles ad referendum[3] nimmt, macht schließlich doch eben was sie will. Ihr persönlicher Concurrent ist jetzt allem Anschein nach – Rehmke. Auch von Stadler ist die Rede gewesen. Ich selbst habe weder den Einen noch den Andern vorgeschlagen sondern gerathen, wenn von Glogau abgesehen wird, Sie einstweilen[a] zum Extraordinarius f[ür] Philosophie und Bolliger desgleichen[b] f[ür] Pädagogik zu machen. Dieser Vorschlag ist so auf hiesige Verhältnisse, Bedürfnisse und Stimmungen gegründet, daß ich doch schließlich auf sein Durchdringen hoffe, falls nicht etwa die Entscheidung schon in anderem Sinne gefallen ist. Lange kann es nicht mehr dauern. Jedenfalls ist es gut, daß Sie die Recension des Anti-Kant[c] noch zurückhalten[4].
Vorstehende Mittheilungen mache ich Ihnen durchaus sub sigillo.[5]
Für Ihre Zusendungen freundlichen Dank; es ist mir lieb, sie | zu haben, da ich gelegentlich diese Sachen doch einmal im Zusammenhange nacharbeiten muß.
Den Wallace[6] habe ich mit Erfolg studirt und werde ihn berücksichtigen. Ich schicke Ihnen diese Sachen mit bestem Danke bei dieser Gelegenheit zurück.
Ich bin etwas pressirt und bitte Sie die Eile dieser Zeilen gütigst zu entschuldigen. Wollen Sie gelegentlich Herrn Prof. Laas einen schönen Gruß von mir sagen, wie Sie selbst grüßt Ihr freundschaftlich ergebener
H. Siebeck.
Den Ausdruck „fanatisch[d] derb“[e] rathe ich Ihnen in Ihrem Interesse auf jeden Fall zu streichen.
Kommentar zum Textbefund
e↑„fanatisch derb“ ] mit Bleistift unterstrichen, darüber Fußnotenzeichen, darunter mit Bleistift von Vaihingers Hd.: bezieht sich auf eine Recension des Bolliger’schen Anti-Kant, welche ich Anfang Januar geschrieben habe, die ich aber, da sie noch nicht gedruckt ist, mit Rücksicht auf obige Verhältniße von der Redaction zurückverlangte.Kommentar der Herausgeber
1↑Angelegenheit der „Blattversetzung“ ] vgl. Vaihinger: Eine Blattversetzung in Kant’s Prolegomena. In: Philosophische Monatshefte 15 (1879), S. 321–332 [dass., Zweiter Artikel.([Historische Nachwirkungen.) In: Philosophische Monatshefte 15 (1879), S. 513–532] sowie die sich anschließende Polemik: Johannes Heinrich Witte: Die angebliche „Blattversetzung in Kant’s Prolegomena“. Eine Kritik der Vaihinger’schen Hypothese. In: Philosophische Monatshefte 19 (1883), S. 145–174; Vaihinger: Eine angebliche Widerlegung der „Blattversetzung“ in Kant’s Prolegomena. In: Philosophische Monatshefte 19 (1883), S. 401–416; Witte: Prof. H. Vaihinger und seine Polemik. Ein weiterer Beweis der Unhaltbarkeit der von Prof. Vaihinger aufgestellten Hypothese einer „Blattversetzung“ in Kant’s „Prolegomena“, zugleich ein Beitrag zum Verständnis der Aufgabe von Kant’s Prolegomena und deren methodischer Lösung. In: Philosophische Monatshefte 19 (1883), S. 597–614.2↑Aspecten ] hier im Sinne von: Aussichten (auf die Zukunft), vgl. Pierer’s Universal-Lexikon Bd. 1 1857, S. 825 (http://www.zeno.org/Pierer-1857/K/pierer-1857-001-0825 (7.8.2024)).6↑Den Wallace ] meint vermutlich: William Wallace: Kant. Edinburgh/London: Blackwood and Sons 1882 (Philosophical Classics for English Readers).▲