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- TitleWindelband an Paul Siebeck, Heidelberg, 15.12.1913, 3 S., hs. (lat. Schrift), mit Wasserzeichen HOFLIEFERANT | DIEFFENBACHER, Staatsbibliothek zu Berlin, Haus Potsdamer Straße, NL 488 A 0354,2
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Windelband an Paul Siebeck, Heidelberg, 15.12.1913, 3 S., hs. (lat. Schrift), mit Wasserzeichen HOFLIEFERANT | DIEFFENBACHER, Staatsbibliothek zu Berlin, Haus Potsdamer Straße, NL 488 A 0354,2
Heidelberg, 15 Dec[ember] 1913[a]
Hochgeehrter Herr Doctor,
Hiermit zugleich geht das Manuskript meiner „Einleitung in die Philosophie“[1] an Sie ab. Ich habe es stark versichert, wegen der Gefahren des Weihnachtspostverkehrs und weil ich von den ersten 61 Seiten, die ich schon vor zwei oder drei Jahren diktiert hatte, leider keinen Durchschlag habe machen lassen. Hierbei lege ich Ihnen nun Vorwort und Inhaltsangabe bei, woraus Sie über das Ganze sich vorläufig orientieren können.
Und nun, wie stehts mit dem Druck? Mir ist es je eher desto lieber, und ich bin zu jeder Beschleunigung bereit. Es werden nach Ihrer damaligen Schätzung[2] etwa 26 Bogen geworden sein.
Vor allem, was wird aus der Encyclopädie von Medicus, für die ich die Einleitung ja zugesagt habe? Ist die überhaupt fest zu Stande gekommen, und ist irgend Aussicht, dass Andere auch ihre Zusage einhalten und in absehbarer Zeit | Bände druckfertig[3] machen? ich habe noch nichts darüber gehört. Mein Interesse ist es aber natürlich, nun so bald als möglich mit dem Buch an die Öffentlichkeit zu kommen. Meine „Einleitung“ kann natürlich auch allein erscheinen, und ich hätte nichts dagegen. Jedenfalls bäte ich um einen Doppeltitel[4]: links Encyklopädie etc. Band I Einl[eitung] etc., rechts dagegen nur „Einleitung in die Philosophie von W. W.“ – denn das Buch muss nötigenfalls seinen Weg allein gehen. Verzeihen Sie, dass ich so darauf halte: aber die Ruge’sche Encyklopädie, bei der ich ja auch ein Hauptträger des ersten Bandes[5] bin, scheint ja immer noch nicht zum zweiten zu kommen[6], und solche Erfahrung macht vorsichtig.
Wenn Sie das Verhältnis zur Medicus’schen Encyklopädie geklärt haben, bitte ich mir über | Stärke der Auflage, Honorar etc. Ihre Vorschläge zu machen; ich werde mir dann gestatten, Ihnen nach Verabredung die Rechnungen des Maschinenschreibers[7] vorzulegen, ohne dessen tüchtige Hilfe ich diesen Abschluss heute noch nicht erreicht hätte.
Lassen Sie mich hoffen, dass ich das Buch, das mir sehr am Herzen liegt, bald fertig vor mir sehe! Wie Ihnen das Vorwort sagt, ist es eine gewollte Ergänzung zu unserm „Lehrbuch“[8]!
Mit den herzlichsten Grüssen Ihr aufrichtig ergebner
W Windelband
Kommentar zum Textbefund
a↑15 December 1913 ] darunter Eingangsvermerk von anderer Hd.: 19.XII.13 sowie von Paul Siebeck: 16.12. Empfang von Brief u MS. per Postkarte priv[at] bestätigt.Kommentar der Herausgeber
1↑„Einleitung in die Philosophie“ ] vgl. Windelband: Einleitung in die Philosophie. Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1914 (Grundriss der philosophischen Wissenschaften. In Verbindung mit Karl Joël, Erich Kaufmann, Eugen Kühnemann, Heinrich Maier, Adolfo Ravà, Heinrich Rickert, Wilhelm Windelband und anderen Fachgenossen hg. v. Fritz Medicus). Ohne Bandzählung, erschien als erster in der Reihe.3↑Bände druckfertig ] in der von Fritz Medicus verantworteten Reihe, unterbrochen durch den I. Weltkrieg, erschienen ferner: Karl Joël: Geschichte der antiken Philosophie (1921); Richard Kroner: Von Kant bis Hegel (2 Bde. 1921), Ernst Cassirer: Die Philosophie der Aufklärung (1932).5↑Hauptträger des ersten Bandes ] vgl. Windelband: Die Prinzipien der Logik. In: Encyclopädie der philosophischen Wissenschaften. Hg. v. W. Windelband u. A. Ruge 1. Bd. Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1913.6↑zum zweiten zu kommen ] ein zweiter Bd. der Ruge/Windelbandschen Encyclopädie der philosophischen Wissenschaften ist nicht erschienen.7↑Rechnungen des Maschinenschreibers ] vgl. Windelband an Siebeck vom 28.8.1913 (u. vom 4.12.1913) sowie Siebeck an Windelband vom 5.9.19138↑Ergänzung zu unserm „Lehrbuch“ ] vgl. das Vorwort zu Windelbands Einleitung in die Philosophie (1914), datiert auf Februar 1914: Die Einleitung in die Philosophie, die ich hiermit der Oeffentlichkeit übergebe, soll die Gesamtheit der philosophischen Probleme und der Richtungen ihrer Lösungsversuche aus einem einheitlichen Grundgedanken entwickeln: sie sieht ihre Aufgabe lediglich in der Anregung zu lebendigem Mitdenken der großen Rätsel des Lebens. Aber sie will auch nicht als Einführung in ein besonderes System der Philosophie gelten, sondern den weitesten Blick auf alle Möglichkeiten der gedanklichen Entscheidung eröffnen. Daß dieser Darstellung eine bestimmte eigene Stellungnahme des Verfassers zugrunde liegt, versteht sich von selbst und wird von dem Kundigen leicht herausgefühlt werden: aber sie soll sich nicht vordrängen und die Gerechtigkeit in der Abwägung der verschiedenen Denkmotive nicht trüben. Im Hinblick auf den Zweck des Buches habe ich es nicht für nötig gefunden, es mit einzelnen literarischen Hinweisen auf die historischen Lehren zu belasten, die darin berührt sind: wer die Untersuchung in dieser Richtung weiter verfolgen will, den verweise ich auf mein Lehrbuch der Geschichte der Philosophie, dessen Sachregister den Zugang zum Text und zu der ihm beigegebenen Literatur leicht macht. Die Zusammenstellung dieser beiden Bücher hat aber auch eine sachliche Bedeutung. In einem Aufsatz über ,,Geschichte der Philosophie“ in der von mir herausgegebenen Festschrift zu Kuno Fischers achtzigstem Geburtstage habe ich gezeigt, in welchem Sinne die Geschichte der Philosophie (anders als bei andern Wissenschaften) ein integrierender Bestandteil der Philosophie selbst ist – daß sie nämlich die Werkstätte der philosophischen Problembildung und die Vorbereitung zum System sein soll. Das dort prinzipiell Begründete möchte ich jetzt mit der Beziehung zwischen den beiden Büchern erläutert und erhärtet – ich möchte das dort in Programm entworfene an meinem Teil geleistet haben. – Für freundliche Hilfe bei der Korrektur sage ich auch an dieser Stelle Herrn Dr. v. Lachner in Heidelberg meinen herzlichen Dank. Ob Karl von Lachner (vgl. Windelband an Paul Siebeck vom 21.12.1913) auch die Herstellung des Manuskripts nach Diktat verantwortet hat, ist nicht ermittelt.▲