Titelaufnahme
- TitelDifferenzierbarkeit diskreter Emotionen innerhalb eines Pattern Classification Ansatzes : Analyse der Kontextspezifität peripherphysiologischer und zentralnervöser Reaktionsmuster / vorgelegt von: Nathalie Fritsch
- Verfasser
- Körperschaft
- Erschienen
- AusgabeElektronische Ressource
- Umfang1 Online-Ressource (XII, 816 Seiten) : Illustrationen, Diagramme
- HochschulschriftBergische Universität Wuppertal, Dissertation, 2017
- SpracheDeutsch
- DokumenttypDissertation
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- Archiv
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Deutsch
Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit war die bis heute offen gebliebene und kontrovers diskutierte Frage nach der physiologischen Spezifität von Emotionen und damit der eindeutigen und objektiven Differenzierung von Emotionen. Dass Emotionen mit einer relativ eindeutigen und differenzierbaren Erlebniskomponente einhergehen, ist subjektiv und bezogen auf den allgemeinen Menschenverstand unbestritten. Umstritten ist jedoch was diese eindeutige, auf Alltagswissen, beruhende Differenzierbarkeit von Emotionen bewirkt. Bezogen auf die eine Emotion begleitende physiologische Erregung, bedeutet dies die Frage: wird jede Emotion durch ein je spezifisches Muster an physiologischen (autonomen, kortikalen, muskulären) Reaktionen definiert, unabhängig davon unter welchen Bedingungen eine Emotion entsteht, oder zeigen physiologische Reaktionen nur die spezifischen Anforderungen an, die mit einer Emotion einhergehen und weniger die Emotion selber. Beginnend mit den Arbeiten von Charles Darwin und William James, die eine evolutionäre bzw. physiologische Grundlage für die Entstehung und Differenzierung unterschiedlicher emotionaler Qualitäten nahelegten, haben sich zahlreiche Forscher und Forschungsgruppen mit der Frage beschäftigt ob psychophysiologische Muster existieren, die konsistent bestimmte emotionale Phänomene begleiten. Obwohl zahlreiche empirische Befunde, eine Differenzierung von Emotionen durch psychophysiologische Muster nahelegen (z.B. Bradley & Lang, 2000; Cacioppo et al., 2000; Stephens, et al., 2010 Christie & Friedman, 2004), besteht immer noch kein Konsens bezüglich deren Konkordanz (z.B. Mauss & Robinson 2009; Kreibig, 2010). Übersichtsarbeiten und Metaanalysen kommen entsprechend häufig zu dem Schluß, dass keine emotionsspezifischen physiologische Reaktionsmuster existieren, oder dass emotionsspezifische physiologische Reaktionen zwar existieren, aber mittels der Methoden der Psychophysiologie nicht differenziert erfasst werden können. Diese zweite Bewertung der empirischen Befundlage lässt sich insofern erweitern, dass die bisherigen Ansätze der psychophysiologischen Emotionsforschung methodische Schwächen und theoretische Rahmenbedingungen aufwiesen, die die Suche nach differenzierbaren, physiologischen Mustern erschwert haben. In jüngerer Zeit wurden einige Studien veröffentlicht die einen Pattern Classification Ansatz verwendeten um Emotionen zu differenzieren und physiologische Emotionsspezifität nachzuweisen (z.B. Friedman et al, 2014; Kragel & LaBar, 2013). Trotz beträchtlicher methodischer Heterogenität zwischen diesen Studien, bezüglich der verwendeten Analyseverfahren, Induktionsmethoden und induzierten Emotionen, lässt sich ein substantielles Maß an Differenzierung zwischen verschiedenen diskreten Emotionen feststellen. Jedoch schmälert die Tatsache einer unterschiedlichen Anzahl an a priori festgelegten Emotionskategorien und die unzureichend verwendete Kreuzvalidierung anhand einer externen Stichprobe, die Bedeutung der bisher erzielten Ergebnisse innerhalb dieses Forschungsansatzes. Eine vergleichende Betrachtung der Differenzierbarkeit von diskreten Emotionen durch physiologische Reaktionsparameter auf unterschiedlichen Reaktionsebenen und in unterschiedlichen Induktionskontexten findet in der Regel nicht statt. Im Unterschied zu vorherigen Emotionsklassifizierungsstudien wird eine größere Stichprobe an Emotionskategorien und physiologischen Reaktionsparametern analysiert, wobei neben der autonomen und behavioralen Reaktionsebene auch die kortikale Aktivität in die Vorhersage der Emotionskategorie einbezogen wird. Bisherige Versuche Emotionen anhand physiologischer Reaktionsmuster in einem multivariaten Ansatz zu diskriminieren, verwendeten zumeist ein reduziertes Set an Reaktionsparametern die in der Regel auf einer oder zwei Reaktionsebenen anzusiedeln sind. In zwei Experimenten wurden insgesamt 10 diskret definierte Emotionen (Angst, Ärger, Trauer, Ekel, Freude, Humor und Erotik und zusätzlich drei Kontrollkategorien: Neutral, Positiv und Aktion) mittels Bildern bzw. Filmausschnitten induziert und die physiologische Reaktion anhand 33 physiologischer Reaktionsparameter operationalisiert. Subjektive Angaben dienten einem Manipulationscheck und der Analyse der kognitiven Repräsentation diskreter Emotionen. Im Rahmen einer gestuften Parameterauswahl und anschließenden Klassifizierungsanalyse (Pattern Classification Ansatz), wird die Diskriminierung zwischen den unterschiedlichen Emotionskategorien anhand der Klassifizierungswahrscheinlichkeiten geprüft. In einem dritten Experiment wurden die subjektiven, physiologischen und klassifikatorischen Ergebnisse in Abhängigkeit der verwendeten Induktionsmethode innerhalb einer Stichprobe verglichen. In beiden Induktionskontexten zeigte sich eine vergleichbar hohe und signifikante Trefferquote. Gleichzeitig zeigen sich jeweils deutliche Unterschiede in den Trefferquoten einzelner Emotionskategorien in Abhängigkeit vom Induktionskontext. Dies bestätigt die empirische Befundlage bezüglich des Einflusses des Induktionskontextes auf die Effektivität der Emotionsinduktion und zeigt darin die differentielle Wechselwirkung der Induktionsmethode und der durch sie induzierten Emotion. Beide Induktionsmethoden sind global betrachtet ähnlich effektiv; beide Induktionsmethoden unterscheiden sich jedoch in ihrer Effektivität zur Induktion bestimmter diskreter Emotionen. Eine objektive, vom Individuum unabhängige Oberationalisierung von Emotionen ist möglich. Es existieren distinkte physiologische Reaktionsmuster für Basisemotionen. Allerdings variieren diese Reaktionsmuster stimulusspezifisch und damit ist die Diskriminierbarkeit von Emotionen kontextspezifisch.
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