Bibliographic Metadata
- TitleWindelband an Georg Jellinek, Straßburg, 11.7.1894, 4 S., hs. (dt. Schrift), Textverluste durch Aktenheftung, Bundesarchiv Koblenz, Nachlass Georg Jellinek, N 1136/32
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- Physical LocationBundesarchiv Koblenz
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Windelband an Georg Jellinek, Straßburg, 11.7.1894, 4 S., hs. (dt. Schrift), Textverluste durch Aktenheftung, Bundesarchiv Koblenz, Nachlass Georg Jellinek, N 1136/32
Strassburg 11/7 94
Lieber Freund,
Vergebens habe ich bisher darauf gehofft, von Dir und Deiner lieben Frau[1], von den weiteren Erfolgen Eurer Ferienreise, die mit dem uns so wertvollen Zusammentreffen in Baden[2] begann, Weiteres zu hören. Die übliche Badener Zusammenkunft[3] ist ja leider, weil Rohde bei Euch, wie er schrieb, auf zu geringe Teilnahme stieß, abgesagt worden. Nun wird mir aber die Frage brennend, was bei Euch zu Kuno’s[4] in 10 Tagen bevorstehendem 70. Geburtstage geschieht. Nach Besprechungen[5], die im Beginne des Semesters statt|fanden und über welche ich Dich zunä[chst] Schweigen zu bewahren bitte, würd[en] seine Fachcollegen von hier und von Freiburg bereit sein, persönlich zu erscheinen, sobald eine entsprechende Feier bei Euch abgehalten würde. Unter diesen Umständen bitte ich Dich, da ich die Sache angeregt habe und zu informiren hätte, mir nun baldmöglichst mitzuteilen, wie es damit steht. Sollte man sich bei Euch völlig zurückhalten, so behalten wir uns vor, was zu tun ist; veranstaltet Ihr irge[nd]etwas, woran wir uns beteiligen können, so bin ich und sind, wie ich hoffe, | auch die anderen nach wie vor gern dabei. Aber wir sollten’s nun recht bald wissen!!
Hierbei zugleich eine andre Mitteilung: Wien ist tatsächlich an mich gekommen, und ich habe es abgelehnt.[6] ich war selbst da, drei Tage lang. Welch eine herrliche Stadt, und was für liebenswürdige Menschen! Aber Du wirst begreifen, lieber Freund, daß ich, wie die Sachen einmal liegen, trotz der großen Verlockung, welche sachlich in dieser centralen und weitgreifenden Wirksamkeit lag, und welche mir namentlich Zimmermann[7] als eine Pflicht im Interesse der philosophischen Sache darzulegen wußte, – daß ich trotzdem | das Wagniß dieser Stellung nur dann hätte unternehmen dürfen, wenn man meiner Familie eine zweifellos völlig gesicherte und ganz gute Stellung hätte gewähren können. Dazu aber schien das Ministerium trotz aller sonstigen Freundlichkeit nicht in der Lage, und so habe ich, ohne erst hier Gegenverhandlungen einzuleiten, als der[en] Erfolg ich doch mein Hierbleiben voraussah, sogleich abgelehnt. Das Nähere mündlich! Vorerst aber bitte ich Dich, dies streng vertraulich zu behandeln und Niemandem zu erzählen. Die Herrn in Wien waren in der Hinsicht der Oeffentlichkeit von begreiflich hoher Nervosität und baten wiederhol[t,] ich möchte es doch nicht in die Zeitungen kommen lassen. Auf die Dauer kann ich das natürlich, sobald es sich hier herumspricht, nicht verhindern[8]; aber ich tue alles dazu, um dies so lange als möglich aufzuhalten. Du nur sollst es natürlich vorher wissen, Du wirst es ja bei Dir behalten! – Also quod Kunonem[9] hoffe ich auf baldigen Bescheid.[a]
Mit treuem Gruß von Haus zu Haus Dein
W Windelband
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
6↑Wien … abgelehnt. ] als Nachfolger des demissionierten Franz Brentano (vgl. Hochschul-Nachrichten (Paul von Salvisberg) von Dezember 1894), vgl. Windelband an Wilhelm von Hartel vom 20. u. 23.6.1894 sowie an Ministerialrat Johann Kleemann vom 21.6.1894. Mitteilung über die Ablehnung des Rufes durch Windelband in: Hochschul-Nachrichten Juli 1894.7↑Zimmermann ] Robert (von) Zimmermann (1824–1898), geadelt 1896, seit 1861 Professor der Philosophie an der Universität Wien (BEdPh). Windelband gehörte zu den offiziellen Gratulanten zu Zimmermanns 70. Geburtstag am 2.11.1894, vgl. die Meldung in: Die Presse, Nr. 301 vom 2.11.1894, S. 3–4 (ANNO).8↑nicht verhindern ] vgl. neben den bereits zitierten Zeitungsberichten noch die Meldung in: Die Presse, Nr. 204 vom 27.7.1894, Abendblatt, S. 15 (ANNO) darüber, daß die Straßburger Studenten Windelband eine Ovation dargebracht hätten, weil er den Ruf nach Wien nicht angenommen habe. Auch die Allgemeine Zeitung München meldete die Ablehnung des Rufs.▲