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- TitleNr. 10, Heft mit Fadenheftung und Umschlag aus blauem Papier, mit eigenhändigem Titel Psychologie No II, auf dem Umschlag Bleistiftnotiz von anderer Hd.: Fock 6., Abfassungszeitraum ca. 1876–1878/79, Umfang: 28 S., davon beschrieben: 21, 1 beigelegtes Bl. mit einer beschriebenen S., Textbeginn auf Bl. 1r, hs. (dt. Schrift), violette Tinte, Maße: 21,6 x 17,4 cm, Beilage: 21,6 x 17,4 cm, Universitätsbibliothek der Tohoku Universität Sendai (Japan): II, A 2–2 WW 1, 10
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Nr. 10[1], Heft mit Fadenheftung und Umschlag aus blauem Papier, mit eigenhändigem Titel Psychologie No II, auf dem Umschlag Bleistiftnotiz von anderer Hd.: Fock 6., Abfassungszeitraum ca. 1876–1878/79, Umfang: 28 S., davon beschrieben: 21, 1 beigelegtes Bl. mit einer beschriebenen S., Textbeginn auf Bl. 1r, hs. (dt. Schrift), violette Tinte, Maße: 21,6 x 17,4 cm, Beilage: 21,6 x 17,4 cm, Universitätsbibliothek der Tohoku Universität Sendai (Japan): II, A 2–2 WW 1, 10
Psychologie No II. |[a]
Historisch-literarische Einleitung.
I. Theil Ueber die methodische Grundlage der Psychologie.[b]
Da kein Seelenbegriff, so den des Psychischen zu bestimmen. Ausgangspunct.
§ 1. Die Unterscheidung des äußeren und des inneren Sinnes.[c]
Historisches. Flüssigkeit der Grenzbestimmung. Kant.
§ 2. Die Gegenstände der[d] äußeren Sinne.[e]
Äußerer Sinn nur eine Domäne des inneren. (äußere V[orstellung] ist multiplicabel, innere nicht.)
§ 3. Ueber den allgemeinen Begriff der psychischen Phänomene.[f]
Die Fähigkeit der directen Bewußtwerdung. Nicht materiale, sondern formale Definition.
§ 4. Das Wesen des Bewußtseins.[g]
Weder höhere Intensität des psychischen Actes, noch Beziehung auf das Subject noch Unterscheidung, sondern Vorstellung, deren Inhalt ein anderer psychischer Act oder Zustand ist.
§ 5. Die unbewußten psychischen Thätigkeiten.[h]
Nachweisbar als Ursache in den schätzenden, „schließenden“ Sinnesfunctionen, als Wirkung darin, dass Reize, die überhaupt bewußt werden können, irgend eine psychische Alteration haben erzeugen müssen. Dies weite Reich des Unbewußten enthält aber nur elementare Functionen, von denen wir nichts wissen als ihre Beziehungen zu dem Bewußten, und die wir uns höchstens nach Analogie des Bewußten[i] denken dürfen.
§ 6. Vom Selbst und Selbstbewußtsein.[j]
Sichbewußtsein und Selbstbewußtsein. Die empirische Unausfindbarkeit des Ich. Die doppelte[k] unendliche Reihe des Selbstbewußtseins. Herbart[l].[2] Daher höchstes Problem und kein Erklärungsprincip. Das logische und das reale Subject. Kant. Der „substantielle Träger der psychischen Function“[3]. Eine aus der landläufigen Metaphysik des gesunden Menschenverstandes hervorgegangene Hypothese.
§ 7. Ueber die Möglichkeit der sog. Selbstwahrnehmung.[m]
Unabhängig von jener Hypothese besteht die Thatsache, daß in jedem psychischen System gewisse Zustände Gegenstand der Vorstellungsthätigkeit anderer Zustände sind. Adäquat, da kein Zwischenglied ausfindbar. Falsche Unterscheidung der phänomenalen und der intelligiblen Seele. „Innere Wahrnehmung“ stets ein hinzutretender Act – die erste Form der Erinnerung.
§ 8. Die Gewißheit der Selbstwahrnehmung.[n]
Uncontrollirbarkeit, weil nicht multiplicabel. Das phantastische Wahrnehmen. Deshalb sehr genaue u[nd] sorgfältige Prüfung, wieviel hineingedacht. |[o]
§ 9. Ueber Wahrnehmung und Beobachtung.[p]
Ueberspannung dieses Gegensatzes: Beobachtung ist nichts als absichtliche Wahrnehmung. Soll es äußere Beobachtung geben, so sicher auch eben darin innere. Absichtliche Wahrnehmung ist deshalb auch innerlich sehr gut möglich. Nur den Proceß selbst kann man nicht beobachten, aber dies auch in der äußeren Beobachtung nicht: Proceß ist nur erschließbar. Aber für den Proceß sind mehr Daten zu erbringen auf dem äußeren Gebiete, weil die Erinnerung je länger desto phantastischer wird, oder weil man sonst in den Proceß eingreift.
§ 10. Ueber die psychische Deutung physischer Phänomene.[q]
§ 11. Uber das Verhältniß leiblicher und seelischer Functionen.[r]
Die Ansichten darüber sind: 1) Auflösung der einen in Formen der anderen und zwar a) Materialismus b) Spiritualismus 2) dualistische, welche entweder a) die Möglichkeit einer zwischen beiden stattfindenden[s] Causalität behaupten, direct dualistische oder b) dieselbe leugnen, sodaß sie den Schein dann α) durch Occasionalismus β) durch praestabilirte Harmonie erklären, 3) monistisch, indem sie dieselben Kräfte als in äußerer Erfahrung in der Form der Bewegung in innerer in der Form psychischer Zustände sich darstellend ansehen. Diese sehen beide Erscheinungsweisen[t] α) nur als Formen der Erscheinung, die dem wahren Wesen äußerlich bleiben oder b) als eo ipso[u] wesentlich an.
§ 12. Das Verhältniß der Psychologie zur Physiologie[v].[w]
§ 13. Die empirische Grundlage der Psychologie.[x]
§ 14. Ueber die Auffindung psychischer Gesetze.[y] |[z]
§ 15. Die Classification der psychischen Thätigkeiten.[aa]
Plato[ab]: τὸ ἐπιϑυμετικόν, τὸ ϑυμοειδές, τὸ λογιστικόν.[4] (Haupt, Herz, Unterleib; Handwerker, Krieger, Herrscher; Aegypter, wirkliche Barbaren, Griechen; Pflanzen, Thiere, Menschen). Aristoteles[ac]: sterblicher und unsterblicher; vegetativer, animalischer, individueller Theil; νοῦς, ὄρεξις.[5] Kreuzung der beiden letzteren Divisionen. Browne: External – internal affections – intellectual states of mind – emotions.[ad] Wolff[ae]: höheres und niederes (Verstand, Sinnlichkeit) Erkenntniß und Begehrungsvermögen. Tetens[af]: Gefühl, Verstand, Thätigkeitskraft. (Versuche über die Menschliche Natur X, p. 625ff.). Mendelssohn: Erkenntnißvermögen, Empfindungs- oder Billigungsvermögen, Begehrungsvermögen. (Morgenstunden, 7. Vorles[ung], Werke[ag] II p. 295). Kant: Erkenntnißvermögen, Gefühl der Lust und Unlust, Begehrungsvermögen (Drei Kritiken). J[ürgen] B[ona] Meyer, Kant’s Psychol[ogie] p. 41ff. Krug: Immanente (theoretische) und transcendente (practische). Hamilton und Lotze für die Kant’sche Einteilung. Herbert Spencer und Bain, Primitive und entwickeltere Phänomene, letzte cognitive und affective.[6]
Es fragt sich deshalb, ob das Gefühl als Drittes einzuschieben ist oder nicht.
§ 16. Ueber das Verhältniß von Gefühl und Wille.[ah]
II. Theil. Theorie des Vorstellungsverlaufs.[ai]
§ 17. Vorläufige Begriffsbestimmungen.[aj]
Vorstellen, Empfinden, Anschauen, Wahrnehmen, Denken.[ak]
§ 18. Analyse der Anschauung.[al]
§ 19. Die Empfindung.[am]
Sie enthält stets Qualität und Intensität – oft auch Gefühlston, was zu untersuchen. Empfindung und Reiz. Reiz Bewegung. Schwingungsamplitude gleich Stärke, Schwingungsform gleich Qualität, Schwingungsgeschwindigkeit. Äußerer und innerer Reiz. Peripherischer und centraler Reiz. Die Stellung der Bewegungsempfindungen = Muskelsinn. Reproduction. Hallucination und Traum. |[an]
§ 20. Die Qualität der Empfindung.[ao]
Bei der unendlichen Mannigfaltigkeit möglicher Qualitäten hängen die durch die Sprache gesetzten Grenzen von der Convention und der Entwickelung ab. Die Verwandtschaftsgruppen der Qualitäten entsprechen[ap] dem aufnehmenden[aq] Organismus in Abhängigkeit der Qualität vom Nerven. Specifische Energie der Sinnesorgane. Das Specifische liegt nie im Nerven, sondern in der Form der peripherischen Endorgane, welche die Reizbewegungen aufzunehmen im Stande sind. Chemische und mechanische Sinne.
§ 21. Die Intensität der Empfindung.[ar]
§ 22. Der Gefühlston der Empfindung.[as]
§ 23. Die Sinne.[at]
§ 24. Die Synthese der Anschauung.[au]
§ 25. Die Raumanschauung. |[av]
§ 26. Die Dinganschauung.[aw]
§ 27. Die Wahrnehmung oder Apperception.[ax]
§ 28. Die Aufmerksamkeit.[ay]
§ 29. Die Enge des Bewußtseins.[az]
§ 30. Die Reproduction der Vorstellungen.[ba]
§ 31. Die complementäre Production der Anschauungen.[bb] (Theorie der Sinnestäuschungen). |[bc]
§ 32. Die Verschmelzung der Vorstellungen.[bd]
§ 33. Die zeitliche Auffassung.[be]
§ 34. Die Verschmelzung durch Aehnlichkeit.[bf]
§ 35. Die Verschmelzung durch[bg] Beziehungen.[bh]
§ 36. Die allgemeinen Vorstellungen durch Verschmelzung.[bi]
§ 37. Das unterscheidende Bewußtsein.[bj]
§ 38. Die Ausbildung der sinnlichen Auffassung.[bk]
§ 39. Die productive Phantasie. |[bl]
§ 40. Die Synthese des Begriffs.[bm]
§ 41. Die Abstraction.[bn]
§ 42. Die Formen der Beziehung.[bo]
§ 43. Die vergleichenden Beziehungen.[bp]
§ 44.[bq] Die verbalen Beziehungen.[br]
§ 45. Der Satz und das Urtheil.[bs]
§ 46. Das Urtheil als Ausdruck der einfachen Association. |[bt]
§ 47. Der Schluß als Ausdruck der verketteten Association.[bu]
§ 48. Ueber die abstracten Begriffe.[bv]
§ 49.[bw] Synthese des Vorstellungsverlaufs.[bx]
§ 50.[by] Die Bedingungen der Bewußtwerdung.[bz]
§ 51. Der Begriff des psychophysischen Gesetzes.[ca]
§ 52. Das Interesse der Aufmerksamkeit. |[cb]
Kommentar zum Textbefund
a↑No II. | ] gegenüber auf der Umschlaginnenseite Inventarstempel; Bl. 1v Besitzstempel der Tohoku, Bl. 2r oben links ein weiterer Stempel über 3 Zeilen des Textes, Fortsetzung des Textes auf Bl. 2rv↑Psychologie zur Physiologie ] Physiologie zur Psychologie, mit Ziffern zur Bezeichnung der gewünschten Reihenfolge umgestelltav↑§ … Raumanschauung. | ] unterstrichen, danach 5 Zeilen frei gelassen; Bl. 4v leer, Bl. 5r Fortsetzung des Textesbc↑Sinnestäuschungen). | ] danach 5 Zeilen frei gelassen; Bl. 5v Text zur Einfügung auf Bl. 6r, Bl. 6r Fortsetzung des Textesbl↑§ … Phantasie. | ] gegenüber § 38 auf Bl. 5v geschrieben; unterstrichen, danach 8 Zeilen frei gelassen. Bl. 6v leer, Bl. 7r Fortsetzung des Textesbt↑§ … Association. | ] unterstrichen, danach 5 Zeilen frei gelassen; Bl. 7v bis auf zwei Ziffern leer (s. u.), Bl. 8r Fortsetzung des Textescb↑§ … Aufmerksamkeit. | ] unterstrichen, danach 5 Zeilen frei gelassen; Bl. 8v trägt nach ca. 8 Zeilen am rechten Rand die mit Bleistift geschriebene Ziffer 50, nach weiteren 4 Zeilen die Ziffer 51, nach weiteren 10 Zeilen die Aufschrift mit Tinte: +3, rechts daneben eine über 3 Zeilen reichende Akkolade. Am Kopf von Bl. 8v kleeblattartige Bleistiftzeichnung, daneben die Ziffer 64, Bl. 9r Fortsetzung des TextesKommentar der Herausgeber
1↑Nr. 10 ] Erstabdruck in: Horst Gundlach: Wilhelm Windelband und die Psychologie. Das Fach Philosophie und die Wissenschaft Psychologie im Deutschen Kaiserreich, 2017, S. 485–491 (open access: http://heiup.uni-heidelberg.de/heiup/catalog/book/203). Hier eigene Transkription.2↑Die … Herbart. ] gegen Fichtes Begriff des reinen Selbstbewußtseins gerichtet; als Zitat nicht nachgewiesen. Vgl. Herbart: Lehrbuch zur Psychologie. 2., verbesserte Aufl. Königsberg: Unzer 1834, § 293, Anm.; ders.: Über die Möglichkeit und Notwendigkeit, Mathematik auf Psychologie anzuwenden. Vorgelesen in der königlichen Deutschen Gesellschaft am 18. April 1822, Anm. 1; sowie Windelband: Die Blüthezeit der deutschen Philosophie. Leipzig: Breitkopf u. Härtel 1880 (Die Geschichte der neueren Philosophie in ihrem Zusammenhange mit der allgemeinen Cultur und den besonderen Wissenschaften Bd. 2. Von Kant bis Hegel und Herbart), S. 383: Aber auch alles dasjenige, was von angeborenen Begriffen oder angeborenen Formen im menschlichen Geiste behauptet worden war, musste bei Herbart in dieser Weise als Erzeugniss der psychischen Entwicklung angesehen werden, und er benutzte dann namentlich seine Theorie der „reihenweis abgestuften Verschmelzung“, um im Gegensatze zur transscendentalen Ästhetik Raum und Zeit aus der Empfindungsthätigkeit abzuleiten. Besonders wichtig aber ist es, dass sich derselben Behandlung auch der Begriff des Ich unterwerfen muss. Herbart weist scharfsinnig nach, dass das Fichtesche „reine Selbstbewusstsein“ den Widerspruch einer doppelten unendlichen Reihe involvire. Wenn es als das sich selbst Vorstellende definirt wird, so ist dabei das, was vorstellt, und das, was vorgestellt wird, immer wieder nur das sich vorstellende Ich, und so fort bis ins Unendliche. Bei dieser formalen Bestimmung kommt niemals ein Inhalt heraus, bei welchem die Vorstellungsthätigkeit Halt machen könnte.3↑„substantielle … Function“ ] vgl. Franz Brentano: Psychologie vom empirischen Standpunkte Bd. 1. Leipzig: Duncker & Humblot 1874, S. 12: Und wenn einer sagt, die Psychologie sei die Wissenschaft von der Seele, und mit dem Namen Seele den substantiellen Träger psychischer Zustände bezeichnet, so spricht er darin die Ueberzeugung aus, dass die psychischen Erscheinungen als Eigenschaften einer Substanz zu betrachten seien. Aber was berechtigt zur Annahme solcher Substanzen?4↑Plato … λογιστικόν. ] vgl. Platon, Politeia 438d–441c: Platons Lehre von der Dreiteiligkeit der Seele, bestehend aus Begehren, Wille und Vernunft.5↑Aristoteles … ὄρεξις. ] Geist, Vernunft; Streben, Begehren: die Seelenteile nach Artistoteles, De anima.6↑Plato … affective. ] Referat nach Franz Brentano: Psychologie vom empirischen Standpunkte Bd. 2. Leipzig: Duncker & Humblot 1874, § 3 und 4 (Nachwirkung der Aristotelischen Klassifikation; Die Dreiteilung in Vorstellung, Gefühl und Begehren).▲