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- TitleWindelband an Friedrich Theodor Althoff, Straßburg, 7.10.1885, 4 S., hs. (dt. Schrift), Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin, VI. HA Nl Althoff, F. T. Nr. 1020
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- Physical LocationGeheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin
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Windelband an Friedrich Theodor Althoff, Straßburg, 7.10.1885, 4 S., hs. (dt. Schrift), Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin, VI. HA Nl Althoff, F. T. Nr. 1020
Strassburg iE. 7 Oct[ober] 85.
Vertraulich.
Hochverehrter Herr Geheimerath![a]
Im Vertrauen auf Ihre oft bewährte Liebenswürdigkeit nehme ich mir heute die Freiheit, Sie meinerseits mit einer Orientirungsfrage zu behelligen.
Bei einer gestrigen Unterredung gab Herr[b] Coll[ege] Studemund[1] seinem lebhaften Interesse dafür Ausdruck, daß bei Besetzung unserer philosophischen Professur[2] möglichst Herr Prof. Freudenthal[3] in Breslau in Betracht gezogen werden möchte. Diesem Wunsche kann ich insofern durchaus nur beitreten, da ich Herrn[c] Freudenthal – den ich persönlich nicht kenne – als Gelehrten ganz außerordentlich hoch schätze und | auch über seine Persönlichkeit sowie seine Lehrthätigkeit mir von competentester Seite ein äußerst empfehlender Bericht zugegangen ist. So sehr ich daher wünschte, daß dem verdienten Manne die schuldige Anerkennung zu Theil werde, so muß ich doch leider bezweifeln, daß in diesem Falle eine Berufung desselben an unsre Universität möglich sein wird. Zwar seine Confession[4] würde ihm weder bei mir noch, wie ich glaube, bei der großen Mehrzahl der Fakultät im Wege sein: aber die Sache liegt diesmal aus andern Gründen für ihn verhältnißmäßig ungünstig. Die Commission, die ihre Arbeit beinah abgeschlossen hat, konnte sich der Einsicht nicht verschließen, daß im Allgemeinen der Wunsch vorwalte, bei den diesmaligen Vorschlägen hauptsächlich zwei Puncte in Bedacht zu nehmen: einmal, daß man eine Persönlichkeit finde, welche in möglichst vielfältiger Weise ihre akademische und auch ihre lite|rarische Thätigkeit den theoretischen Fächern zugewandt habe, und zweitens daß dieselbe in guter Fühlung mit den Naturwissenschaften, besonders auch der physiologischen Psychologie sei. In beiden Hinsichten aber tritt Herr[d] Freudenthal hinter einer Anzahl von Ordinarien andrer Fakultäten doch soweit zurück, wie er andrerseits in erster Linie stünde, wenn man mehr eine historische und an die classische Philologie sich anlehnende Besetzung wünschte.
Indessen möchte ich nun gern wissen, ob nicht doch irgendwelche Details aus der Vorbildung und der Lehrthätigkeit des Herrn[e] Fr[eudenthal] sich in den erwähnten Beziehungen günstiger, als ich bisher darüber berichtet bin, für ihn gestalten und bei der definitiven Beschlußfassung zu seinen Gunsten von mir geltend gemacht werden könnten. Und da ich bei den sehr geringen Aussichten auf einen jetzigen Erfolg darüber nicht nach Breslau[5] schreiben | möchte, so würden Sie mich, verehrter Herr Geheimerath, ganz außerordentlich verbinden, wenn Sie die Güte haben könnten, mich weiterhin darüber aufzuklären, welche Aussichten, speciell in dieser Hinsicht, für Herrn[f] Fr[eudenthal] bestehen.
Im voraus[g] dankend, verbleibe ich mit bester Empfehlung an Ihre verehrte Frau Gemahlin als Ihr ganz ergebner
Windelband
Kommentar zum Textbefund
a↑Hochverehrter Herr Geheimerath! ] links oben von Althoffs Hd. mit Bleistift: Windelband: Freudenthal | Ø. | II.Kommentar der Herausgeber
1↑Studemund ] Wilhelm Studemund (1843–1889), Philologe, 1864 Promotion in Halle, 1864–1868 Forschungsaufenthalte in Italien, 1868 ao. Prof. in Würzburg, 1869 o. Prof., 1870 in Greifswald, 1872 in Straßburg, 1885 in Breslau (ADB).3↑Freudenthal ] Jacob Freudenthal, vgl. Windelband an Althoff vom 7.9.1883. Freudenthal wurde nicht berufen.▲