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- TitleWindelband an Wilhelm Braune, Heidelberg, 22.6.1904, 2 S., hs. (lat. Schrift), UA Heidelberg, RA 5214 (Kuno Fischer-Preis-Stiftung 1904–1914)
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- Physical LocationUniversitätsarchiv Heidelberg
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Windelband an Wilhelm Braune, Heidelberg, 22.6.1904, 2 S., hs. (lat. Schrift), UA Heidelberg, RA 5214 (Kuno Fischer-Preis-Stiftung 1904–1914)
Heidelberg, 22 Juni 1904
Ew. Magnificenz
und dem Engeren Senat[1] beehre ich mich folgenden Vorschlag zu unterbreiten:
Am 23. Juli d[es] J[ahres] wird S[eine] Excellenz Herr Geheimrat Kuno Fischer seinen achtzigsten Geburtstag begehen. Bei der Feier dieses Tages wird leider durch den Gesundheitszustand des Jubilars jede Form der Ehrung ausgeschlossen sein, die sein persönliches Auftreten voraussetzte. Auch der Engere Senat wird also für seine Beglückwünschung sich auf Zusendung einer Adresse[2] beschränken müssen.
Aber es fragt sich, ob nicht ein Weg zu finden ist, um bei diesem Anlass für die Universität ein dauerndes Erinnerungszeichen an die grossartige Lehrwirksamkeit des verehrten Mannes zu gewinnen. Nach Besprechungen mit einigen Herrn Collegen bin ich zu der Ansicht gelangt, dass die beste Form dafür die Begründung einer Stiftung[3] wäre, aus deren Mitteln ein
Kuno-Fischer-Preis
errichtet werden könnte.
Ein solcher Preis wäre etwa alle fünf Jahre für die beste in dem jeweilig ablaufenden Lustrum[4] erschienene deutsche Leistung aus dem Gebiet der Geschichte der Philosophie zu verleihen. Er sollte in einer Summe, deren Höhe von den Zinsen des etwa zusammenkommenden Capitals abhinge, oder in einer goldnen Medaille desselben Wertes bestehen. Wenn der Engere Senat die Initiative zur Begründung des Preises übernimmt, empfiehlt es sich wohl, die Verleihung des Preises der philosophischen Fakultät zu übertragen.
Mein Vorschlag geht also dahin, der Engere Senat wolle durch einen Aufruf[5] die hiesigen Collegen und die der übrigen Universitäten, zugleich aber öffentlich alle Zuhörer und Verehrer Kuno Fischer’s zur Teilnahme an der Begründung dieser Stiftung einladen, in erster Linie aber die nötigen Schritte | tun[a], um anzufragen, ob vielleicht S[eine] Königl[iche] Hoheit der Grossherzog die Gnade haben würde, das Protectorat über die Stiftung zu übernehmen.
Wilh. Windelband
Kommentar zum Textbefund
a↑Schritte | tun ] vor Seitenwechsel Adresse: An den Prorector der Universität Herrn Hofrat Dr. Braune Magnificenz hier.Kommentar der Herausgeber
2↑Zusendung einer Adresse ] vgl. UA Heidelberg, H-IV-102/136 (Philosophische Fakultät 1903–04, Dekan: Henry Thode), Bl. 229 die Adresse der philosophischen Fakultät an Kuno Fischer zum 80. Geburtstag vom 23.7.1904; Bl. 232 das Dankschreiben Fischers vom 26.7.1904, nach Diktat. Vgl. den Aufruf zur Beteiligung an einer weiteren Adresse an die Schüler und Verehrer Kuno Fischer’s in: Heidelberger Zeitung, Nr. 164 vom 16.7.1904, Zweites Blatt, S. 3 (weitere Abdrucke in Nr. 165 (18.7.1904), Nr. 167 (20.7.1904). An diesen Sammlungsaufruf schloß sich ein Prozeß gegen den Kassierer wegen Unterschlagung an, vgl. Nr. 18 vom 21.1.1905, Erstes Blatt, S. 2, mit Windelband als Zeugen.3↑Stiftung ] die Kuno-Fischer-Preisstiftung, mit staatlicher Genehmigung vom 4.2.1905 gegründet (Meldung in Hochschul-Nachrichten (Paul von Salvisberg) Heft 166/Nr. 10 von Juli 1904, S. 269); vgl. in derselben Akte die Zeichnungslisten, die Aufrufe an alle Universitäten und die Presse sowie den Statutentwurf von Windelband vor der Beratung im Senat vom 29.11.1904. Windelband selbst zeichnete 50 Mark, Wilhelm Dilthey z. B. 20 Mark, Heinrich Rickert (Rükert) 30 Mark. Der Kontostand bei der Oberrheinischen Bank Filiale Heidelberg betrug am 30.9.1904: 10575,40 Mark. Zur Vergabe des Preises vgl. die Gutachten Windelbands vom 14.7.1909 u. 9.7.1914 im Abschnitt Dokumente der vorliegenden Edition. Vgl. außerdem den Aufruf des Engeren Senats der Universität Heidelberg, unterzeichnet u. a. von Windelband, versandt im Juli 1904: Am 23. Juli vollendet Kuno Fischer sein achtzigstes Lebensjahr. Auf seinen eigenen ausdrücklichen Wunsch wird jede äußere Feier dieses Tages unterbleiben. Um so lebhafter aber ist das Bedürfnis, bei diesem Anlaß in einer für die Zukunft dauernden Gestalt den Dank und die Verehrung für den Mann zu betätigen, der als einer der geisteskräftigsten Träger der Tradition aus der großen Zeit deutscher Philosophie und Dichtung durch den Glanz seiner Vorlesungen, wie durch die eindringliche Klarheit seiner Werke eine hervorragende und bedeutsame Stellung in der Bildungsgeschichte unseres Volkes erworben hat. Als die geeignetste Form dazu erscheint es, an der Stätte seiner ersten und letzten akademischen Wirksamkeit, an der Heidelberger Universität, eine Stiftung zu begründen, aus deren Mitteln etwa alle fünf Jahre ein Kuno Fischer-Preis in Gestalt einer goldenen Medaille oder ihres Wertes für die beste wissenschaftliche Leistung erteilt werden soll, die auf dem Gebiete der Geschichte der Philosophie in Deutschland während des jeweils ablaufenden Lustrums erschienen ist. Zur Begründung einer solchen Stiftung wenden wir uns zunächst an den Lehrkörper unserer Ruperto-Carola; aber wir glauben, daß auch unter unsern Herren Kollegen an den übrigen deutschen Hochschulen, daß unter den zahlreichen Zuhörern, die seit mehr als fünfzig Jahren bewundernd zu Kuno Fischers Füßen gesessen haben, daß unter den ebenso zahlreichen Verehrern seiner Schriften vielen es willkommen sein wird, sich mit uns zu dieser Ehrung zu vereinigen, und wir hoffen damit dem Jubilar den gemeinsamen Dank aller der Kreise darzubringen, auf die er segensreich gewirkt hat. Beiträge zu der Stiftung des Kuno Fischer-Preises wolle man an die Oberrheinische Bank in Heidelberg einsenden (Deutsche Literaturzeitung, Nr. 28 v. 16.7.1904, Sp. 1748). Vgl. auch Windelband an Rickert vom 22.7.1904.5↑Aufruf ] vgl. z. B. den Aufruf zur Zeichnung von Stiftungsbeiträgen unter dem Titel Unter dem Protektorat seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs von Baden in: Heidelberger Zeitung, Nr. 153 vom 4.7.1904, Erstes Blatt, S. 2. Ein gleichlautender Aufruf in: Deutsche Literaturzeitung, Nr. 28 vom 16.7.1904, Sp. 1748.▲