Bibliographic Metadata
- TitleNr. 13, Heft mit Fadenheftung und Umschlag aus blauem Papier, mit eigenhändigem Titel Gr. Ph. II [Griechische Philosophie II. Abfassung/Benutzung 1880–1886, vgl. Heft Nr. 3], Fortsetzung von Heft Nr. 3, auf dem Umschlag Bleistiftnotiz von anderer Hd. Fock 6, Umfang: 32 S., davon beschrieben: 30, Textbeginn auf Bl. 1r, hs. (dt. Schrift, für Orts-, Landes- und Personennamen in der Regel lat. Schrift, diese Schriftwechsel sind im Folgenden nicht eigens ausgewiesen), schwarze Tinte, Maße: 20,2 x 16,4 cm, Universitätsbibliothek der Tohoku Universität Sendai (Japan): II, A 2–2 WW 1, 13
- ParticipantsAmeinias ; Anaxagoras ; Anaximander ; Anaximenes ; Androchus ; Apollodor ; Aristoteles ; Aspasia ; Blyson ; Christoph Martin Wieland ; Cicero ; Democrit von Abdera ; Demokrit ; Diochaites ; Diogenes Laertios ; Diogenes von Apollonia ; Eduard Zeller ; Empedokles ; Eubulus ; Euripides ; Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher ; Georg Wilhelm Friedrich Hegel ; Heraklit ; Hermann Diels ; Hermodorus ; Herrmann ; Hesibulus ; Ithagenes ; Karl Dilthey ; Leukipp ; Melissus ; Meton ; Parmenides ; Perikles ; Platon ; Pyres ; Pyrrhes ; Pythagoras ; Simplicius ; Sokrates ; Suidas ; Telentagoras ; Thales ; Thrasidaeus ; Thukydides ; Xenophanes ; Xenophon ; Zenon
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- Physical LocationUniversitätsbibliothek der Tohoku Universität Sendai (Japan)
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Nr. 13, Heft mit Fadenheftung und Umschlag aus blauem Papier, mit eigenhändigem Titel Gr. Ph. II [Griechische Philosophie II. Abfassung/Benutzung 1880–1886, vgl. Heft Nr. 3], Fortsetzung von Heft Nr. 3, auf dem Umschlag Bleistiftnotiz von anderer Hd. Fock 6, Umfang: 32 S., davon beschrieben: 30, Textbeginn auf Bl. 1r, hs. (dt. Schrift, für Orts-, Landes- und Personennamen in der Regel lat. Schrift, diese Schriftwechsel sind im Folgenden nicht eigens ausgewiesen), schwarze Tinte, Maße: 20,2 x 16,4 cm, Universitätsbibliothek der Tohoku Universität Sendai (Japan): II, A 2–2 WW 1, 13
Gr[iechische] Ph[ilosophie][1] II[a] |[b]
Anklänge an Thales und Anaximander.
Aber allerdings der Erde mehr zugeschrieben; nicht auf dem Wasser schwebend, sondern bis in’s Unendliche nach unten reichend, „eingewurzelt in die Unendlichkeit“ ἐπ᾽ ἄπειρον αὐτὴν ἐρριζῶσϑαι[2] Arist[oteles].
γαίης μὲν τόδε πεῖρας ἄνω πάρ᾽ ποσσὶν ὁρᾶται
αἰϑέρι προσπλάζον, τὰ κάτω δ᾽ ἐς ἄπειρον ἱκάνει.[3]
Hier erschaust du zu Füßen die obere Grenze der Erde,
Wo sie den Aether berührt: in’s Unendliche reicht sie nach unten.
Dabei Lehre der Austrocknung aus flüssigem Zustande, unter Wirkung des Feuers. Gestützt auf sicilianische Versteinerungen.
Periodische Rückverwandlung in den schlammigen Zustand. Lehre Anaximanders von den Organismen. Kindliche Astronomie: Gestirne feurige Wolkenerscheinungen, die Abends und bei Verfinsterung erlöschen und wie Kohlen wieder anbrennen. Spätere Sagen (Cic[ero]) von Bewohntheit des Mondes. Seele mit An[aximander] als Luft: πνεῦμα φυρικόν.
Alles gering; und er legt selbst kein Gewicht darauf.
καὶ τὸ μὲν οὐν σαφὲς οὔτις ἀνὴρ ἴδεν ουδέ τις ἔσται
εἰδώς, ἀμφὶ ϑεῶν τε και ἅσσα λέγω περὶ πάντων:
εἰ γὰρ καὶ τὰ μάλιστα τύχοι τετελεσμένων εἰπών,
αυτός ὅμως οὐκ οἶδε: δοχὸς δ᾽ ἐπὶ πᾶσι τέτυκται.[4]
Aber über die Götter und über die einzelnen Dinge
Hat noch kein Mensch je sichres gewußt noch wird Einer es wissen:
Hätte er selbst das Glück, die vollkommenste Meinung zu finden,
Nimmer wüßt’ er selbst: doch Meinung ist keinem versaget.
Das setzt gewisse naturmythische Dinge voraus, wohin auch das ἔν τι ϑέωσι[c] deutet: doch sagte er: Gewiß weiß man nur daß Gott ist = Welt; kein anthropomorphes Wesen. Wie es sich mit den besonderen Dämonen und der Erklärung der einzelnen Erscheinungen verhält, darüber giebt es nur Meinungen.
Wesentlich: der Gedanke der Alleinheit. Um zu begreifen, daß darin im Gegensatz zu den Einzeldingen und ihrer Bewegung ein Problem steckt, gehörte die Denkenergie Heraclits und des Parmenides.
Heraclit[d][e]. Ionier aus Ephesus. Weder Geburts- noch Todesjahr bekannt. Lebensalter 60 Jahr; Blüthe um 500: 550/40–480/70.
Vater Blyson – Heracion. Vornehmstes Geschlecht von E[phesus], aus dem königlichen Geschlecht des Kodriden Androchus; des Führers der Colonisatoren von E[phesus].
Er trat die in diesem Geschlecht erbliche Würde des βασιλεύς[5] an seinen Bruder ab. Schroffe Stellung gegen die nach der Befreiung von den Persern 478[f] zur Herrschaft kommende Democratie; namentlich seit Verbannung seines Freundes Hermodorus; „es solle in E[phesus] kein Bürger besser und klüger als andre zu werden streben“! Nichts Neues unter der Sonne! (Vielleicht später an der Decemviralgesetzgebung 452 betheiligt.) Düster und misanthropisch. Depossedirter Aristocrat. Gegensatz gegen die Masse und ihre Meinung. Bekannt mit der ionischen Lehre, Pythagoras und Xenophanes.
Schrift in ionischer Prosa. Niedergelegt im Tempel der Artemis. Dunkles Ringen mit der Sprache; von Späteren für absichtlich, aber jedenfalls nicht aus Verbergungsabsicht, oder Furcht vor Verfolgung wegen Atheimus, wie die christlichen Schriftsteller meinen[g], schon von Aristoteles als „orakelhaft“ für Ueberhebung gehalten wegen der unbewiesenen Behauptungen[h]. Vielleicht beides: jedenfalls ὀ σκοτεινός[6]. Socr[ates] „was er verstehe sei gut; vermutlich auch, was er nicht verstehe, und dessen sei viel[“]; es bedürfe eines delischen Lauschers[7]: bildliche Ausdrücke. περὶ φύσεως[8]. Titel Μοῦσα[9] Mißverständnis eines platonischen Locus[i][10]. Moderne Reconstructionen. Die Nachricht des Diogenes [Laertios], drei Theile: All, Staat, Götter, sicher falsch.
Briefe spätere Unterschiebungen. |[j]
Synthese[k] der Alleinheitslehre von Xen[ophanes] und den Ioniern: Ausbildung des Anaximanderischen Princips. Begriff der Einheit schon so scharf gefaßt, daß sie in der Weise, wie bisher, nicht festhaltbar. Der verwandelbare Urstoff ist nicht ein mit sich selbst absolut identischer! Daher kein wahrnehmbarer – hatte An[aximander] gesagt: überhaupt kein seiender, unveränderlicher[l] Stoff: sagt Heraklit. Das Einheitliche in der Welt ist nicht der Stoff, – kein wahrhaben, aber noch unwahrnehmbarer[m]. Sucht man in der Welt ein Bleibendes, – so findet man Nichts.
λέγει που Ἡ[ράκλειτος] ὅτι πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει, καὶ ποταμοῦ ῥοῇ ἀπεικάζων τὰ ὄντα, λέγει ὅτι δὶς ἐς τὸν αὐτὸν ποταμὸν οὐχ ἂν ἐμβαίης.[11]
Der Fluß der Dinge. πάντα ῥεῖ. – οὶ ῥέοντις[n].
Nichts bleibt, was es ist: Alles wird aus Allem, Alles wird Alles.
Das Sichtbare unsichtbar, Todtes lebendig, Junges alt, Wachendes schlafend. Alles geht ineinander über: Länge und Kürze der Tage, Nähe und Ferne der Sonne; Krankheit macht Gesundheit süß, Hunger die Sättigung, Arbeit die Ruhe. Gutes und Böses, Leben und Tod: in dem nie still stehenden Strome der Erzeugung und des Unterganges besteht nichts: der Thon, aus dem die Dinge gemacht, in immer neue Gestalten geknetet.
Die Welt ein stets umzurührender Mischtrank.
Die Weltkraft wie ein Kind, das spielend Steine hin und her wirft; Sandhaufen baut und zerwirft.
Kein Ding ist dies oder jenes: sondern es wird nur in dem Spiele der ewigen Bewegung. Reinster Ausdruck jener ersten Beobachtung der Verwandelbarkeit alles Daseins.
Das Eine, Unwandelbare kein Ding – auch nicht der Thon, nicht der Trank: denn auch er wechselt. Was da bleibt und sich nicht verändert, ist nur der Wechsel, nur die Veränderung selbst. Nur sie entspricht dem Begriffe des Anaximander, – der Gottesvorstellung des Xenophanes. Der wandellose Wandel – die unbewegte Bewegung – Nicht die Dinge, sondern der Proceß, dessen Producte sie sind – aber dieser Proceß theils als die lebendige Kraft, theils in bleibenden Formen und Bewegungen.
Aber diese lebendige Kraft noch nicht begrifflich verselbständigt. Der metaphysische Gedanke setzt sich sofort in sinnliche Anschauung um: das Feuer. Nicht als gleichbleibender Stoff; sondern als Proceß. (Wärme bei allem Geschehen!) πυρός δ᾽ ἀνταμείβεσϑαι πάντα καὶ πῦρ απάντων ὡς περ χρυσοῦ χρήματα καὶ χρημάτων χρυσός.[12][o] Da alles im ewigen Leben ist, ist alles Feuer: nur insofern ἀρχή[13]!
κόσμον τόνδε τὸν αὐτον οὔτε τις ϑεῶν οὔτε ἀνϑρώπων ἐποίησεν, ἀλλ᾽ ἦν ἀεὶ καὶ ἔσται πῦρ ἀείζωον.[14]
Der ewige Pulsschlag des Naturlebens – die Bewegung selbst, welche Alles verwandelt und sich in Alles verwandelt. Nicht Scheidung von Kraft und Stoff.[p]
Aber der absolut lebendige Stoff in seiner vollen Selbstbewegung. Hylozoismus – Pantheismus: Natürlich das Feuer auch Gott, Zeus[q] genannt. Verhältniß zur zoroastrischen Lichtreligion.
Aber weit bedeutsamer das Zweite. Wenn auch alles sich wandelt, so giebt es doch gewisse sich gleichbleibende Formen der Verwandlung und Bewegung.
Nicht sowohl über die Art (wie Verdickung und Verdünnung), sondern die bestimmte Reihenfolge und bestimmte Verhältnisse und Bewegungen.
Zunächst die Gegensätzlichkeit: aus dem Fluß folgt, daß alle Dinge ausnahmslos entgegengesetzte Beziehungen in sich vereinigen, – sind und nicht sind: werden. |[r] Alles ist nur Uebergang, Grenzpunct.
Naturleben stetiges Ineinander aller Gegensätze: Anaximander.
Alles entsteht aus Entzweiung und Streit: πόλεμος πάντων μὲν πατήρ ἐστι, πάντων δὲ βασιλεὺς καὶ τοὺς μὲν ϑεοὺς ἔιδεξε τοὺς δ᾽ ἀνϑρώπους, τοὺς μὲν δοὺλους ἐποίσε τοὺς δ᾽ ὲλευϑέρους.[15]
Die Einheit qua Bewegung stetiger Gegensatz. Monistischer Dualismus und dualistischer Monismus. Aus dem Gegenlauf der Gegensätze die Scheu des Beharrens erklärt. Aber[s] die Gegensätze treten nur aus einander, um in einander zurückzugehen. Die ewige Harmonie des Weltalls: τὸ ἓν διαφερόμενον αὐτὸ αὑτῷ.[16] Entgegengesetzte Spannung: Bogen und Lyra: παλίντονος – κόπος[17][t].
Gott Einheit aller Gegensätze: Ruhe und Bewegung, Wärme und Kälte, Krieg und Frieden, Mangel und Ueberfluß. ἀρμονία γὰρ ἀφανὴς [φανερῆς] κρείττων[18], ὲν ᾗ τὰς διαφορὰς καὶ τὰς ἑτερότητας ὁ μιγνύων ϑεὸς ἔκρυψε καὶ κατέδυσεν.
Δίκη[19] – εἱμαρμένη[20] – σοφία[21] – λόγος. Weltordnung. Das Ἅπαντα[u] als Κόσμος. Erst allmälig in die populäre Vorstellung einsickernd: noch Xenophon sagt: ὀ καλούμενος ὑπὸ τῶν σοφιστῶν[v] κόσμος.[w][22] Der Begriff des Weltgesetzes! Anaximander über die einzelnen Dinge. Das Bleibende ist nicht das einzelne Ding: sondern die Verhältnisse, ihre Beziehungen.
Dies[x] Weltgesetz specialisirt sich nun doppelt: kosmologisch und anthropologisch. Der allgemeine Feuerproceß erzeugt zuerst das Meer (Wasser – Feuchtigkeit: metaphysische Unterbauung des thaletischen Wassers, wie bei Anaximander): dies theilt sich in nothwendiger Gegensätzlichkeit in Erde und Luft oder Gluthauch πρηστήρ; welche das erscheinende, empirische, besondere Feuer enthält, zugleich Seele, Lebenskraft der einzelnen Dinge ist. (Verknüpfung der verschiedenen ionischen Theorien.)
Aber in derselben Weise tritt die Rückverwandlung ein: Erde und Luft wieder in Wasser und dies im Urfeuer aufgelöst.
ὁδὸς ἄνω und ὁδὸς κάτω[23]; zugleich räumlicher Beziehung, indem das Feuer nach oben kommt.
Diese beiden Wege identisch; d. h. in umgekehrter Ordnung: der Weg nach oben und nach unten sind derselbe. Kreisbewegung stetiger Verwandlung und Rückverwandlung. Gesetzmäßiger Stoffwechsel des ganzen Universums.
Dabei Erhaltung der erscheinenden Masse: denn es wird stets, eben wegen der Identität der beiden Wege so viel zurückverwandelt als verwandelt wird: so entsteht der Schein des Beharrens, indem so viel abfließt als zugeht. Dem Meer geht als Luft und Erde so viel zu, als es selbst an Erde und Luft abgeht: daher sein Gleichbleiben.
Aber doch nur relativ. So bei den Gestirnen periodische Feuererzeugung und Auslöschung. Täglich neue Entzündung der Sonne, wie bei Xenophanes.
Sonst nicht viel Astronomisches, was gegen Abhängigkeit von Chaldäern spricht. Auch wenn Kugelgestalt der Erde und Kreisbewegung der Gestirne ihm mit Recht zugeschrieben werden, erklärt sich beides recht gut aus der rückläufigen Harmonie.
Dieser Proceß anfangs- und endlos: aber in periodischer Weltgestaltung und Weltverbrennung. Der chaldäische Saros[24][y] von 18 000 Sonnenjahren. Der Phönix.
Die Weltgesetzlichkeit im Kleinen beim Menschen. Analogie von Makrokosmos und Mikrokosmos. Vergleichung durchgeführt: Hohlraum des Leibes (κοιλίη) mit dem Wasser, Fleisch Athmosphäre, Knochen Erde, etc.[z] aber genauer nicht erhalten.
Mensch aus Erde und Feuerluft zusammengesetzt. Die Feuerluftseele eingekerkert in den starren Leib, der für sich selbst Gegenstand des Abscheus ist. |[aa]
Die Lebendigkeit der Seele aber hängt daran, daß sie Nahrung von dem allgemeinen Weltfeuer erhält: so der Athem, dessen Aufhören sie vernichtet, so die Sinnesthätigkeit, welche ein Aufsaugen des äußeren durch das innere Feuer ist. Daher die Degression der Seelenthätigkeit im Schlaf.
Je feuriger trockner die Seele, desto lebendiger und vernünftig: wird sie naß, so wird sie dumm. Rausch. Dies Feuer ist aber nicht an den Leib gebunden: in steter Verwandlung geht es in andre somatische Zustände über. Unsterblichkeit nicht so, daß dasselbe dasselbe bleibt, sondern, daß es verwandelt weiter existirt: ἀϑάνατοι ϑνητόι, ϑνητόι δ᾽ ἀϑάνατοι[25]. Seelenwandlung und -wanderung. Belohnung und Bestrafung nach dem Tode: Menschen zu Göttern und Heroen.
Das Wesentliche bleibt der Zusammenhang der Seele mit dem Urfeuer: die Identität und Analogie des subjectiven und des objectiven λόγος[ab]. Die individuelle Seele steht um so höher, je reiner sie in sich die Weltvernunft ausdrückt.
Und das thut sie durch ihre Gesetzlichkeit: denn die Weltvernunft, λόγος = Weltgesetz. Daher Ergebung und Sichfinden in die Weltordnung – Aufgehen des Individuums in das Gesetz höchste sittliche und politische Aufgabe. Die Willkür der Masse ist schlimmer noch als die der Individuen: Gesetzesherrschaft ist Alles.
So auch auf dem Gebiete des Erkennens; Falschheit mit Anarchie, Wahrheit mit Gesetzmäßigkeit identisch; wenn eine Rede wahr sein soll, muß sie sich auf das stützen, was allen gemeinsam ist.
In den Schwächezuständen des Schlafs (Traum) hat jeder seine eigne Welt: die Wahrheit des Gemeinsamen.
Aber das liegt nicht bei dem Haufen, der auch in dieser Hinsicht im Argen liegt: aristocratischer Pessimismus. Die Menschen haben keinen Sinn für die Wahrheit, sie schlafen dahin. Der Esel frißt ja auch lieber Spreu als Gold: sie halten sich an’s Gerede des Pöbels und der Sänger. Am schlimmsten: sie trauen den Sinnen. Diese lehren Schein und flüchtige Unwahrheit; sie täuschen Beharrliches vor, wo nur ewige Bewegung ist.
„Schlechte Zeugen sind dem Menschen Augen und Ohren, wenn sie unverständige Seelen haben.“ Die Sinne lehren dies und das diesem und Jenem: Gemeinsames giebt nur der Verstand.
ξυνόν ἐστι πὰσι τὸ φρονεῖν. ξὺν νόῷ λέγοντας ἰσχυρίζεσϑαι χρὴ τῷ ξυνῷ πάντων, ὥσπερ νόμωι πόλις καὶ πολὺ ὶσχυροτέρως.[26]
Analogie der Gesetzlichkeit auf ethischem und logischem – wie auf physischem Gebiete. Hier der Schwerpunct. Keine[ac] eigentliche Erkenntnißtheorie: aber allgemeine Reflexion auf den Erkenntnißproceß und Bewußtwerdung des Gegensatzes von sinnlichem und verstandesmäßigen Denken. Die Reflexionsbegriffe so erstarkt, daß sie sich der sinnlichen Wahrnehmung, welche dem natürlichen Menschen das allergewisseste ist, entgegenstellen.
Diese Thatsache durch die Gleichzeitigkeit der parmenidischen Lehre[ad] illustrirt, der einen ganz andern Reflexionsbegriff, den des Seins, zu Ende denkt, damit in noch viel größeren Gegensatz zu der gewohnten Vorstellungsweise tritt und ebenso schroff die Sinneserkenntniß der Masse verwirft. Diametral entgegengesetzter Grund: Her[aklit], weil sie Beharrliches, die Eleaten, weil sie Vielheit und Veränderlichkeit der Dinge vortäuschen.
Den Begriff der Einheit des Seienden rein für sich bildet aus Parmenides[ae]. Der eigentlich metaphysische Vater des Eleatismus: größte der vorsocratischen Philosophen: Plato: αἰδοῖός τε ἅμα δεινός τε – καί μοι ἐφάνη βάϑος τι ἔχειν παντάπασι γενναῖον.[27] Plato spricht, wo von Eleaten, nur von ihm und Zeno. Arist[oteles] erklärt ihn für den bedeutendsten. |[af]
Lebenszeit nicht ganz sicher. Nach der Darstellung Plato’s (nicht nur Scenerie des Parmenides[28]) wäre er 65, mit Zeno, 40 Jahr alt, in Athen gewesen, Socrates hätte sie gesehen: 450 (Soc[rates] 20 Jahr): demnach Parm[enides] 520–515 geb[oren], was durchaus wahrscheinlich; entgegenstehende Aussagen unsicheren spätern Ursprungs.
Sohn des Pyres, Pyrrhes: reich und vornehm. Umgang mit Pythagoreern (deren Schüler ihn Spätere nennen). Ameinias und Diochaites als Freunde angegeben. Näheres nicht sicher. Reise nach Ägypten, um Logik und Astronomie zu studiren, Unsinn. Verdient durch Gesetze, welche seine Mitbürger alljährlich neu beschworen.
Edler Charakter (ὁ μέγας): ernstes, ehrwürdiges Aussehen und Leben. Parmenideisches = pythoreisches[ag] Leben in späterer Ausdrucksweise.
Lehrgedicht[ah]: περὶ φύσεως, φυσικόν, φυσιολογία. Seltsame Mischung des poetisch-Mystischen und des abstract-Begrifflichen – Zwei Theile: einem metaphysischen der Seinslehre aus dem Begriff, und einem physikalischen der Seinslehre aus der Sinnenwahrnehmung. (143) χρεὼ δέ πάντα πυϑέσϑαι
ἠμἐν ἀληϑείς εὐπείϑεος ἀτρεμὲς ἦτορ
ἠδὲ βροτῶν δόξασ, τῇς οὐκ ἔνι πίστις ἀλήϑης.[29]
Die Einheit des Seins aus dem Begriffe, der überall der Gleiche ist, was auch seiend genannt werde: Hypostasirung der Copula oder wenigstens des Existentialverbums.
Gegen die gewöhnliche Meinung, welche auch dem Nichtsein (negativem Urtheil) irgendwie Wahrheit zuschreibt.
Das[ai] Seiende fängt nicht an und hört nicht auf – es ist in zeitloser Ewigkeit. (144)
χρὴ τὸ λέγειν τε νοεῖν τ᾽ ἐὸν ἔμμεναι. ἔστι γὰρ εἶναι
μηδέν δ᾽ οὐκ εἶναι. τά σ᾽ ἐγὼ φράζεσϑαι ἄνωγα.[30]
cf. 145.
Μόνος δ᾽ ἔτι μῦϑος ὁδοῖο
λείπεται, ὡς ἔστιν. ταύτη δ΄ ἐπι σήματ᾽ ἔασι
πολλὰ μάλ᾽, ὡς ἀγένη τον ἐὸν καὶ ἀνώλετόν ἐστιν
οὖλον μουνογενές τε καὶ ἀτρεμὲς ἠδ᾽ ἀτέλεστον.
οὐ ποτ᾽ ἔην οὐδ΄ ἔσται, ἐπεὶ νῦν ἔστιν ὀμοῦ πᾶν,
ἕν συνεχές. τίνα γὰρ γένναν διζήσεαι αὐτοῦ;
τῆι πόϑεν αὐξηϑέν; οὔτ᾽ ἐκ μὴ ἐότος ἐάσσω
φάσϑαι σ᾽ οὐδὲ νοεῖν. οὐ γὰρ φατὸν οὐδὲ νοητόν
ἕστιν ὅπως οὐκ ἕστι. τί δ᾽ ἄν μιν καὶ χρέος ὦρσεν
ὕστερον ἢ πρόσϑ᾽ ἐκ τοῦ μηδενὸς ἀρξάμενον φῦν;
οὕτως ἢ πάμπαν πελέμεν χρεών ἐστιν ἢ οὐκί.
οὐδέ ποτ᾽ ἐκ τοῦ ἐόντος ἐφήσει πίστιοσ ἰσχύς
γίγεσϑαί τι παρ᾽ αὐτό.[aj][31]
Es ist Alles, was ist, auf einmal als absolute Einheit; alles, was ist, dem Sein nach dasselbe Alleine. Es giebt nichts Andres, alles nur Namen: 146
τῷ πάντ᾽ ὄνομ᾽ ἕστιν
ὅσσα βροτοὶ κατέϑεντο πεποιϑότες
γίγνεσϑαί τε καὶ ὄλλοσϑαι, εἶναί τε καὶ οὐχί,
καὶ τόπον ἀλλάσσειν διά τε χρόα φανὸν ἀμείβειν.[32]
Es ist deshalb der ganze Raum: untheilbar, füllt allen Raum, unbeweglich, in sich selbst stetig gleich (148). Die Einheit geht nicht nur in Einzigkeit sondern auch in Einerleiheit über. ἐπει τό γε μοῖρ΄ ἐπέδησεν
οὖλος ἀκίνετόν ἔμεναι.[33]
Aber es ist endlich: in sich begrenzt, sich selbst als das vollkommenste Maaß gebend: kein ἄπειρον.
147: αὐτὰρ ἐπεὶ πεῖρας πύματον τετελεσμένον ἐστίν,
πάντοϑεν εὐκύκλοῦ σφαίρης ἐναλίγκιον ὄγκῳ
μεσσόϑεν ἰσοπαλὲς πάντῃ.[34]
Auch das Denken ist vom Sein nicht verschieden: Gedanken und Sein identisch. (148)
Ταὐτὸν δ᾽ ἐστὶ νοεῖν τε καὶ οὕνεκέν ἐστι νόημα. Unterscheidung und doch zugleich Identification von Denken und Denkinhalt:
οὐ γὰρ ἄνευ τοῦ ἐόντος, ἐν ὧι πεφατισμένον ἐστίν, Εὐρήσεις τὸ νοεῖν οὐδὲν γὰρ ἢ ἔστιν ἢ ἔσται Ἄλλο πάρὲκ τοῦ ἐόντος.[ak][35]
Kein immaterieller Idealismus: zugleich Substanz der Körperlichkeit: τὸ πλέον.
Das Seiende stetige, vom Nichtseienden nicht unterbrochene, gleichartige, homogene Masse: eine in sich wohl gerundete Kugel. Materialismus.
So bleiben sie trotz ihres Gegensatzes gegen die Wahrnehmung in der Sinnlichkeit stecken. Arist[oteles] sagt:[al] αἴτιον δὲ τῆς δόξης τούτοις ὅτι περὶ τῶν ὄντων μὲν τὴν ἀλήϑειαν ἐσκόπουν, τὰ δ᾽ ὄντα ὑπέλαβον εἶναι τὰ αἰσϑητὰ.[36] |[am]
Damit ist die gewisse Erkenntniß erschöpft; und die Lehre wäre zu Ende, wenn nicht noch zweitens gezeigt würde, wie man die sinnliche Erscheinungswelt sich erklären müßte, wenn man ihr Existenz zuschreiben dürfte. (149)[an]
Diese hypothetische Physik zeigt eine ganz deutliche Abhängigkeit von Anaximander und Heraclit. Seiendes und Nichtseiendes als Elemente der Sinnenwelt: Licht – Feuer und Nacht; das Dünne und das Dichtschwere, – das Warme und Kalte, – Feuer und Erde[ao].
Nur das Feuer wirklich – das Nichtseiende eben nicht: Heraclitus purus[ap].
Thätiges[aq] und leidendes Princip: aristotelisch-stoische Ausdeutung.
Mischung symbolisch als ἔρως[37].[ar] Ueberhaupt symbolische Götternamen.
Einzelnes sehr lückenhaft.
Beschreibung des Weltgebäudes nicht[as] schon pythagoreisirend: concentrische Kugelschalen. (Die Sphären des Anaximander seien στεφαναί[38]).
Ἐν δὲ μέσῳ τούτων Δαίμον ἡ πάντα κυβερνᾷ.[at]
Erde die mittlere Kugel – das lichtere nach außen. Sternenhimmel in dem Zwischenraum. Organismen, besonders Menschen aus Erdschlamm durch Sonnenwärme aufgetrocknet[au].
Phantasien über Entstehung der Geschlechter: Knaben rechts, Mädchen links aus den Genitalien.
Mischung der Stoffe im Körper bedingt die psychischen Erscheinungen. Jeder Stoff nimmt sein Verwandtes wahr: der Mensch als[av] […] Mikrokosmos.[aw] Je nach dem Ueberwiegen des Warmen oder Kalten. Die Vernunft steckt im Warmen (ganz wie Her[aklit]). Metaphysisches Wissen erkennt nur das Sein: sinnliches auch das Nichtsein. Vielleicht endlich auch Seelenwanderung und Weltende. –
Das steht nun Alles sehr naiv neben dem Akosmismus der Einheits- und Seinslehre. Die Sinnenwelt als Schein ohne Frage, woher der Schein kommen solle.
Ebenso die weitere Entwicklung: Bekämpfung der gewöhnlichen Ansicht von vielen und beweglich-veränderlichen Dingen.
Diese negative Seite sehr interessant vertreten durch Zeno[ax].
Von Elena. Sohn des Telentagoras; 25 Jahr jünger als Parm[enides], dessen „Liebling“. Danach 495/90 geb[oren]. Reise nach Athen: Blüthe um 460.
Gesetzgeberische Thätigkeit, was nicht ganz mit der Angabe über Parm[enides] stimmt.
Standhaftigkeit auf der Folter einem Tyrannen gegenüber in Elea oder Agrigent: Zunge abgebissen? Im Mörser gestampft? Alles weitere unsicher.
Plato[ay]: τὰ Ζήνωνος γράμματα oder ξύγγραμμα[39]: Prosa, Theile (λόγοι, Plat[on]) und Kapitel (υποϑέσεις, Plat[on]). Ausbildung wissenschaftlicher Formen.
Bruchstücke bei Arist[oteles], Simpl[ikios], Diogen[es Laertios]; de X. Z. G.[40]
Indirecte Begründung des Parm[enides]: vielleicht schon polemisch gegen Leukippus und Anaxagoras.
Ungereimtheit der gewöhnlichen Vorstellungsweise von Vielheit etc.[az]
Dialectische Beweisführung: Plato sagt, er habe seine Zuhörer dasselbe als ähnlich und unähnlich, als Eins und Vieles, als ruhend und bewegt erscheinen lassen können.
Die Consequenzmacherei:[ba] der Begriff der Unendlichkeit als Antinomie von Sinnlichkeit und Verstand. Specialisirung von Heraclit und Parmenides.
Beweise 1) gegen Vielheit 2) Annahme des leeren Raumes, in welchem sich das Seiende befinde.[bb] 3) Bewegung.
1) gerichtet a) auf die Größe, b) die Zahl, c) Zusammenwirken.
a) Wäre das Seiende Vieles, so müßte es sowol unendlich klein als auch unendlich groß sein: α) unendlich klein: jeder Theil der Vielheit Anzahl untheilbarer Einheiten oder selbstuntheilbare Einheit. Alles was Größe hat, theilbar: also das Untheilbare keine Größe: auch Addition der Einheiten kann keine Größe geben. |[bc] Ihre Zusammenfügung keine Vergrößerung – ihre Fortnahme keine Verkleinerung. Jedes Theilchen[bd] qua[be] untheilbar ist gleich Nichts. x × 0 = 0
β) Die Vielen müssen also Größe haben; aber begrenzte; ihre Theile getrennt sein: aber das Trennende muß auch Größe haben, sonst wäre es nichts, also begrenzt gegen beide Theile, deren Grenze es bildet, u. s. f. also unendliche Größe durch Addition aller Grenzen. ∞ × x = ∞
b) Auch der Zahl nach sowol unendlich als begrenzt[bf].
α) begrenzt: denn es ist so viel, als es ist, nicht mehr und nicht minder.
β) unbegrenzt: denn, um zwei zu sein, muß die Grenze da sein u. s. f. wie α, β. Beweis aus der Zweiteilung: διχοτομία.[bg]
c) Acervus[bh][41]. Der Haufen. Der Scheffel Früchte bringt beim Ausschütten ein Geräusch, hervor – der einzelne nicht, zwei nicht – wieviel und welche?
2) Wenn alles, was ist, im Raum (τόπος) ist, so muß dieser wieder irgendwo sein u. s. f. Da das unmöglich zu denken, so kann das Sein nicht im Raum sein; (es ist selbst der Raum, meint Zeno mit Parmenides). Gegen den leeren Raum gerichtet.
3) Bewegung.
Unmöglichkeit a) festen Raum zu durchlaufen, b) Raum mit beweglicher Grenze zu durchlaufen, c) aus der unendlichen Kleinheit der momentanen Bewegungsgröße, d) Relativität der Bewegungsgröße.
a) a b'' b' b[bi] Ehe der Körper a nach b kommt, muß er b', eher b'' etc.[bj] durchlaufen haben. Unendliche Theilbarkeit der Zeit!
b) Achilleus[bk][42]. Während Achill an den Punct kommt, wo die Schranke ist, geht sie ein wenig weiter u. s. f. Kein vorangehender Körper kann ereilt werden.
c) Der ruhende Pfeil. Der fliegende Pfeil ruht in jedem Moment der Bewegung: also immer.
4) Wenn sich zwei Körper mit gleicher Geschwindigkeit von einem dritten ruhenden in entgegengesetzter Richtung vorüberbewegen, so hat der eine Körper in Rücksicht auf den einen zweimal so viel Raum durchlaufen, als in Rücksicht auf den anderen. t = ½t. Wagen im Stadion.
1) a–b
c←d
e→f
2) a–b
c–d
e–f
c d gegen a b ½, gegen e f 1 bewegt.
Mit Ausnahme des letzteren sehr reale Probleme[bl]. Discrete und continuierliche Größen. Infinitesimalrechnung.
Wichtig weiterhin die Form der Beweisführung: indirect. Widerlegung. Dialogisch, obwol nicht dialogische Form: daher Dialektik. Satz des Widerspruchs (der erste Logiker).
Das Innerliche ist rein begriffliche, logische Beweisführung: Arist[oteles] nennt Z[enon] den Erfinder der Dialektik; deren Name in diesem Zusammenhange seine Bedeutung gefunden hat.
Weniger[bm] bedeutend endlich Melissus[bn].
Samier. Sohn des Ithagenes.[bo] Vom Leben nur bekannt, daß er angesehener Staatsmann war und wahrscheinlich identisch mit dem Nauarch[43], der die samische Flotte beim Siege über die Athener 442 befehligte.
Simpl[ikios] erwähnt sein Σύγγραμμα. Suidas giebt ihm den Titel περὶ τοῦ ὄντος.
Beweisführung für 1) Ewigkeit 2) Unendlichkeit 3) Einheitlichkeit 4) Unveränderlichkeit des Seienden.
1) Das Sein ungeworden und unvergänglich: es könnte entstehen resp. vergehen nur α) entweder aus resp. in Seiendes oder β) aus resp. in Nichtseiendes. α) Wird es aus Seiendem resp. in Seiendes, so war schon |[bp] vorher oder bleibt nachher Seiendes, d. h. das Sein ist nicht geworden noch vergangen. β) Aus Nichtseiendem dagegen kann nichts werden, und Seiendes kann nicht Nichtseiendes werden, was jedermann zugiebt.
2) Was ohne Anfang und Ende, ist unendlich. Paralogismus aus zeitlicher in räumliche Unendlichkeit. Außerdem: das Seiende könnte nur durch Nichtseiendes (Leeres) begrenzt werden; welches es nicht giebt.
3) Gäbe es mehrere Seiende, so begrenzten sie sich gegenseitig: das Unbegrenzte ist nur Eines.
4) Das Seiende ist bewegungs- und zustandslos. Denn jede Veränderung ist eine Art von Entstehen und Vergehen, was es nicht giebt.
Räumliche Bewegung gar setzt den nichtseienden leeren Raum voraus.
Sichtbare Polemik gegen Atomistik, außerdem gegen Empedocles. Bewegung könne auch nicht Mischung sein; gegen Diogenes von Appolonia, sie könne auch nicht Verdichtung und Verdünnung sein.
Doch entschiedene Materialisirung und vermöge des ἄπειρον Rückannäherung an die ionische Physik: schon in die Zeit der Verschmelzungen hineinragend. –
Unzulänglichkeit beider Standpuncte: dort bleibt das Bestehende, – hier die Veränderung unerklärt. Das Ausdenken[bq] der Begriffe erfüllt das Erklärungsbedürfniß nicht. Aber bei Her[aklit] doch wenigstens physikalische Theorie, bei den Eleaten auch diese nur hypothetisch: bei Zeno und Melissus garnicht mehr, reine Seinstheorie.
Dies Ungenügende treibt weiter: ist es nicht möglich, bei aller Festhaltung des Seinsbegriffes eine Bewegungslehre zu gewinnen? die Bewegung als Thatsache anzuerkennen und doch in ihr Sein zu finden?
§ 5. Die Vermittlungsversuche.[br]
Dazu nöthig, daß der Seinsbegriff die Einerleiheit und Einzigkeit des eleatischen Princips abstreift: Pluralismus des Seins. Dann kann aus der Bewegung und den Verhältnissen der vielen, an sich unveränderlich Seienden die Mannigfaltigkeit der Einzeldinge erklärt werden.
Die mechanische Physik ergiebt sich aus dem Versuch, zwischen Heraklit und den Eleaten zu vermitteln.
Die Unterscheidung des Bewegten von der bewegenden Kraft. Diese sehr verschieden gedacht: Solcher Vermittlungen[bs] vier: Empedocles, Anaxagoras, Atomistik, Pythagoreer.
Gleichzeitig. Viele Verwandtschaften und polemische Rücksichtnahmen: schwere Entscheidung, wem die einzelnen Bestimmungen angehörig. Namentlich hinsichtlich der Pythagoreer, bei denen wir die schulmäßige Entwicklung[bt] eines halben Jahrhunderts nicht auf einzelne Phasen vertheilen können.
1) Empedocles[bu] von Agrigent: der erste Dorier. Sohn des Meton.
Blüthe etwas nach der Mitte des Jahrh[underts], Besuch der eben (446) gegründeten Stadt Thurii; jünger als Anaxagoras, der in den ersten Jahren des Jahrh[underts] geboren; 60 Jahre alt; also etwa 490–430 womit Alles stimmt.
Reiches und angesehenes Geschlecht; Großvater siegt mit Viergespann in Olympia.
Democrat wie der Vater, der bis[bv] Vertreibung des Tyrannen Thrasidaeus; Begründung der democatischen Verfassung 470 mitwirkt[bw]. Glänzende Beredsamkeit (kunstmäßig: Anfänge der Rhetorik[bx], Arist[oteles]): Erfolgreiche Bekämpfung aristocratischer Restaurationsversuche durch E[mpedokles] selbst. Ablehnung der angebotenen Krone.
Verlust der Volksgunst; verkannt im Peloponnes gestorben. Fabeln: beim Gastmahl verschwunden, in den Aetna gesprungen etc.[by]
Bedeutende Persönlichkeit. Ernste Gemüthsart; großartige, umfassende Thätigkeit. Priesterliche, prophetische, magische Wirksamkeit. Zieht, wie er selbst schildert, mit Bändern und Blumen geschmückt in die Städte, umdrängt von Hilfesuchenden, heilt Kranke, erweckt Todte, beherrscht Wind und Regen, weissagt und wundert.
49 Tragödien seines Enkels. Auch πολιτικά und ἰατρικά, die Spätere erwähnen, nur Theile seiner später so eingetheilten Schrift: φυσικά. Außerdem καϑαρμοί[44]. Sonstige Gedichte verloren, auch jene nur bruchstückweise. Verse ionischen Dialectes! Bekanntschaft mit Parmenides wahrscheinlich, mit den Pythagoreern sicher, obschon als politischer Gegner nicht sehr nahe.[bz] |[ca]
Abhängigkeit vom Seinsbegriff des Parm[enides]: das Sein ungeworden und unvergänglich. Aber auch Bewegung der einzelnen Dinge Thatsache, die erklärt werden muß. Sie können nicht im eigentlichen Sinne entstanden sein:
ἔκ τοῦ γὰρ μὴ ὄντος ἀμήχανόν ἐστι γενέσϑαι
τό τ᾽ ἐδυ ἐξόλλοσϑαι ἀνήνυστον καὶ ἄρεκτον.[cb]
Was die Menschen Entstehen und Vergehen nennen, ist nur Mischen und Entmischen unveränderlicher Stoffe.
ἄλλο δέ τοι ἐρέω. φύσις οὐδενός ἐστιν ἁπάντων
ϑνητῶν οὐ δέ τις οὐλομένου ϑανάτοῖο τελευτή,
ἁλλὰ μόνον μῖξίς τε διάλλαξις τε μιγέντων
ἐστι, φύσις δ᾽ ἐπὶ τοῖς ὀνομάζεται ἀνϑρώποισιν.[cc]
Auch hier also Gegensatz gegen die gemeine Ansicht; der στοιχεῖα sind nun aber diese vier: Erde, Wasser, Luft und Feuer. Der erste, der diese aufgestellt: Beziehung auf Thales, Anaximander, Heraclit[cd], Anaximenes, Parmenides. Später von Arist[oteles] acceptirt und populär geworden.
Dabei das Feuer den drei andern gegenübergestellt, wie namentlich bei Parmenides (Heraclit). Unsystematische (erst später von Plato und Arist[oteles] systematisch gedeutete) Aufstellung und Beschreibung: Feuer warm und glänzend, Luft flüssig und durchsichtig, Wasser dunkel und kalt, Erde schwer und hart. Unableitbar, ungeworden, unvergänglich – so sind sie eben die ῥιζώματα πάντων[45]. Gleich an Masse.
Aber zur Mischung müssen sie theilbar sein; unklare Vorstellung der Porosität. Gleiches dringt am leichtesten in Gleiches ein.
Da die Elemente selbst unveränderlich, so muß der Grund der Mischung und Entmischung in etwas Anderm gesucht werden.
Das Zusammenfinden und Zusammenstreben des Gleichen ist φιλότες – das Auseinandergehen dagegen νεῖκος[46].
Die bewegende Kraft vom Stoff getrennt: aber dieser Gedanke noch so wenig abstract, daß Liebe und Haß andrerseits als den übrigen beigemischte Stoffe[ce] erscheinen: daher von 6 Elementen die Rede.
Mythisch-sinnliche Vorstellungsweise, in der eben der Gedanke der Kraft heraufdämmert. Fortwährender Wechsel des Weltgeschehens: zwischen voller Vereinigung und voller Trennung aller Stoffe wechselt es:[cf] Absolute Einheit – Trennung durch den Haß – absolute Trennung – Bildung[cg] durch die Liebe – absolute Einheit. Zweite und erste Stufe Welt der Einzeldinge. Ueber Dauer der Ruhe und Bewegung Nichts gesagt.
Σφαῖρος: kugelförmig und unbewegt – der Haß ausgeschlossen: In diese brach der Haß ein und theilte die Elemente völlig.[ch] Von dem getrennten Zustande in unsern[ci] Fragmenten keine Vorstellung.
Unsere jetzige Welt betrachtet auf der vierten Stufe: die durch den Haß getrennten Elemente werden durch die Liebe dem Zustand des Sph[airos] wieder zugeführt.
Die Liebe erzeugt eine Wirbelbewegung, durch welche die Stoffe in Mischung treten.
Zuerst die Luft das Ganze kugelförmig umschlossen: dann bricht das Feuer nach oben hervor und dringt[cj] die Luft nach unten: die Erde in der Mitte.
Zwei Halbkugeln: eine lichte, feurige, – eine dunkle, luftige mit eingesprengten Feurstücken. Tag und Nacht: drehende Bewegung. Durch Aufdrängen der Luft.
Erde schlammartig. Sonne und Mond glasartige Scheiben[ck]. Beleuchtung des Monds durch die Sonne: Sonnenfinsterniß aus dem Dazwischentreten des Mondes. (Pythagoreische Untersuchungen.) Ebenso die Schiefe der Ecliptik bekannt. Viele meteorologische Hypothesen: Hagel als gefrorene Dünste etc.[cl]
Besonderes Interesse für organische Naturforschung – Pflanzen als erste Organismen: befreit wie die Thiere. Ihre Fruchtbildung entspreche der thierischen Zeugung, obwol die Geschlechter nicht getrennt seien. |[cm] Baumblätter mit Haaren, Federn, Schuppen verglichen: Vergleichende Morphologie!
Ueber Wachsthum, Ernährung, Blüthe und Fruchtbildung Theorien: Poröse Einsaugungen. Mischung der Elemente. Thiere zuerst gliederweise; dann abenteuerliche Vereinigungen, bis zuletzt harmonische, lebensfähige entstanden: mechanisch das Zweckmäßige.
Arist[oteles]: ὄπου μὲν οὖν ἄπαντα συνέβη ὥσπερ κἂν εἰ ἔνεκά του ἐγένετο, ταῦτα μὲν ἐσώϑη ἀπὸ τοῦ αὐτομάτου συστάντα ἐπιτηδείως ὅσα δὲ μὴ οὕτως, ἀπώλετο καὶ ἀπόλλυται, ὥσπερ Ἐ[μπεδοκλὴς] λέγει.[47]
So auch der Mensch: Deutung von Centauren, Chimären, Giganten, – Hermaphroditen, Mißbildungen. Die Geschlechter getrennt entstanden: Männer wärmer in den südlichen Regionen. Foetus Mischung männlicher und weiblicher Theile. Ueber Geschlechtlichkeit und Entwicklung des Embryo.
Wohnort und Lebensweise aller Organismen durch ihre stoffliche Zusammensetzung bestimmt; indem immer das Verwandte aufgesucht wird: so saugt der Körper durch die ganze Peripherie, nicht bloß durch Luftröhre Luft in die Poren.
Nach gleichem Princip die sinnliche Wahrnehmung: entsteht als Mischung äußerer und innerer Stofftheilchen[cn], entweder indem jene durch die Poren eindringen, wie bei Geruch, Geschmack, Gehör, wo Töne im Ohr wie in einer Trompete erzeugt werden, oder indem Theile herausdringen, wie beim Gesicht.
Das Princip der Vermischung führt auch zu einer Gefühlslehre: Gleiches macht Freude, Ungleiches Schmerz.
Auch das Denken rührt von der Mischung der Stoffe her; und zwar im Blut; besonders im Herzblut. Je gleichartiger die Mischung, um so schärfer Sinn und Verstand. Wie Parmenides: das Denken entspricht durchaus dem Körper. Verstand über die Sinnlichkeit gesetzt, Klage über Beschränktheit des menschlichen Denkens.
Trotz dessen Seelenwanderung. Religiöse Interessen und Lehre ganz unvermittelt neben den metaphysisch-physikalischen. Orphisch-pythagoreische Ueberlieferung.
Aus seligem Götterstande sind die sündigen Seelen[co] ins Leben geworfen, wandern durch Pflanzen, Thiere, gute und große Menschen zu den Göttern zurück. Das goldne Zeitalter.
Verbot des Fleischgenusses und der Thiertödtung. Auch viele Pflanzen.
Kein Monotheismus, daher Akkommodation der herrschenden Mythologie gegenüber. Götter aus der Mischung der Elemente entstanden. Die langlebenden, allgeehrten: aber natürlich vergänglich. Προοίμιον εἰς Ἀπόλλωνα[48]: den dorisch-mystischen Gott: gegen Anthropomorphismus.
2) Anaxagoras[cp].
Clazomenae. Kleinasiatisch-ionischer Bildungskreis.
Schwierige, zwischen Herrmann und Zeller streitige Chronologie: der Unterschied von ca.[cq] 40 Jahren entscheidet sich nach seiner Philosophie, welche Parmenides, Heraclit, Empedocles und theilweise Leukipp voraussetzt. Appollodor richtig[cr]; geb[oren] 500, 72 Jahr alt, gest[orben] 428.
Reiches und vornehmes Geschlecht; Vater Hesibulus und Eubulus genannt. Vernachlässigung des Vermögens und der Staatsgeschäfte: der Himmel sein Vaterland, die Betrachtung der Gestirne seine Bestimmung. Uebersiedlung nach Athen: vielleicht 480, als das Heil Griechenlands dort zu suchen war; vielleicht sehr viel später um 460; letzteres bei dem eben angeführten Interesse sehr wahrscheinlich.
In Athen Verkehr mit Euripides, Thukydides, kaum mehr Socrates, jedenfalls sehr nahe Pericles.
In die gegen Pericles 434 angestrengte Anklage ebenso wie Aspasia verwickelt: persönliche und politische Gegner. Vorwand die Leugnung der Staatsgötter.
Verschiedene Erzählungen. Wahrscheinlich verbannt; jedenfalls ausgewandert nach Lampsacus. Bildung einer Schule um ihn, bald darauf gestorben. Öffentliches Begräbniß. Jahresfest. Jahrhundertelang – Altäre dem νοῦς und der αλήϑεια.
Περὶ φύσεως[cs]. Anderes unsicher, so namentlich eine im Gefängniß versteckte Schrift über Quadratur des Kreises. |[ct]
Der parmenidische Seinsbegriff auch hier der Ausgangspunct:
τὸ δὲ γίνεσϑαι καὶ ἀπόλλυσϑαι οὐκ ὀρϑῶς νομίζουσιν οἱ Ἕλληνες. οὐδὲν γὰρ χρῆμα γίνεται οὐδ᾽ ἀπόλλυται, ἀλλ᾽ ἀπ᾽ ἐόντων χρημάτων συμμίσγεταί τε καὶ διακρίνεται, καὶ οὔτως ἂν ὀρϑῶς καλοῖεν τό τε γίνεσϑαι συμμίσγεσϑαι καὶ τὸ ἀπόλλυσϑαι διακρίνεσϑαι.[49] Empedocles.
Die qualitative Unveränderlichkeit der στοιχεῖα: das ist der Gegensatz gegen den Ionismus.
Aber die einzelnen Dinge zeigen doch nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Veränderungen. Hier hat dann Emped[okles] die 4 Elemente, deren quantitative Mischung die neuen, wechselnden Qualitäten erklären sollte: sie selbst ursprüngliche Qualitäten.
Warum gerade die 4? Historisch bedingt; aber Frage nachher aufzuwerfen; in die Halbheit aufgehoben. Entweder sind alle Qualitäten ursprünglich – oder keine: Anaxagoras und der Atomismus.
Die Grundlagen des letzteren, von seinem Zeitgenossen Leukipp gelegt, waren dem Anaxagoras bekannt. Nur quantitativ unterschiedene Atome: untheilbar – leerer Raum. Dagegen polemisirt er, ganz wie Zeno, aus eleatischen Gründen: ein Kleinstes (ἐλἀχιστον) sei nicht zu denken wegen der unendlichen Theilbarkeit des Raumes. Das Leere das Nichtseiende. Danach scheint die Grundlegung des Atomismus in L[eukipp] älter als die Schrift des Zeno und des Anaxag[oras], aber jünger als Empedocles. Schnelle Entwicklung.
Anax[agoras] lehrt also die Ursprünglichkeit aller Qualitäten: unzählige Urstoffe, verschieden nach Gestalt, Farbe und Geschmack?[cu] Das ἄπειρον des Anaximander wird zur unendlichen Anzahl von Stoffen, deren jeder weder begrenzt noch unbegrenzt der Masse nach genannt wird: das garnicht in’s Auge gefaßt.
Princip: manche Dinge in verschiedenartige zerlegbar, manche nur in gleichartige. σπέρμα (στοῖχειον) ist, was bei aller Theilung immer wieder gleiche Eigenschaften zeigt: Gold, Knochensubstanz, Fleisch etc.[cv] Annäherung an den chemischen Begriff des Elements.
Solch ein Ding nennt Arist[oteles] ein ὁμοιομερές[50] – Spätere nennen die Stoffe ὁμοιομέρειαι: An[axagoras] selbst nicht: σπέρματα oder χρήματα.[cw] Diese Stoffe selbst unveränderlich. Einzeldinge wechselnde Mischungen aus allen: in jedem prävalirt einer, sodaß die andern nicht bemerkt werden: daher nicht alles gleichartig, was so scheint. Aus ihnen gemischt z. B. erst die 4 Elemente des Empedocles. Er selbst macht bei der Annahme einer unendlichen Anzahl solcher Homöonen nicht den Versuch, sie aufzustellen, – giebt nur Beispiele, freilich sehr unglückliche: neben Gold Fleisch, Knochen etc.[cx]
Ursprüng[cy]lich allgemeine absolute Mischung, sodaß, da keiner prävalirte, alle sich gewissermaßen das Gleichgewicht hielten: der empedocleische σφαῖρος und das qualitätslose ἄπειρον des Anaximander erscheinen in dieser Vorstellung verschmolzen: sie ist zugleich die wissenschaftliche Form des uralten Chaos. Diese Mischung bei der unendlichen Theilbarkeit der σπέρματα so fein, daß sie sich bei der Genesis der einzelnen Dinge erhalten hat: keine vollkommene διάκρισις: Omnia ubique[cz].
Diese Annahme gemacht zur Erklärung der ἀλλοίωσις[51] der Dinge in ihrer Verwandelbarkeit, „daß Alles in Alles, sogar in sein Gegentheil übergehen kann“. Heraclitische Motive – aber mechanistisch und pluralistisch beantwortet.
Aehnlich der Gegensatz: Dünn und Dicht, Warm und Kalt, Licht und Dunkel, Feucht und Trocken: die bekannten Gegensätze der ionischen Philosophie.
Von dieser übernimmt Anaxagoras schließlich auch die monistische Tendenz der Erklärung des Geschehens.
Dasselbe besteht zwar für ihn wie für Emp[edokles] in den entgegengesetzten Processen der σύγκρισις und διάκρισις[52]; aber er nimmt dafür nicht zwei gesonderte Kräfte an, wie E[mpedokles], sondern der einheitliche Character des Geschehens erfordert die Annahme einer einheitlichen Weltkraft.
Die Welt ist κόσμος: schön, zweckmäßig, geordnet. In ihrer Bildung waltet der λόγος. Wie[da] aber schon Heraclit auf den Zusammenhang der Weltkraft mit dem subjectiven λόγος hingewiesen hatte, so nennt nun An[axagoras] diese einheitliche, allmächtige und zweckthätige Weltkraft so, wie die bewegende, zwecksetzende Kraft des Menschenleibes: Νοῦς.
Nicht überschätzen wie selbst Zeller thut nach Hegel’schem Schema und nach Vorgang des Aristoteles.[db] Auch hier kein Immaterialismus. Dieser νοῦς ist ein Stoff, theilbar wie alle andern![dc] aber freilich ein ganz exceptioneller. Er trägt alle Eigenschaften des heraclitischen Feuers. |[dd] Nicht nur der feinst, leichteste, beweglichste aller Stoffe: sondern der, welcher von selbst sich und alles andere bewegt, während alle andern Stoffe nur durch ihn bewegt, gemischt und entmischt werden.
Er geht daher auch nicht so, wie die andern, in die Mischung ein: er ist für sich, rein und ungemischt, die andern nur so zu sagen als bewegende Kraft umspielend. (φιλότης und νεῖκος). Unklarer Gegensatz. Er ist zugleich der wissende, überlegende, zweckmäßig bewegende Stoff.
Eine ganz andere Synthese von Eleatismus und Heraklitismus.
Optimistische und teleologische Grundüberzeugung: daher Arist[oteles] ihn als Nüchternen und Trunkenen schildert. Der Geist ist noch nicht vollständig abdestillirt: aber ein sehr bemerkenswerter Immaterialisationsproceß – Erde: Wasser: Luft: Feuer – Geist.
Dieser Schritt[de] darum so wichtig, weil das psychische Princip zwar noch nicht immateriell, aber doch schon als ein von allen übrigen specifisch verschiedener, mit keinem andern Element vergleichbarer Stoff gedacht wird. Ganz anders noch bei Heraclits Feuer.
Aber dieser Teleologismus nur ganz im Allgemeinen: für besondre Erscheinungen mechanische Erklärung; nur wo diese nicht ausreicht, kommt Νοῦς als deus ex machina[df]. Von eigentlicher Vorsicht und Weltregierung, wie bei Plato, noch Nichts.
Vielfache, vielseitige Kenntnisse: eigne Untersuchungen: man zeigte noch später bei Lampsacus den Berg, wo er Untersuchungen gemacht.
Ueber Wechsel des Weltbildners und Weltzerstörers Nichts gesagt: der ewige Stoff fängt mit einem Male an sich unter dem Einfluß des Geistes zu bewegen. Dieselbe Schwierigkeit wie immer bei einem zeitlichen Anfang der Welt.
Kreis- und Wirbelbewegung von Einem Puncte, welche immer mehr in sich hineinzieht und bei der Unendlichkeit der Urstoffe in stetem Wachsthum die Welt bildet. Dieser Punct der Pol (Nordpol): z. B. Dilthey, Einl[eitung] in die Geistesw[issenschaften] I, 206 und Martin, in den Mémoires de l’institut, XXX, 176 ff.[dg]
Scheidung der Stoffe nach jenen Gegensätzen: Hauptmassen α[53]ἰϑήρ und ἀήρ: jene warm, hell, dünn, diese kalt, dunkel, schwer. (Das Feurige: Heraclit.)
Das letztere in die Mitte getrieben, verdickt sich succesive bei gleichzeitiger Erkaltung zu Wasser – Erde – Stein. Einzelne Steine losgerissen im Aether feurig: Gestirne. Einzelne fallen als Meteorstein zurück. Der Meteorstein von Aegospotamoi.
Schiefe der Ecliptik. Sonne und Mond uns am nächsten, aber viel größer als scheinbar. Mond = Peloponnes, bewohnte Sonne 4× so groß. Mond- und Sonnenfinsternisse richtig gedeutet; nur Nebenannahme steiniger Massen zwischen uns und dem Monde.
Erde walzenförmig aus schlammigem Zustande durch Sonnenwärme aufgetrocknet. Dabei Organismen, aber nicht eigentlich autochthon,[dh] Keime der Pflanzen aus der Luft aus dem Gemenge aller σπέρματα; ebenso Thiere.
Beide beseelt. Das Beseelende aber ist νοῦς, dieser überall gleichartig, nur quantitativ verschieden: daher, wie es scheint, keine individuelle Unsterblichkeit.
Im Besonderen auch hier Gegensatz zwischen Denken und Wahrnehmung, welche sich durch die überwiegenden Stoffe verleiten läßt, die Mischung, die Alles in Allem enthält, zu übersehen.
Von ihr selbst die heraklitische Bestimmung, daß alles nur für sein Gegentheil empfänglich ist, daher mit Unlustgefühl verbunden[di]: Temperaturempfindung. Besondere Untersuchungen; in diesen berührt er sich stark mit der
3) Atomistik[dj].
Von Leukipp nichts bekannt. Zeitgenosse des An[axagoras] und Emp[edokles], Schüler von Parm[enides]. Selbst ob er in Milet, Abdera oder Elea geboren, ist nicht zu entscheiden, da alle diese vereinzelten Angaben diadochiomanisch[54][dk] klingen.
Pseudo-Arist[oteles] de Melisso spricht von τοῖς Λεύκιππου καλουμένοις λόγοις[55]. Aristot[eles] scheint eine Schrift vor sich gehabt zu haben: φυσικά[dl]. In den Schatten gestellt durch |[dm] Democrit[dn] von Abdera, der Schlafstadt von Teos, damals noch reich und wohlangesehen; erst später spießbürgerlich. Reiche Eltern. Geburtsjahr wahrscheinlich ca.[do] 460, da er sich 40 J[ahre] jünger als An[axagoras] nennt. Langlebig: 90, 100. Zeitgenosse des Socrates. Besuch in Athen. Viele Anecdoten. Der „laufende“ Philosoph. Sicher Bildungsreisen auch nach Aegypten und Persien. Später als Vater der Magie: magischer Lehrer.
Colossal ausgebreitete naturwissenschaftliche Bildung und scharfes, consequentes Denken. Ein klarer, sichrer Kopf; der wissensvollste der vorsocratischen Philosophen.
Ausgebreitete Schriftstellerthätigkeit: mathematisch, physisch, ethisch. In Prosa. Μέγας διάκοσμος[dp]. περὶ ἄνϑρώπον φύσεως. περὶ νοῦς. περὶ αίσϑήσεως. etc.[dq] περὶ εὐϑυμίης.
Ursprung[dr] der noch heut für die Naturwissenschaft so wichtigen Atomtheorie liegt in der Metaphysik. Bei den Eleaten: es giebt kein Entstehen und Vergehen und keine qualitative Veränderung. Auch das zugegeben, daß, wenn es mehrere Seiende gäbe, sie durch das Nichtseiende getrennt gedacht werden müssen; das Nichtseiende also sein müsse.
Ebenso, daß Bewegung nur in diesem nichtseienden leeren Raum existiren könne. Democrit fügte hinzu, auch Verdünnung und Verdichtung.[ds] Daraus hatten die Eleaten die Nichtigkeit von Vielheit und Bewegung erschlossen. Die Atomistik erkennt deren Thatsächlichkeit an und schließt daraus, das auch das Nichtseiende, der leere Raum existirt. (Man denke daran, daß nach unsrer Wissenschaft sogar die Größe dieses körperlich nicht Seienden die Kraftstärke beeinflußt.)[dt]
Es giebt nicht nur ein δὲν, sondern auch ein μεδὲν – es giebt nicht nur ein Ichts[56], sondern auch ein Nichts; – nicht nur ein πλέον[57], sondern auch ein κενόν[58]. Das Seiende dagegen betrachten die Atomisten als die abstracte Körperlichkeit. Unsichtbar kleine Körper, welche sich im Raum bewegen.
Denn[du] wenn alles aus Körperlichkeit und dem Raum[dv], die sich durchdringen, besteht, so kann diese Durchdringung und Theilung nicht bis in’s Unendliche gehen, sonst kommt nie Größe zu Stande: darin hat Zeno Recht, wie D[emokrit] seinen Beweis acceptirte: Leukipp betrachtet das Seiende nach Parmenides als untheilbare Einheit.[dw] Also muß die Theilung eine Grenze haben am Atom: ἄτομον oder ἄτομος οὐσία. Unendliche Theilbarkeit des Raums und endliche Theilbarkeit der raumerfüllenden Materie. Unterscheidung des Raums von dem ihn erfüllenden Stoff: die früheren Denker, besonders die Eleaten, identificiren[dx] beides.
Der Raum und die Atome sind das wahre Wesen aller Dinge: νόμῳ γλυκὺ, νόμῳ πικρόν, νόμῳ ϑερμόν, νόμῳ ψυχρόν, νόμωι χροιή. ἐτεῆ δὲ ἄτομα καὶ κενόν. ὅπερ νομίζεται μὲν εἶναι καὶ δοξάζεται τὰ αἰσϑητά, οὐκ ἔστι δὲ κατὰ ἀλήϑειαν ταῦτα, ἀλλὰ μόνον καὶ το κενόν.[59]
Atome das parmenidische Sein: ungeworden, unvergänglich, unveränderlich. Absolut voll und undurchdringlich, weil untheilbar. Physikalischer Grundbegriff. Weiterhin alle der Substanz nach einfach, in sich und auch unter einander gleichartig: weil die Verschiedenheit (nach Parmenides) Folge des Nichtseins, und weil wie D[emokrit] hinzufügt, nur das Gleichartige auf einander wirken kann.
Das Seiende also kein bestimmter Stoff, nur Stoff als solcher. (Anaximander’s ἄπειρον.) Unterschiede nur quantitativ, durch Raumbegrenzung. Gestalt, Größe, Lage und Anordnung.
Gestalt: die Atome Formen genannt ἰδειαι oder σχῆματα (Plato!).
Unendlich viele Unterscheide zur Erklärung der unendlichen Verschiedenheit der Wahrnehmung: Größe zwar unwahrnehmbar klein (ἐλἀχιστον), aber doch verschieden.
Function der Größe ist die Schwere. Der größere der schwerere. Wenn der größerer Körper leichter scheint, so enthält er mehr leeres. Dichtigkeitsunterschiede; er enthält weniger Masse. Schwere reine Function der Masse. |[dy]
Der Raum unbegrenzt; umfaßt die Atome und trennt sie; sodaß in allen Dingen Volles und Leeres, Seiendes und Nichtseiendes ist. (Die hypothetische Physik[dz] des Parmenides.)
Entstehung der einzelnen Dinge also ist Bildung eines Atomcomplexes, – Vergehen Auflösung desselben, Veränderung ist Veränderung der Lage und Anordnung desselben oder Abtrennung der einen und Hinzufügung der andern Atome. Auch die heutige Naturforschung könnte nicht anders sprechen.
Einwirkung der Dinge auf einander nur durch Druck und Stoß der Atome: wie mechanische Physik. Wirkung in die Ferne durch Ausflüsse wie Emped[okles] erklärt: Beispiel am Magneten.
Eigenschaften der Dinge durch diese Verhältnisse zu erklären. So die Elemente bestimmt. Das Feuer, dessen Bedeutsamkeit später hervortritt, kleine runde, sehr bewegliche Atome.[ea] Aber sehr wichtiger Unterschied: Primäre Eigenschaften: Gestalt, Schwere, Dichtigkeit und Härte.
Secundäre: Temperatur, Geschmack, Farbe. Sinnesqualitäten: πάϑη τῆς αἰσϑήσεως ἀλλοιουμένης[60]. Beweis ihrer Subjectivität[eb] aus ihrer Verschiedenheit.
Große, der modernen Philosophie und Psychologie, vorgreifende Höhe der Abstraction.
Wirkung der Körper auf die Sinne aber von ihren primären Eigenschaften abhängig und damit sich ändernd. Sorgfältige Untersuchungen über Geschmack und Farbe: vier Grundfarben, Weiß Schwarz Rot Grün. – Endlich die Frage nach der Ursache der Bewegung.
Hierin Rückkehr zu der hylozoistischen Grundansicht: nichts von den Stoffen selbst Verschiedenes. Aber auch kein sich selbst veränderndes und umgestaltendes Leben, – sondern mechanische Bewegung. Diese in der Schwere selbst gegeben: anfangs- und endlose Bewegung, für die deshalb keine Ursache zu suchen sei.
Schiefer Ausdruck des „Zufälligen“. Das Zwecklose allerdings eben durchaus nicht das Ursachlose. Ἀνάγκη. Alles Geschehen folgt mit Nothwendigkeit aus seinen Gründen.
Λευκιππος πάντα κατ᾽ ἀνάγκην, τὴν δ᾽ αύτήν ὑπάρχειν εἱμαρμένην. – „oὐδev χρῆμα μάτην γίγνεται, άλλα πάντα ἐκ λόγου τε καὶ ὑπ᾽ ἀνάγκης.“[61] (Leuk[ipp] oder wahrhaftig Dem[okrit].)
Der Mensch spricht vom Zufall nur zur Beschönigung seiner eignen Fehler.
Ausnahmslose Nothwendigkeit des Geschehens – auch des scheinbar Zufälligen. Strenge Durchführung der mechanischen Weltansicht. Aber keine Gravitation, sondern Naive Auffassung der von der Schwere hervorgerufenen Bewegung als der von oben nach unten. Verschiedene Geschwindigkeit: der schwerere (größere) fällt schneller. (Auch noch in der sinnlichen Täuschung.)
Anstoß und Abprallen – das kleinere zur Seite und nach oben gedrängt: Kreisbewegung; immer mehr ergriffen – Keim einer Weltbildung.
Unzählige coexistirende Welten. Ihr Zusammenstoß – Zertrümmerung – Neubildung. Stetiger Proceß wechselnder, unendlich verschiedener, wenn auch theilweise übereinstimmender Welten.
Die Heraclitische Vorstellung in die der heutigen Naturforschung umgebildet. Bei unsrer Welt Folgendes. Die ursprüngliche Wirbelbewegung (vgl. Empedocles und Anaxagoras).
Die[ec] leichteren Theile nach oben gedrängt schließen sich hautartig um das Ganze, welches, rotirend, fest im Leeren bleibt und keine Gesammtbewegung mehr besitzt.[ed] In der Mitte die Erde verdichtet und nach anfänglicher Bewegung fest geworden[ee] – nach oben Feuer und Luft (sehr ähnlich Empedocles). Aus Luftverdichtung entstehen die Gestirne, die sich in der schnellen Bewegung entzünden.
Sonn und Mond dagegen selbständige, in den terrestrischen Proceß hineingezogene Welten. Bedeutende Größe: Schatten von Gebirgen auf dem Monde. Neigung der Ecliptik, Sonnen- und Mondfinsternisse, Milchstraße als Complex von Planeten: das große Jahr (Ausgleichung des Sonnen- und Mondjahres: 82 Jahre und 28 Schaltmonate). Anschluß an Anaxagoras.
Ebenso die Erde als flache Welt[ef] auf Luft schwebend, in der Mitte vertieft, wo sich die Wasser sammeln. Untersuchungen über Erdbeben (neptunistisch), Gewitter, Wind, Niederschläge etc.[eg] Auch hier noch der meteorologische Character der alten Physik erkennbar: das Haften an den Massenerscheinungen, die in’s Auge fallen. |[eh] Größeres Interesse für die Natur, als früher: man sieht das schon bei E[mpedokles] u[nd] A[naxagoras], bei D[emokrit] am meisten. Organismen aus dem Erdschlamm.
Ueber[ei] Gestalt und Ernährung der Pflanzen, – über Fortpflanzungsverhältnisse der Thiere, Bastarde, zahlreiche morphologische und entwicklungsgeschichtliche Studien; auch über die Bildung des Foetus.
Vor Allem der Mensch Gegenstand der höchsten Bewunderung: die Zeit der höchsten Kunst!!
Genaue Beschreibung der Organe und ihrer Function; unwillkürlich teleologisch. Sinnesorgane. Hoher Stand der Forschung: Erkenntniß des Werths des Gehirns: „Der Herr des Ganzen, die Kraft des Denkens“; das Herz „die Königin, die Amme des Zorns“.[62]
Seele aus den feinen, glatten, runden, beweglichen Atomen des Feuers bestehend: darin sowol ihre den übrigen Leib bewegende Kraft als auch ihr Denken[ej]: Heraclit. Der ganze Leib aller Organismen beseelt: zwischen je zwei Körperatomen ein Feueratom. Einzelne Seelenthätigkeiten in einzelnen Organen localisirt: Denken im Gehirn, Zorn im Herzen, Begierde in der Leber, Wahrnehmung in den Organen etc.
Gefahr der Zerstreuung durch das wiederersetzende und zugleich durch Druck festhaltende[ek] Athmen aufgehoben (Her[aclit]): entweicht das innerer Feuer, so kommt der Tod: theilweise im Schlaf, – Scheintod. Beim Tode Zerstreuung der Seelenatome. Leugnung der individuellen Unsterblichkeit.
Seele dabei das Werthvollere, Körper ihr Gefäß: die Seele eben der vollkommenste Körper (Anaxagoras). Alle Dinge haben Geist und Seele – das Weltganze von diesem Feuergott belebt (Heraclit). So viel Vernunft, als Leben und Wärme in den Dingen.
In besonderen Anthropologischen Untersuchungen über Wahrnehmung: alle Sinnesempfindung (Φαντασία)[el] durch Berührung vermöge der Ausflüsse (Emp[edokles] und Anax[agoras]). Nothwendigkeit einer gewissen Masse der Atome und ihrer Gleichartigkeit zu unsern Organatomen. Möglichkeit unwahrnehmbarer Dinge. Traum analog erklärt.[em]
Gesichtsbilder durch Ausströmungen, welche Gestalt der Dinge beibehalten: εἴδωλα[63], die sich im Auge spiegeln, aber nur, indem sie die Luft in Bewegung setzen! Daher in der Entfernung schwächer. Ebenso Töne durch Luftbewegung vermittelt.[en]
Auch das Denken körperliche Bewegung: durch die richtige Temperatur bedingt. Krankhaftes Denken zu warm oder zu kalt.
Diese Materialisation Ausdruck: das Wahrnehmende und das Denkende ist dasselbe scl.[64][eo] das Feuer. Aber nicht der ihm neuerdings imputirte Senusalismus, sondern Rationalismus. Er, der kenntnißreiche, schätzt das Denken höher als die „Vielwisserei“ (He[raklit][ep]).[eq] Zwar keine psychologischen, aber desto mehr metaphysische Gründe, wie bei allen Vorgängern: die Sinne lehren nicht τὰ ἄτομα καὶ τὸ κενόν[65], das thut nur das Denken: sie sind dunkel, unzuverlässig und ungenau.[er] Zwar muß die Erkenntniß von den Sinnen ausgehen, aber die rechte Erkenntniß kommt nur durch das kritische Denken zu Stande. Bei Dem[okrit] selbst Neigung zu begrifflichen Definitionen: nach Arist[oteles] die besten und schärfsten vor Socrates.
Gelegentliche Klagen über die Schwierigkeit wahrer Erkenntniß machen ihn so wenig wie Xenophanes zum Skeptiker: er war ein scharfer Gegner der noch in sein Leben fallenden Mystiker, der Sophisten. Die gleiche Abkehrung von der Sinnlichkeit zeigen auch seine zur wissenschaftlichen Ethik noch nicht gereiften ethischen Reflexionen. Unterscheidung von ἀρχη und ἐπιϑομία: Affekt und Begierde. Eudämonistisch, wie alles antike, naiv wahrhafte Moralisiren. Aber das Glück nicht in der Äußerlichkeit, nicht in Heerden und Gold, sondern in der Seele gesucht, in Rechtschaffenheit und Verstand; nicht in Ehre, sondern in der Einsicht. Nur der Genuß des Schönen ist der ächte, und das Schöne ist das Gute.
Ueberlegen und Maaßhalten! Dann Heiterkeit und Gemüthsruhe. Ergebung in die unwandelbare Nothwendigkeit der Dinge: εὐϑυμία[66].[es] Ein echter Grieche: edle, reine Moral. Bedürfnißlosigkeit als Grundzug. Der Standpunct der Gnomik eines Schöngeistes[et]. Ausführlichkeit, zahlreiche Bruchstücke. Alle Verdächtigungen, die dieser Theil seiner Lehre durch dieselben Vorurtheile erfahren hat, aus denen man sein System unterschätzte, hat Zeller vortrefflich niedergeschlagen. Die Gründe dieser Verdächtigungen lagen im Atheismus. Es giebt keinen Gottesbegriff in seinem System.
Dem Volksglauben accomodirt theils durch allegorisch[eu]-ethische Deutung, theils durch die Annahme der εἴδωλα.[ev]
Kommentar zum Textbefund
a↑Gr. Ph. II ] in lat. Schrift, unterstrichen, mit blauem Farbstift auf die rechte obere Ecke der S. geschrieben. Fortsetzung von Heft Nr. 3. Gegenüber auf der Umschlaginnenseite Inventarstempel; Bl. 1r am linken Rand aufgeklebtes Signaturetikett, Bl. 1v Besitzstempel der Tohoku, Bl. 2r oben links ein weiterer Stempel über 7 Zeilen des Textese↑Heraclit ] gegenüber auf Bl. 1v Literaturangaben: Schleiermacher. H[eraklit] der dunkle von Ephesos, dargestellt aus den Trümmern seines Werks und den Zeugnissen der Alten. W W. [Werke] III, 2. p. 1–146. | Jac[ob] Bernays. Viele Schriften; Heraclitea. Bonn 1848 etc., namentlich „die heraclitischen Briefe“. Berlin 68. | Ferd[inand] Lasalle. Die Philos[ophie] H[eraklit] d[es] d[unklen] v[on] E[phesos] 2 Bde. Berlin 1858. | A[ugust] Gladisch. H[eraklit] und Zoroaster. Leipzig 1859. | P[aul] Schuster. H[eraklit] v[on] E[phesos]. Leipzig 1873.ab↑λόγος ] gegenüber auf Bl. 4v Literaturangabe: M[ax] Heinze, Die Lehre vom λόγος in der griech[ischen] Philos[ophie]. Oldenburg 1872.ad↑Gleichzeitigkeit der parmenidischen Lehre ] gegenüber auf Bl. 4v Literaturangaben: Fragmente von Karsten, Mullach bei X. Z. G. [Pseudo-Aristoteles: De Melisso Xenophane (Zenone) Gorgia], Peyron. | Vatke. P. Veliensis doctrina qualis fuerit. Berlin 1864. | Gladisch. Die Eleaten und die Indier. Posen 1844.an↑Damit … (149) ] gegenüber auf Bl. 6v geschrieben: ἐν τῶι σοι παύσω πιστὸν λόγον ἠδὲ νόημα | Ἀμφὶς ἀληϑείησ. δόξας δ᾽ ἀπὸ τοῦδε βροτέιας | πάνϑανε. [Damit beschließe ich mein verläßliches Reden und denken über die Wahrheit. Von hier ab lerne die menschlichen Wahngedanken kennen, indem Du meiner Verse trüglichen Bau anhörst: Parmenides 8, 50–52 nach Diels.] Hervorgegangen aus dem Bedürfniß der Accomodation an die gewöhnliche Vorstellung.ar↑Thätiges … ἔρως. ] gegenüber auf Bl. 6v geschrieben: Das Sein die zusammengedrückte Weltkugel: die einzelnen Dinge entstehen durch Dazwischentretenden des Nichtseienden, des leeren Raums.at↑Ἐν … κυβερνᾷ. ] links daneben auf Bl. 6v Übersetzung: Und in der Mitte des Alls die Alles lenkende Gottheit.bd↑Jedes Theilchen ] gegenüber auf Bl. 7v mit Bleistift geschrieben: Vielleicht schon gegen die Atomistik – nur gegen κίνεσις [Bewegung] und nicht gegen ἀλλοιωσις [Veränderung].bg↑Beweis aus der Zweiteilung: διχοτομία. ] mit blauem Farbstift unterstrichen, links auf Bl. 7v mit blauem Pfeil auf die Stelle der Vorseite verwiesen, die der Pfeil auf Bl. 6v hervorhebtbl↑sehr reale Probleme ] gegenüber auf Bl. 7v Literaturangaben: Bayle. Dictionnaire hist[orique] et crit[itique] Zénon d’Éléen. | Gerling, De Z[eno] paralogisme motum spectantibus. Marburg 1825. | Herbart. Einleitung in die Philos[ophie] § 139. Metaphys[ik] § 284f. | Wellmann. Z[eno]’s Beweise gegen die Bewegung und ihre Widerlegungen. Frkf a/O [Frankfurt an der Oder] 1870.bs↑Solcher Vermittlungen ] gegenüber auf Bl. 8v geschrieben: immer Gegensatz gegen den Hylozoismus der Ionier | das Sein ist sich selbst verwandelt: es bleibt gleich; nur Bewegung ändert seine Verbindungenbt↑schulmäßige Entwicklung ] gegenüber auf Bl. 8v geschrieben: zwischen schnellerer Verbreitung und größerer socialer Ausbreitung der Wissenschaftbu↑Empedocles ] unterstrichen; gegenüber auf Bl. 8v Literaturangaben: Sturz. E[mpedocles] Agrigentius: Leipzig 1805. | Karsten, Mullach | Stein. E[mpedoclis] A[grigentini] fragmenta. Bonn 1852. | Panzerbieter. Beiträge zur Krit[ik] und Erläuterung des Emp[edokles]. Meinigen 1844. | Lommatzsch. Die Weisheit des E[mpedokles]. Berlin 1830. | Gladisch. Emped[okles] und die Aegypter. Leipzig 1858.cb↑ἔκ … ἄρεκτον. ] gegenüber auf Bl. 9v Übersetzung (vgl. Empedokles, Physika, Diels Fragment 12): Aus Nichtseiendem kann unmöglich Seiendes werden | Und undenkbar ist es, das Seiendes wieder vergeht!cc↑ἄλλο … ἀνϑρώποισιν. ] gegenüber auf Bl. 9v Übersetzung (vgl. Empedokles, Physika, Diels Fragment 8): Andres sage ich dir: es entsteht kein vergängliches Wesen | Und sein Ende im Tod ist niemals volle Vernichtung. | Sondern es giebt nur Mischung und dann Entmischung der Stoffe: | Diese nur nennen die Menschen gar falsch Entstehen und Vergehen.ch↑In … völlig. ] mit Einfügungszeichen auf Bl. 9v geschrieben; rechts daneben Datierung mit rotem Farbstift: 1/6 83; links daneben geschrieben: Die beiden Theile des parmenidischen Lehrgedichts werden nicht in den Gegensatz von Sein und Schein, sondern in denjenigen zeitlich wechselnder Weltzustände gebracht. Diese Welt ein Zustand des Kampfes und der Gegensätze: Heraclit. Streit und Harmonie – Haß und Liebe. Spaltung und Wiedervereinigung. Das ist die Synthese.cp↑Anaxagoras ] unterstrichen; gegenüber auf Bl. 10v Literaturangaben: Frag[mente] bei Mullach und | Schaubach. A[naxagorae] Cl[azomenii] fragmenta. Leipzig 1827. | Schorn. A[naxagorae] Cl[azomenii] et Diog[enis] Apoll[oniatae] fragm[enta]. Bonn 1829. | Breier. Die Philos[ophie] des A[naxagoras von Klazomä nach Aristoteles]. Berlin 1840. | Zévort. Dissertation sur la vie et la doctrine d’Anaxagore. Paris 1843. | Gladisch. A[naxagoras] und die Israeliten. 1864 Leipzig.di↑daher mit Unlustgefühl verbunden ] daher … verbunden mit Einfügungszeichen auf Bl. 12v geschriebendn↑Democrit ] unterstrichen; gegenüber auf Bl. 13v Literaturangaben: Fragm[ente] Mullach. Berl[in] 1832. | Lange, Gesch[ichte] des Materialismus. I. | L[ouis] Liard. De D[emocrito] philosopho. Par[is] 1873. | Schleiermacher. Ueber das Verzeichniß der Schriften des D[emokrit] bei Diog[enes]. W W [Werke] III, 3, 293.dv↑alles aus Körperlichkeit und dem Raum ] gegenüber auf Bl. 13v geschrieben: Wahrscheinlich, daß der Uebergang zu Democrits abstracter Körperlichkeit durch die Sinnestheorie des Protagoras bedingt war. Oder auch umgekehrt!! oder auch beides Hand in Hand. Wir wissen hier Nichts über die historische Abhängigkeit. Diese objective und jene subjective Theorie sind Zwillinge, von denen wir nicht wissen, welches die Erstgeburt war: möglich, daß beide Abderiten sie zusammen gedacht, der eine die physikalische, der andre die physiologisch-psychologische Seite verfolgt hat: oder beide stützen einander, sind correlative Ansichten. Am meisten wahrscheinlich ist mir dieser Proceß so: Leukipp sagte, die Atome unterscheiden sich nur quantitativ, alle Qualitäten sind abgeleitet (das beweist die Polemik des Anaxagoras); aber er betrachtete sie als objectiv bestehende, abgeleitete. Nun bewies Protagoras, daß diese Ableitung das Subject voraussetzt, und Democrit nahm diese Ansicht in das atomistische System auf.dz↑hypothetische Physik ] gegenüber auf Bl. 14v geschrieben: Die hypoth[etische] Phys[ik] des Parmenides wird kategorisch und damit Metaph[ysik].eb↑Beweis ihrer Subjectivität ] gegenüber auf Bl. 14v geschrieben: κίνησις ist entweder περιφορά oder ἀλλοίωσις nach Platon: hier ist die erste objectiv, die zweite subjectiv.ej↑Denken ] gegenüber auf Bl. 15v geschrieben: Denken ist die allerschnellste Bewegung.; daneben Literaturangabe: Heimsöth. D[emocrit]i de anima doctrina Bonn 1835.eq↑Er … (He.) ] mit Einfügungszeichen auf Bl. 15v geschrieben, darüber Literaturangabe: Johnson, Der Sensualismus des D[emokrit]. Plauen 1869.Kommentar der Herausgeber
1↑Griechische Philosophie ] vgl. grundsätzlich Windelband: Geschichte der alten Philosophie. In: Geschichte der antiken Naturwissenschaft und Philosophie, bearbeitet v. Sigmund Günther u. W. Windelband. Nördlingen: C. H. Beck 1888 (Handbuch der klassischen Altertums-Wissenschaft in systematischer Darstellung mit besonderer Rücksicht auf Geschichte und Methodik der einzelnen Disziplinen. In Verbindung mit … hg. v. Iwan Müller. Bd. 5, 1. Abt.), S. 115–337.2↑„eingewurzelt … ἐρριζῶσϑαι ] vgl. Aristoteles, Περὶ οὐρανού/De caelo 294a (z. B. in der Ausgabe von Carl Prantl, Leipzig 1857: S. 160). Übersetzung nicht ermittelt.3↑γαίης … ἱκάνει. ] vgl. H. Ritter, L. Preller: Historia Philosophiae Graecae et Romanae ex fontium locis contexta. 4. Aufl. Gotha: Perthes 1869, S. 86 (Xenophanes, genauer Stellennachweis siehe dort; Übersetzung nicht ermittelt). – Windelband empfiehlt diese Sammlung in seiner Geschichte der alten Philosophie, 1888, S. 123.4↑καὶ … τέτυκται. ] vgl. H. Ritter, L. Preller: Historia Philosophiae Graecae et Romanae ex fontium locis contexta, 1869, S. 86 (Xenophanes, genauer Stellennachweis siehe dort; Übersetzung nicht ermittelt). – Im Folgenden wird der besseren Zugänglichkeit halber nach Diels nachgewiesen, obwohl es einen Anachronismus bedeutet. Der griechische Text folgt dem Wortlaut bei Windelband.12↑πυρός … χρυσός. ] in Diels Übersetzung (Fragmente der Vorsokratiker Bd. 1, 1906, Heraklit Fragment 90): Umsatz findet wechselweise statt des Alls gegen das Feuer und des Feuers gegen das All, wie des Goldes gegen Waren und Waren gegen Gold.14↑κόσμον … ἀείζωον. ] vgl. H. Ritter, L. Preller: Historia Philosophiae Graecae et Romanae ex fontium locis contexta, 1869, S. 18 (Heraklit, genauer Stellennachweis siehe dort). Diels übersetzt (Fragmente der Vorsokratiker Bd. 1, 1906, Heraklit Fragment 30): Diese Weltordnung, dieselbige für alle Wesen, hat kein Gott und kein Mensch geschaffen, sondern sie war immerdar und ist und wird sein ewig lebendiges Feuer.15↑πόλεμος … ὲλευϑέρους. ] Diels übersetzt (Fragmente der Vorsokratiker Bd. 1, 1906, Heraklit Fragment 53): Krieg ist aller Dinge Vater, aller Dinge König. Die einen macht er zu Göttern, die anderen zu Menschen, die einen zu Sklaven, die anderen zu Freien.16↑τὸ ἓν διαφερόμενον αὐτὸ αὑτῷ. ] vgl. Platon, Symposium 187a, Referat nach Heraklit: in sich zurückgehende Einheit, sich in sich selber unterscheidende Einheit („Vereinigung wie beim Bogen und der Leier“)18↑ἀρμονία … κρείττων ] Diels übersetzt (Fragmente der Vorsokratiker Bd. 1, 1906, Heraklit Fragment 54): Verborgene Vereinigung besser als offene.22↑ὀ … κόσμος. ] gr. was die Weisen (die Sophisten) „Kosmos“ nennen, vgl. Xenophon, Memorabilia A 11.25↑ἀϑάνατοι ϑνητόι, ϑνητόι δ᾽ ἀϑάνατοι ] Diels übersetzt (Fragmente der Vorsokratiker Bd. 1, 1906, Heraklit Fragment 62): Unsterbliche sterblich, Sterbliche unsterblich.26↑ξυνόν … ὶσχυροτέρως. ] Diels übersetzt (Fragmente der Vorsokratiker Bd. 1, 1906, Heraklit Fragmente 113 u. 114): Gemeinsam ist allen das Denken. Wenn man mit Verstand reden will, muß man sich wappnen mit diesem allen Gemeinsamen wie eine Stadt mit dem Gesetz und noch stärker.27↑αἰδοῖός … γενναῖον. ] vgl. Platon, Theaetetus 183e u. 184a, in Schleiermachers Übersetzung: ehrwürdig mir und furchtbar zugleich – und es offenbarte sich mir in ihm eine ganz seltene und herrliche Tiefe des Geistes.29↑χρεὼ … ἀλήϑης. ] aus dem Lehrgedicht des Parmenides, Diels übersetzt (Fragmente der Vorsokratiker Bd. 1, 1906, Parmenides Fragment 1, 25–30): So sollst Du denn alles erfahren: der wohlgerundeten Wahrheit unerschütterliches Herz und der Sterblichen Wahngedanken, denen verläßliche Wahrheit nicht innewohnt.30↑χρὴ … ἄνωγα. ] aus dem Lehrgedicht des Parmenides, Diels übersetzt (Fragmente der Vorsokratiker Bd. 1, 1906, Parmenides Fragment 6, 1–2): Nötig ist dies zu sagen und zu denken, daß nur das Seiende existiert. Denn seine Existenz ist möglich, die des Nichtseienden dagegen nicht; das heiß ich Dich wohl zu beherzigen.31↑Μόνος … αὐτό. ] aus dem Lehrgedicht des Parmenides, Diels übersetzt (Fragmente der Vorsokratiker Bd. 1, 1906, Parmenides Fragment 8, 1–10): So bleibt nur noch Kunde von Einem Wege, daß das Seiende existiert. Darauf stehn gar viele Merkpfähle: weil ungeboren, ist es auch unvergänglich, ganz, eingeboren, unerschütterlich und ohne Ende. Es war nie und wird nicht sein, weil es allzusammen nur im Jetzt vorhanden ist, eins und unteilbar. Denn was für einen Ursprung willst Du für das Seiende ausfindig machen? Wie und woher sein Wachstum? (Weder aus dem Sein kann es hervorgegangen sein; sonst gäbe es ja ein anderes Sein vorher), noch kann ich Dir gestatten seinen Ursprung aus dem Nichtseienden auszusprechen oder zu denken. Denn unaussprechbar und unausdenkbar ist es, wie es nicht vorhanden sein könnte. Welche Verpflichtung hätte es dann auch antreiben sollen, früher oder später aus dem Nichts zu beginnen und zu wachsen?32↑τῷ … ἀμείβειν. ] aus dem Lehrgedicht des Parmenides, Diels übersetzt (Fragmente der Vorsokratiker Bd. 1, 1906, Parmenides Fragment 8, 38–41): Darum muß alles leerer Schall sein, was die Sterblichen in ihrer Sprache festgestellt haben, überzeugt, es sei wahr: Werden sowohl als Vergehen, Sein sowohl als Nichtsein, Veränderung des Ortes und Wechsel der leuchtenden Farbe.33↑ἐπει … ἔμεναι. ] aus dem Lehrgedicht des Parmenides, Diels übersetzt (Fragmente der Vorsokratiker Bd. 1, 1906, Parmenides Fragment 8, 37–38): da es ja das Schicksal an das unzerstückelte und unbewegliche Wesen gebunden hat.34↑αὐτὰρ … πάντῃ. ] aus dem Lehrgedicht des Parmenides, Diels übersetzt (Fragmente der Vorsokratiker Bd. 1, 1906, Parmenides Fragment 8, 42–44): Aber da eine letzte Grenze vorhanden, so ist das Seiende abgeschlossen nach allen Seiten hin, vergleichbar der Masse einer wohlgerundeten Kugel, von der Mitte nach allen Seiten hin gleich stark.35↑Ταὐτὸν … ἐόντος ] aus dem Lehrgedicht des Parmenides, Diels übersetzt (Fragmente der Vorsokratiker Bd. 1, 1906, Parmenides Fragment 8, 34–37): Denken und des Gedankens Ziel sind eins; denn nicht ohne das Seiende, in dem es sich ausgesprochen fühlt, kannst Du das Denken antreffen. Es gibt ja nichts und wird nichts anderes geben außerhalb des Seienden […].40↑de X. Z. G. ] Abkürzung nicht aufgelöst. Vermutlich gemeint: Pseudo-Aristoteles: De Melisso Xenophane (Zenone) Gorgia.41↑Acervus ] vgl. Rudolf Eisler: Wörterbuch der philosophischen Begriffe Bd. 1. Berlin 1904, S. 10: Acervus (Haufen) ist der Name eines Schlusses, der die Unwahrheit, den Scheincharakter der Sinneswahrnehmung und der Veränderung der Dinge dartun soll (Eleaten). Ein fallender Kornhaufe (kenchros) kann hiernach kein Geräusch in Wahrheit hervorbringen, denn er ist aus lauter Körnern zusammengesetzt, die einzeln genommen lautlos zu Boden fallen (bei Aristoteles, Phys. VIII 5, 250 b 20). Eine andere Art des „Acervus“ (sorites) ist die, daß weder ein Korn, noch zwei, noch drei Körner einen „Kornhaufen“ bilden, und daß dieser eigentlich gar nicht zustandekommen kann.42↑Achilleus ] vgl. Rudolf Eisler: Wörterbuch der philosophischen Begriffe Bd. 1. Berlin 1904, S. 10: Achilleus heißt ein von Zeno dem Eleaten zur Darlegung der Unwirklichkeit der Bewegung aufgestellter Schluß. Achilleus, der schnellste Läufer, kann die langsame Schildkröte nicht einholen, auch wenn sie nur einen geringen Vorsprung hat; denn die trennende Distanz besteht aus einer unendlichen Zahl von Teilen, die in einer endlichen Zeit gar nicht durchlaufen werden können (bei Aristoteles, Phys. VI 9, 239b 14 sq.)49↑τὸ … διακρίτεσϑαι. ] Diels übersetzt (Fragmente der Vorsokratiker Bd. 1, 1906, Anaxagoras Fragment 17): In bezug auf das Entstehen und Vergehen haben die Hellenen einen unrichtigen Sprachgebrauch. Denn kein Ding entsteht oder vergeht, sondern es mischt sich oder scheidet sich von bereits vorhandenen Dingen. Und so würden sie statt von Vergehen von Scheidung reden.53↑Martin, in den Mémoires de l’institut, XXX, 176 ff. ] gemeint ist das Werk: Thomas-Henri Martin: Mémoire sur les hypothèses astronomiques des plus anciens philosophes de la Grèce étrangers à la notion de sphéricité de la terre. In: Mémoires de l'Institut de France, Académie des Inscriptions et Belles-Lettres, 29, 2e partie, 1876–77, S. 29–252.54↑diadochiomanisch ] d. h. nach einem Streit der Schüler (Diadochen: Generäle Alexanders des Großen)55↑τοῖς Λεύκιππου καλουμένοις λόγοις ] Fundstelle: Aristoteles 980a (Werke, die dem Leukipp zugeschrieben werden)59↑νόμῳ … κενόν. ] Diels übersetzt (Fragmente der Vorsokratiker Bd. 1, 1906, Demokrit Fragmente 5 u. 125): Scheinbar ist Farbe, scheinbar Süßigkeit, scheinbar Bitterkeit: wirklich nur Atome und Leeres.61↑Λευκιππος … ἀνάγκης.“ ] Diels übersetzt (Fragmente der Vorsokratiker Bd. 1, 1906, Leukipp Fragment 2): Kein Ding entsteht ohne Ursache, sondern alles aus bestimmtem Grunde und unter dem Drucke der Notwendigkeit.▲