Bibliographic Metadata
- TitleWindelband an Paul Siebeck, ohne Ortsangabe, 10.3.1902, Text nach einer Transkription von Klaus Christian Köhnke, Umfang und Besonderheiten nicht bekannt, Staatsbibliothek zu Berlin, Haus Potsdamer Straße, NL 488
- Creator
- Recipient
- Participants
- Place and Date of Creation
- Series
- Physical LocationStaatsbibliothek zu Berlin, Haus Potsdamer Straße
- URN
- Social MediaShare
- Archive
- ▼
Windelband an Paul Siebeck, ohne Ortsangabe, 10.3.1902, Text nach einer Transkription von Klaus Christian Köhnke[1], Umfang und Besonderheiten nicht bekannt, Staatsbibliothek zu Berlin, Haus Potsdamer Straße, NL 488
[10.3.02][2]
Sehr geehrter Herr Doctor,
Einer meiner besten Schüler, Herr[a] O[tto] Baensch in Berlin-Wilmersdorf wünscht seine Dissertation über „Lambert’s Philosophie und ihr Verhältniß zu Kant“ (so ungefähr der Titel[3]) in Verlag zu geben, und wie ich ihm zugeraten habe, sich an Sie zu wenden, so möchte ich Ihnen diese Sache warm empfehlen. Die Arbeit ist vortrefflich[4] und bringt wesentlich Neues, was die bisherige Auffassung des Gegenstandes sehr zu ändern, z[um] Th[eil] umzustoßen geeignet ist. Gut geschrieben, wird sie auch sicher ihr Publikum finden.
Um den Kreis der Interessenten nicht durch die akademischen Pflicht-Exemplare (180) zu verringern, wird es sich empfehlen, diese Pflicht-Ausgabe auf einen Teil, etwa bloß die Darstellung der Philosophie Lambert’s zu beschränken, wobei gerade die zur Geschichte der Philosophie wichtigen Consequenzen der buchhändlerischen Ausgabe vorbehalten blieben: wenn Herr[b] Baensch einen solchen Antrag[5] an die Fakultät stellt, werde ich ihn befürworten, und in solchen Fällen pflegt die Genehmigung nicht auszubleiben.
Von mir kann ich nur berichten, daß ich sehr müde aus dem Semester komme. Ich war sehr fleißig und doch für Sie faul. Denn ich hatte mir mit z[um] Th[eil] neuen Vorlesungen[6], einem großen Seminar, vielen Doctorarbeiten, dazu auswärtigen Vorträgen[7] offenbar zu viel vorgenommen und bin mit meinen eigenen Arbeiten kaum fortgeschritten. Auch die Ferien lassen sich zunächst ungünstig an u. ich bin eben im Begriffe, für eine Woche nach Baden-Baden zu gehen, um etwas auszuruhen; dann ist bei mir im Hause Hochzeit (meiner zweiten Tochter)[8], und das kostet natürlich 14 Tage. Für den Sommer jedoch habe ich mich verhältnißmäßig frei gemacht, und dann soll es ordentlich an die Willensfreiheit[9] und möglichst an den ersten Band der Logik[10] gehen.
Daß Rickert’s vortreffliches Buch[11] nun abgeschlossen vorliegt, gereicht hoffentlich Ihnen zu gleicher Freude wie mir!
Mit ergebenstem Gruße von Haus zu Haus der Ihrige
Windelband
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
1↑Transkription von Klaus Christian Köhnke ] Kollation derzeit nicht möglich. Der Transkription liegt die Datei Manuskript: Windelband Briefe herauszugeben von K. C. Köhnke | Ausdruck vom 1.3.2012 zugrunde, die den Herausgebern zur Verfügung steht. Ein Ausdruck dieser Datei befindet sich in öffentlichem Besitz (Universität Leipzig, Nachlass Klaus Christian Köhnke NL 330/3/1/2). Die Signatur des Originals ist mit Stichtag 14.5.2018 noch nicht bekannt. Laut telefonischer Auskunft von Roland Klein, Referat für Nachlässe und Autographen der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz vom 21.11. und 2.12.2016 ist die Erfassung des Nachlasses 488 (Verlagsarchiv Mohr-Siebeck) noch nicht abgeschlossen.2↑[10.3.02] ] Datumsnachtrag stammt von Rüdiger Kramme nach Autopsie (ca. 1992) im Verlagsarchiv Mohr/Siebeck, damals noch in Tübingen am Verlagssitz.3↑Titel ] vgl. Otto Baensch: Johann Heinrich Lamberts Philosophie und seine Stellung zu Kant. Tübingen/Leipzig: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1902.4↑vortrefflich ] zuerst als Straßburger Preisschrift prämiert, vgl. Windelband an Theodor Nöldeke vom 24.4.1901.6↑Vorlesungen ] Windelband lehrte im WS 1901/02: Psychologie, Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 11–12 Uhr; Geschichte des deutschen Geisteslebens (Litteratur und Philosophie) von Leibniz und Klopstock bis Hegel und Goethe, Montag, Dienstag und Freitag von 6–7 Uhr; Im philosophischen Seminar: Kants Prolegomena; Donnerstag von 6–8 Uhr, privatissime und gratis.8↑Hochzeit (meiner zweiten Tochter) ] Meta Windelband, verheiratet am 24./25.3.1902 mit Oberlehrer Dr. Arthur Goette in Berlin (vgl. Windelband an Rickert vom 18.3.1902).9↑Willensfreiheit ] erschien erst 1904, vgl. Windelband: Über Willensfreiheit. Zwölf Vorlesungen. Tübingen/Leipzig: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1904.10↑Logik ] nach Windelband: Logik. In: Die Philosophie im Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Festschrift für Kuno Fischer unter Mitwirkung v. … hg. v. W. Windelband. 1. Bd. Heidelberg: C. Winter 1904, S. 163–186 (2. Aufl. 1907) und Die gegenwärtige Aufgabe der Logik und Erkenntnistheorie in Bezug auf Natur- und Kulturwissenschaft. In: Congrès international de Philosophie. IIme session tenue à Genève du 4 au 8 Septembre 1904. Rapports et comptes rendus. Publiés par les soins du Ed. Claparede. Avec 17 figures et 5 portraits hors texte. Genf: Henry Kündig 1905, S. 104–119 erschien erst wieder 1912 eine Abhandlung von Windelband zur Logik bei Mohr: Die Prinzipien der Logik. In: Encyclopädie der philosophischen Wissenschaften. Hg. v. W. Windelband u. A. Ruge, 1. Bd. Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1912, S. 1–60. Zu dem lange verfolgten, jedoch nie realisierten Plan einer (zweibändigen) Logik vgl. erstmals Windelband an Jellinek vom 9.10.1888; sowie Windelband an Siebeck vom 30.1.1888, 11.6.1888, 28.1.1889, 7.7.1904, 31.7.1904, 5.10.1906; sowie letztmals Siebeck an Windelband vom 21.10.1906, worin das Erscheinungsdatum Sommer/Herbst 1907 avisiert wird.11↑Rickert’s vortreffliches Buch ] vgl. Rickert: Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung. Eine logische Einleitung in die historischen Wissenschaften. 2. Hälfte. Tübingen/Leipzig: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1902.▲