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- TitleNr. 1, Heft mit Fadenheftung und Umschlag aus blauem Papier, mit eigenhändigem Titel Psychologie | Grundriß zu Vorlesungen. | Zuerst Freiburg 1879. W Windelband., auf dem Umschlag Bleistiftnotiz von anderer Hd. Fock 6, Umfang: 48 S., davon beschrieben: 23, Textbeginn auf Bl. 1r, hs. (dt. Schrift), schwarze Tinte, Maße: 20,0 x 16,2 cm, Universitätsbibliothek der Tohoku Universität Sendai (Japan): II, A 2–2 WW 1, 1
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Nr. 1[1], Heft mit Fadenheftung und Umschlag aus blauem Papier, mit eigenhändigem Titel Psychologie | Grundriß zu Vorlesungen. | Zuerst Freiburg 1879. W Windelband., auf dem Umschlag Bleistiftnotiz von anderer Hd. Fock 6, Umfang: 48 S., davon beschrieben: 23, Textbeginn auf Bl. 1r, hs. (dt. Schrift), schwarze Tinte, Maße: 20,0 x 16,2 cm, Universitätsbibliothek der Tohoku Universität Sendai (Japan): II, A 2–2 WW 1, 1
Psychologie[a]
Grundriß zu Vorlesungen.
Zuerst Freiburg 1879.
W Windelband. |[b]
Vorl[esung] 1879.
1 1 bis 2
2 2 bis 4
3 5 bis 7
4 8–9
5 9–11
6 11–13
7 14–15
8 15
9 15–17
10 17–[c]
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14 |[d]
Psychologie = Lehre von der Seele.
Zwei Voraussetzungen: 1) Vorstellung von der Seele 2) Erkennbarkeit ihres Lebens. Zu sehen, ob wir diese machen müssen.
§ 1. Der Begriff der Seele.[e]
Sehr geläufige und ebenso unbestimmte Vorstellung. Gewöhnliche Annahme eines Dinges oder Wesens, welches von[f] dem Körper verschieden und doch mit ihm verbunden sei.
Was hat diese Annahme für einen Ursprung? Das soll begriffen werden, damit der Character als Hypothese klar werde. Denn unmittelbar wahrgenommen wird die Seele jedenfalls nicht.
Interessanter Doppelursprung. Erstens die bewegende Kraft des Körpers, bewegte und selbstbewegliche Körper. Leben und Tod = Trennbarkeit der Bewegungskraft vom bewegten Leibe. Seele in der Wärme, Blut, Luft etc.
Das Gespenst als Urbild des Seelenbegriffs. Der gespenstige Leib. Der Zwillingsbruder des Todes giebt im Traum dazu neue Beiträge. (Tylor[g][2]) Der Traum wird für erlebt gehalten, die Seele ist gewandert. Was nahm sie mit? Einen Schattenleib und die Thätigkeiten des Sehens, Hörens, Denkens, Fühlens, Wollens etc.
Diese Thätigkeiten finden sich nicht mehr am Leichnam. Daher die bewegende Kraft identificirt mit dem Wesen, welches dieselbe ausführt. Zweiter Inhalt. Beide durchdringen sich. So ist der Seelenbegriff entstanden: Wesen, welches denkt, fühlt, will, – und den Körper bewegt.
Einsicht in die Unrichtigkeit der[h] Annahme getrennter Bewegungskräfte. Der Magnet und die thaletische Seele[3]. Die Pflanzenseele. Beseeltheit der Natur und Gestirne. Schillers[i] Entgötterung der Natur durch die Wissenschaft. Wo ist die Grenze? Streit um die Thierseele. Nachweis des physiologischen Mechanismus. Der Körper eine Maschine.
Bleibt Seele nothwendig als Substrat der Thätigkeiten des Denkens etc. Annahme, sie leite den Körper nicht, lebe in sich selbst, nur räthselhaft mit ihm verbunden. (Descartes[j]).
Woher das? Erste Voraussetzung: Handlungen nur an Dingen denkbar – u[nd] ferner, es ist ein Körperbegriff gebildet, von dem diese Thätigkeiten nicht begreiflich sind. Also ein anderes Ding!
Ueberall also nur Hypothese! Diese darf einer Wissenschaft nicht zu Grunde gelegt werden, sondern soll vielmehr in ihr geprüft werden. Woran? an den Thatsachen. Also – „Psychologie ohne Seele“[4].
Aber von welchen Thatsachen ausgehen? Welche sind es, die die Ps[ychologie] zu untersuchen hat? Man kann sagen: Jeder kennt sie. Es wird sich fragen, ob man sie begrifflich definiren kann:
Also Ps[ychologie] = Wissenschaft von den seelischen resp. psychischen Thatsachen.
Erst sie selbst hat zu entscheiden, ob es „Seele“ giebt, und was sie ist. |[k]
§ 2. Die Wissenschaft von den psychischen Thatsachen.[l]
Doch das setzt noch mehr voraus: die wissenschaftliche Bearbeitbarkeit dieser Thatsachen. Damit ist gemeint, daß es Generalisationen innerhalb dieses Gebietes giebt und zwar
a) zu bildende Allgemeinbegriffe von einfachen Elementen
b) von Elementverknüpfungen und zwar
α) gleichzeitigen,
β) von allgemeinen Successionen.
Das giebt zwei Arten: 1) Begriffe 2) Gesetze.
Dies muß, wie überall, vorausgesetzt werden, wenn es Ps[ychologie] als Wissenschaft geben soll. Wäre das unmöglich, so gäbe es keine Ps[ychologie] –
Danach lassen sich im Allgem[einen] folgende Behandlungsweisen übersehen.
1) Versuch von einem Seelenbegriffe auszugehen und daraus zu entwickeln, was sie thun muß, um dies dann in der Erfahrung bestätigt zu finden. Woher dieser Seelenbegr[iff]? Aus dem gemeinen Bewußtsein zu schwankend; scheinbar wissenschaftlich nur aus der Metaphysik.
Also = metaphysische Ps[ychologie]. Terminus: rationale Ps[ychologie].
Vernichtet durch Kant.
2) Ausgang von der Erfahrung der Thatsachen[m], ohne jene Voraussetzung: empirische Psychologie und zwar in zwei Weisen:
a). Rubricirung der Thatsachen unter Begriffe: Descriptive Ps[ychologie]. Etwa in der Stellung der Experimentalphysik u[nd] -chemie, Mineralogie, Botanik, Zoologie, chronikalischen Geschichte.
b). Erklärung der Thatsachen aus Gesetzen: Stellung der theoretischen Physik, Chemie, der Entwickelungsgeschichte, der pragmatischen Historie: Rationale, (Drobisch[n]) – besser: theoretische Psychologie. Unterschied von der eigentlich rationalen darin, daß sie die Prinzipien der Erklärung auch wieder nur in der höchsten und allgemeinsten Erfahrung sucht (die kantische Frage nach Anwendbarkeit der Mathematik zu streifen).
Vielfältigkeit der emp[irischen] Ps[ychologie], namentlich sofern sie theoretisch ist. Daher kritische Feststellung vorherzuschicken.
Nicht eigentliche Geschichte, sondern nur historisch-kritische Einführung, wobei einiges Material natürlich mit zur Sprache kommen muß. |[o]
I Theil. Die Methode der Psychologie.[p]
Ausgang vom Begriffe der psych[ischen] Thätigkeit, die nur zu enumeriren[5] scheinen.
1 Capitel[q] Der Begriff des Psychischen.[r]
Unbestimmte Allgemeinvorstellung wie bei Farben, Tönen, etc.
§ 3. Die totale Differenz des Physischen und des Psychischen. |[s]
§ 4. Unterscheidung des äußeren und des inneren Sinnes. |[t]
§ 5. Die Gegenstände des äußeren Sinnes. |[u]
§ 6. Das Princip der directen und der indirecten Bewußtwerdung. |[v]
§ 7. Propädeutischer Character dieser Definition. |[w]
2 Capitel[x] Vom Bewußtsein.[y]
§ 8. Das Bewußtsein als Function der[z] Vorstellungsstärke. |[aa]
§ 9. Das Bewußtsein als unterscheidende Thätigkeit. |[ab]
§ 10. Das Bewußtsein als Beziehung auf Object und Subject. |[ac]
§ 11. Das Bewußtsein als wirkliche Vorstellung. |[ad]
§ 12. Die unbewußten psychischen Zustände. |[ae]
§ 13. Die Enge des Bewußtseins. |[af]
§ 14. Die Einheit des Bewußtseins.[ag]
3. Capitel[ah] Der Erkenntnißwerth der inneren Erscheinung[ai].[aj]
§ 15. Das Wesen des Selbst. |[ak]
§ 16. Der Begriff der Seele.[al] |[am]
§ 17. Die[an] Bedeutung der Selbsterfahrung. |[ao]
§ 18[ap]. Die Grenzen der Selbsterfahrung. |[aq]
Viertes Capitel. Die psychische Deutung psychischer Phänomene.[ar]
§ 19. Die Voraussetzungen gemeinsamer Forschung und sprachlicher Verständigung. |[as]
§ 20. Das Verhältniß des Bewußtseins zur leiblichen Bewegung.[at]
Kommentar zum Textbefund
b↑Windelband. | ] gegenüber auf der Umschlaginnenseite Inventarstempel; Bl. 1v Besitzstempel der Tohoku und ergänzender Text zur Einfügung, Bl. 2r oben links ein weiterer Stempel über 3 Zeilen des Textes, Fortsetzung des Textes auf Bl. 2raq↑§ … Selbsterfahrung. | ] unterstrichen, Bl. 19v leer, Fortsetzung Bl. 20r, dort gestrichen: § 18. Die Nothwendigkeit der comparativen Psychologie; Bl. 20v leer, Fortsetzung Bl. 21rKommentar der Herausgeber
1↑Nr. 1 ] Erstabdruck in: Horst Gundlach: Wilhelm Windelband und die Psychologie. Das Fach Philosophie und die Wissenschaft Psychologie im Deutschen Kaiserreich, 2017, S. 477–483 (open access: http://heiup.uni-heidelberg.de/heiup/catalog/book/203). Hier eigene Transkription.4↑„Psychologie ohne Seele“ ] vgl. Friedrich Albert Lange: Geschichte des Materialismus und Kritik seiner Bedeutung in der Gegenwart. Iserlohn: J. Baedeker 1886, S. 465.▲