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- TitleArnold Ruge an Windelband, Heidelberg, 27.11.1909, Text nach einer Transkription von Klaus Christian Köhnke, Abschrift, Umfang und weitere Besonderheiten nicht bekannt, Staatsbibliothek zu Berlin, Haus Potsdamer Straße, NL 488
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- Physical LocationStaatsbibliothek zu Berlin, Haus Potsdamer Straße
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Arnold Ruge an Windelband, Heidelberg, 27.11.1909, Text nach einer Transkription von Klaus Christian Köhnke[1], Abschrift, Umfang und weitere Besonderheiten nicht bekannt, Staatsbibliothek zu Berlin, Haus Potsdamer Straße, NL 488
27. November 1909
Abschrift. k.[a]
Hochverehrter Herr Geheimrat!
Ihre Zeit ist jetzt so stark in Anspruch genommen, dass ich es nicht wage, zu dieser Belastung beizutragen; ich sende Ihnen deshalb die beiden Titelmöglichkeiten[2], über die Sie noch entscheiden wollen. Haben Sie die grosse Güte, mir das von Ihnen Gewollte zu unterschreiben und zuzusenden. Ich lasse es dann gleich an Siebeck weitergehen, an den ich auch heute geschrieben habe. Sie wissen ja, hochgeehrter Herr Geheimrat, aus unseren Besprechungen und aus der Durchsicht des Vertrages, dass es uns darauf ankommt, auch äusserlich zu dokumentieren, dass Sie, vielleicht noch in höherem Masse als ich selbst an der Komposition der einzelnen Bände beteiligt sind.[3] Die Enzyklopädie soll nicht nur auf dem Titelblatt Ihren Namen und unter den Arbeiten Ihre Gedanken bringen, sondern in der Festsetzung des Themas eines jeden Bandes, in der Heranziehung der Mitarbeiter, kurzum in der ganzen Sache, soll Ihre eigene Wertung gegenwärtiger Philosophen zum Ausdruck kommen. In diesem Sinne meine ich wäre der mit 1 bezeichnete Titelvorschlag[4] am bezeichnendsten. Ob ich nun gerade den Gedanken der Enzyklopädie gehabt habe, das ist doch sehr nebensächlich, die Hauptsache ist doch nun mal, wie solch ein Gedanke realisiert wird. Aber auch der Titel 2[5] ist gut und bezeichnend. – Sowie der Vertrag mit Siebeck perfekt ist, beginne ich mit den Vorbereitungen den Band „Logik“[6] zu redigieren (Windelband, Bergson, Croce, Royce); wir müssen dann mal über das Thema von Bd. 2[7] genau sprechen. Ich hoffe dann spätestens nach Fertigstellung meiner Habilitationsschrift[8] persönlich mit den meisten Autoren verhandeln zu können. Sie werden es billigen, hochverehrter Herr Geheimrat, wenn ich sage, dass das alles, Ihre Einwilligung, Ihre Ratschläge, Ihre Einwendungen gegen zu starkes Betonen methodologischer Interessen im eigentlichsten Sinne des Wortes Redaktionstätigkeiten sind. Welche Verbindlichkeiten mir selbst aus einer derartigen Teilung der Arbeit bei einem ev[entuellen] wirtschaftlichen Vorteil aus der Enzyklopädie erwachsen, das wollen Sie die Güte haben mir zu überlassen. Ich betrachte das als eine Angelegenheit, die nur mich angeht. Den Punkt „Diskretion“[9] über das ganze Unternehmen habe ich auch dem Verleger gegenüber betont und werde es jedesmal tun, wenn ich zur sachlichen Förderung der Angelegenheit irgendwo Verhandlungen pflegen muss. – Die Ausdehnung der gestrigen Abendsitzung mit Mehlis[10] hat mich so ermüdet, dass ich meine Maschine zu Hilfe nehmen musste, um diese wenigen Zeilen einigermassen deutlich zu schreiben. Für Ihre vielen Bemühungen in den letzten Tagen um unsere Pläne danke auch ich Ihnen vielmals.
Ihr ergebenster
(gez[eichnet]) A. Ruge
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
1↑Transkription von Klaus Christian Köhnke ] Kollation derzeit nicht möglich. Der Transkription liegt die Datei Manuskript: Windelband Briefe | herauszugeben von K. C. Köhnke | Ausdruck vom 1.3.2012 zugrunde, die den Herausgebern zur Verfügung steht. Ein Ausdruck dieser Datei befindet sich in öffentlichem Besitz (Universität Leipzig, Nachlass Klaus Christian Köhnke NL 330/3/1/2). Die Signatur des Originals ist mit Stichtag 14.5.2018 noch nicht bekannt. Laut telefonischer Auskunft von Roland Klein, Referat für Nachlässe und Autographen der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz vom 21.11. und 2.12.2016 ist die Erfassung des Nachlasses 488 (Verlagsarchiv Mohr-Siebeck) noch nicht abgeschlossen. Vgl. die Transkription desselben Schreibens in: Nachlaß Köhnke, UB Leipzig NL 330/3/1/4: Klaus Christian Köhnke/Rüdiger Kramme: Abschlußbericht Logos, Teil 2 (Archiv-Katalog) 1916–33; Stichtag 16.11.1993, S. 526–527.3↑Titelmöglichkeiten … sind. ] vgl. Paul Siebeck an Windelband vom 9.11.1909 sowie Ruge an Paul Siebeck vom 27.11.1909: Ich habe nun am letzten Mittwoch [24.11.1909] mit Herrn Geheimrat Windelband unsere Sache eingehend […]. Herr Geheimrat war mit allen meinen Vorschlägen durchaus einverstanden […] Herr Geheimrat wollte sich nur noch überlegen, ob er dem von uns vorgeschlagenen Titelsatz einen Vorschlag von ihm selbst vorzieht; er meinte nämlich es wäre vielleicht besser zu schreiben: „In Verbindung mit Wilhelm Windelband redigiert von Arnold Ruge“. Ich finde ja auch dass das vielleicht sogar noch besser ist insofern, als damit die Art von Windelbands Beteiligung sehr gut hervortritt. […] Der erste Band soll also Arbeiten bringen von Windelband, Bergson, Croce, Royce; wenn das durchzusetzen ist, haben wir allerdings ein glänzendes Programmdocument. Der zweite Band soll dann ein positives Gebiet der Philosophie bearbeiten und nicht wie ich wollte methodologischen Character tragen (zitiert nach: Nachlaß Köhnke, UB Leipzig NL 330/3/1/4: Klaus Christian Köhnke/Rüdiger Kramme: Abschlußbericht Logos, Teil 2 (Archiv-Katalog) 1916–33; Stichtag 16.11.1993, S. 526–527).6↑Band „Logik“ ] vgl. Encyclopädie der philosophischen Wissenschaften. Hg. v. W. Windelband u. A. Ruge, 1. Bd. Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1912. Darin Windelband: Die Prinzipien der Logik, S. 1–60.8↑Habilitationsschrift ] vgl. Arnold Ruge: Die Deduction der praktischen und der moralischen Freiheit aus den Prinzipien der kantischen Morallehre. Tübingen: Laupp 1910 sowie Windelbands Habilitationsgutachten über Arnold Ruge vom 23.5.1910 (Abschnitt Dokumente der vorliegenden Edition).9↑Redaktionstätigkeiten … Diskretion“ ] vgl. Ruge an Siebeck vom 27.11.1909: Spezielle Wünsche Windelbands in Bezug auf den Vertrag und seine Verbindung mit der Encyclopädie sind folgende: 1. dass von irgend einer geschäftlichen Beteiligung d. h. von einer financiellen Ausgleichung seiner Mühen im Vertrag nichts zu stehen hat. […] 2. hat Windelband gewünscht, dass die Encyclopädie zunächst durchaus geheim gehalten wird bis der erste Band vorliegt oder ganz fest in Vorbereitung ist. […] Es hat weder Rickert noch die Redaction des „Logos“ etwas davon zu erfahren (Verlagsarchiv Mohr/Siebeck, Staatsbibliothek Berlin).▲