Bibliographic Metadata
- TitleWindelband an Heinrich Rickert, Straßburg, 28.1.1889, 3 S., hs. (dt. Schrift), UB Heidelberg, http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/heidhs2740IIIA-224_4
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Windelband an Heinrich Rickert, Straßburg, 28.1.1889, 3 S., hs. (dt. Schrift), UB Heidelberg, http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/heidhs2740IIIA-224_4
Strassburg 28.1.89
Lieber Herr Doctor,
Sie müssen mich für einen bösen Menschen halten, daß ich Ihnen noch garnicht geschrieben und nicht einmal für die Zusendung Ihres Büchleins[1] gedankt habe, über die ich mich doch so sehr gefreut habe: und ich kann mich für alle diese Nachlässigkeit sogar wirklich nur auf meine allgemeine Schreibfaulheit d. h. also eigentlich nicht entschuldigen. Inzwischen höre ich zum Glück häufiger durch Hensel[2] von Ihnen und freue mich der guten Nachrichten. Daß Sie Sich in der Pflege Ihrer verehrten Frau Gemahlin[3], der ich mich unbekannterweise zu empfehlen bitte, so wohl befinden, macht mir sehr große Freude, und ich wünsche Ihnen in Ihrem häuslichen Behagen den besten Fortgang! |
Wie Ihre Arbeit nun so fertig vorliegt, habe ich wieder dasselbe große Wohlgefallen daran: wenn auch Manches noch nicht ausgeführt ist und in der Ausführung vielleicht noch große Schwierigkeiten bringen würde, so ist doch die Hauptsache wesentlich gefördert, und der allgemeine Gesichtspunct, zu dem Sie gelangt sind, wird sich – wenn auch vielleicht noch mit der einen der andern Verschiebung – als außerordentlich günstig und zu weiteren Einsichten geeignet erweisen. Haben Sie diese Gedanken inzwischen noch weiter verfolgt? Es würde mich sehr freuen, und ich würde hoffen, daß Sie mir dabei auch ferner begegnen würden!
Man sagt, daß Sie in Berlin[4] Sich philosophisch etwas vereinsamt fühlen: ich glaube das gern. Wir treiben hier in der Provinz noch etwas altfränkische Philosophie, zu der sind Sie leider durch jahrelange Gewöhnung | auch angekränkelt worden, und da haben Sie gewiß noch nicht den rechten Sinn für die Actualität der hauptstädtischen Entwicklung mit ihrem naturwissenschaftlichen Empirismus und Positivismus und mit ihrer Strenge einzelforschender Akribie! Da werden Sie nun sehen müssen, wie Sie mit diesen Modernsten auskommen. Gott schenke Ihnen noch eine lange, segensreiche Einsamkeit!
Mit treuem Gruße der Ihrige
Windelband
Kommentar der Herausgeber
2↑Hensel ] Paul Hensel (1860–1930), Straßburger Studienkollege und Freund Rickerts (Elisabeth Hensel (Hg.): Paul Hensel. Sein Leben in seinen Briefen. Frankfurt a. M.: Societäts-Vlg. 1937 (identisch mit der Titelauflage Wolfenbüttel 1947), S. 51–52 u. 404–405), 1888 bei Windelband habilitiert, 1895 zum ao. Prof. ernannt, 1898 in Heidelberg, 1902 o. Prof. in Erlangen (BEdPh).4↑in Berlin ] wo Rickerts Vater Heinrich Edwin Rickert (1833–1902) seit 1874 Reichtagsabgeordneter war (NDB).▲