Bibliographic Metadata
- TitleWindelband an Eduard Schwartz, Baden (Schweiz), 30.9.1908, 3 S., hs. (lat. Schrift), vereinzelt Textverluste durch Lochung, Bayerische Staatsbibliothek München; Autographensammlung, Schwartziana II A
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Windelband an Eduard Schwartz, Baden (Schweiz), 30.9.1908, 3 S., hs. (lat. Schrift), vereinzelt Textverluste durch Lochung, Bayerische Staatsbibliothek München; Autographensammlung, Schwartziana II A
Baden/Schweiz 30/9 08
Vertraulich!
Lieber Freund und Kollege,
Ihr Brief trifft mich in dem Momente, wo ich von hier mit meiner Frau aufbrechen will, um nach der ziemlich scharfen Bade- und Massierkur, die wir beide hier durchgemacht haben, noch eine Woche an den Seen jenseits des Gotthard auszuruhen. Die Mahnung, die ich von mir aus in Ihrer Anfrage[1] sehe, rührt stark an mein Gewissen: aber ich habe die ganze Zeit geschwankt, ob ich ein Recht hätte, Ihnen zu schreiben. ich will Ihnen nun ganz offen sagen: ich würde es sehr schmerzlich empfinden, wenn Sie uns nach Oesterreich entführt würden; ich möchte für den Fall, dass man Sie an der halben Bindung festhält, Ihnen das Herz nicht schwer machen. Aber, wenn ich einmal schreibe, so muss ich sagen, ich wünsche Ihnen Wien nicht. Andrerseits aber möchte ich Ihnen das nicht schreiben, | weil ich Ihnen garnichts Bestimmtes als [G]egengewicht mitzuteilen habe und bis auf den heutigen Tag mitzuteilen habe. Bei dem Kongress in Heidelberg[2] habe ich mit unserm Referenten[3] im Karlsr[uher] Ministerium darüber geredet, und ich habe mit aller Reserve und ohne bestimmte Namennennung ihm bedeutet, dass Gefahr im Verzuge sei und schon „von andrer Seite“ die Hand nach Ihnen ausgestreckt werde. Das durfte ich doch? Es scheint aber, dass die Freiburger Sache noch nicht formell instradiert[4] ist. ich kann nicht einmal sagen, ob das betr[effende] Emeritierungsgesuch schon vorliegt. Andrerseits weiss ich, dass es sich in Freiburg – und nicht bloss in der philos[ophischen] Fakultät! – mächtig regt, dass man sie durchaus haben | müsse. Leider bin ich nun durch den Kongress und meine sich daran durchaus nötigerweise sofort anschliessende Badereise aus allem Kontakt gekommen, kann auch – was sie begreifen werden – nicht direkt anfragen. Aber ich komme am 10ten October (zu theologischer Prüfung[5]) nach Karlsruhe und werde im Ministerium vorsprechen. Da werde ich sicher den Stand der Sache erkunden können, ob sie so beschleunigt worden ist, wie ich dringend geraten habe; und dann werde ich Ihnen sofort schreiben, wie es steht. ich hoffe dringend, dass bis dahin das K. K. Ministerium weiter „zögert“. Wenn inzwischen irgend etwas geschehen sollte, worin ich irgend etwas tun könnte, so schreiben Sie mir bitte nach
Lugano[6]-Paradiso, Hôt[el] Reichmann au Lac. Donnerstag 8 Oct[ober] breche ich von da auf, bin Samstag in Karlsruhe und am Abend zu Hause.
Möchte doch mein innigster Wunsch in Erfüllung gehen, dass Baden[7] Sie gewönne!
Inzwischen mit den besten Grüssen meiner Frau an Sie und die Ihrige getreulich Ihr
W Windelband
Kommentar der Herausgeber
1↑Ihrer Anfrage ] bezüglich der Nachfolge Albrecht Dieterichs in Heidelberg, vgl. für alles folgende Windelband an Schwartz vom 20.8.1908.2↑Kongress in Heidelberg ] vgl. Bericht über den III. Internationalen Kongress für Philosophie zu Heidelberg 1. bis 5. September 1908. Hg. v. Th. Elsenhans. Heidelberg: C. Winter 1909.5↑theologischer Prüfung ] Windelband war als Prüfer der Heidelberger Universität an den zentralen staatlichen Prüfungen für das Lehr- und Pfarramt in Karlsruhe beteiligt, vgl. Windelband an Heinrich Rickert vom 23.6.1908.▲
