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- TitleWindelband an Friedrich Theodor Althoff, Straßburg, 21.12.1882, 4 S., hs. (dt. Schrift), Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin, VI. HA Nl Althoff, F. T. Nr. 1020
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- Physical LocationGeheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin
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Windelband an Friedrich Theodor Althoff, Straßburg, 21.12.1882, 4 S., hs. (dt. Schrift), Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin, VI. HA Nl Althoff, F. T. Nr. 1020
Strassburg i/E. 21. Dec[ember] 1882
Verehrtester Herr Geheimerath,[a]
Indem ich mir erlaube, von Ihrer gütigen Erlaubniß Gebrauch zu machen und auf meine eigne Angelegenheit zurückzukommen, bitte ich, eine kurze Bemerkung vorausschicken zu dürfen. Mit besonderer Freude und Genugthuung begrüße ich es, daß Sie, wie schon früher, so von Neuem zu meinen Gunsten ein Wort bei dem Herrn[b] Kurator[1] einlegen wollen. Aber ich müßte es sehr bedauern, wenn bei diesem auch nur der Verdacht entstünde, ich hätte mich hinter Ihr Wohlwollen gesteckt, und wenn er nicht zweifellos davon überzeugt sein würde, daß Ihre Fürsprache aus Ihrer eignen, liebenswürdigen Initiative hervorgeht. Denn innerhalb der Grenzen, welche ihm die, wie es scheint, | mit der Zeit immer knapper sich gestaltende Finanzlage auferlegte, ist er mir mit großer Freundlichkeit[2] entgegengetreten und hat auch versprochen, dafür zu wirken, daß ich „so bald als möglich“ in die Prüfungscommission berufen würde. Und ich befinde mich ja bei dieser ganzen Gelegenheit durchaus nicht in der Position, formelle Ansprüche erheben oder etwas fordern zu können: ich muß vielmehr jede Anerkennung begrüßen, mit welcher man von den Verhältnissen Notiz zu nehmen für gut findet.
Was geschehen ist, läßt sich sehr einfach zusammenfassen. Bei meiner Berufung wurde (mit Rücksicht auf die damals schon sehr prekäre Geldlage, von der ich durch Liebmann wußte) stipulirt, daß ich am 1 Oct[ober] 1882 mit einer Besoldung von 6000 Mk. eintreten, daß aber diese vom 1 Oct[ober] 1883 an auf 6600 Mk. erhöht werden sollte. Jetzt ist nun verfügt worden, daß meine Besoldung schon vom 1 Oct[ober] 82 an auf 6600 Mk. erhöht sei. Der Vortheil besteht also, wie ich | schrieb[3], nur in dem einmaligen Plus von 600 Mk. für dies erste Jahr; vom nächsten October an bleibt die Sache dieselbe.[c]
Ob nun der Herr[d] Kurator im Stande sein würde, mir mehr materielle Vortheile zu gewähren, muß ich dahingestellt sein lassen: eine formelle Besserung meiner Stellung läge wesentlich darin, wenn es in irgend einer Form möglich wäre, mich zum, wenn auch nur nominellen Mitdirector[e][4] des Seminars zu machen: ich finde es wenigstens nicht hübsch, daß ich meine Seminarzuhörer zum Collegen Laas schicken soll, um sich ihm vorzustellen. – –
Eine Neuigkeit, die Sie gewiß interessiren wird, möchte ich Ihnen bei dieser Gelegenheit mittheilen. Die Ernennung von Geffken[5] zum Geh[eimen] Just[iz] Rath hat hier um so mehr Staub aufgewirbelt, als man sie für den Vorläufer weiterer Titulaturen hielt. Da wir nun hier durchweg der Ansicht sind, daß, wenn wir einmal den Vorzug haben, diese Klas|senunterscheidungen bisher nicht zu kennen[6], es nicht erwünscht sei, sie einzuführen, zumal da eine jetzt erfolgende Massenernennung zahlreiche persönliche Rivalitäten aufrühren könnte, so wird in diesen Tagen dem Herrn[f] Kurator ein Schriftstück überreicht werden, welches die Bitte ausspricht, diese Einrichtung von uns fern zu halten. Die medicinische, philosophische und naturwissenschaftliche Fakultät haben fast einstimmig, die Theologen zum größten Theil unterzeichnet. Die Juristen nahmen an einem Passus Anstand, den ich auch anders gewünscht hätte, und werden einen der Absicht nach gleichlautende Gesammterklärung abgeben. Was mich persönlich betrifft, so hätte ich aus formellen Gründen, da ich badischer Hofrath[7] bin, gewünscht, daß es mir nicht vorgelegt würde, und hatte diesen Wunsch mehreren Collegen ausgesprochen: da es mir trotzdem unterbreitet wurde, konnte ich meine Zustimmung nicht versagen. Man darf nun wol begierig sein, welche Aufnahme diese Bitte finden wird.
Mit dem Wunsch eines fröhlichen Weihnachtsfestes empfehle ich Ihnen und Ihrer verehrten Frau Gemahlin meine Frau und mich, Ihren dankbarst ergebnen
Windelband
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
5↑Geffken ] Friedrich Heinrich Geffcken (1830–1896), Diplomat, Politiker (in Opposition zu Bismarck), Jurist, seit 1872 Prof. in Straßburg (NDB); vgl. Windelband an Althoff vom 30.11.1882.6↑nicht zu kennen ] vgl. Friedrich Paulsen: Die deutschen Universitäten und das Universitätsstudium. Berlin: A. Asher & Co. 1902, S. 126: An den preussischen Universitäten ist der Geheimrat […] nun freilich so gewöhnlich, dass die philosophischen Fakultäten sich vielfach […] als Geheimratskollegien darstellen. Das Strassburger Professorenkollegium hat es abgelehnt diese Verwandlung durchzumachen; ich denke nicht zum Schaden seiner Vornehmheit und Unabhängigkeit; sowie die Mitteilung der Hochschul-Nachrichten (Paul von Salvisberg), Nr. 4 von Januar 1899, S. 75: Die Privatdocenten an der Universität Strassburg. […] Die Universität Strassburg kennt keine Titel; es giebt dort keinen „Hofrat“ und keinen „Geheimrat“; es fehlt ebenso der „Charakter-Professor“, wie er z. B. in Preussen an Privatdocenten verliehen wird; als Zwischenstufe […] existieren nur „Extraordinarien“, teils mit, teils ohne Gehalt und Lehrauftrag, aber […] mit gleichen Rechten, u. a. dem der Stimmabgabe bei der Rektorwahl.▲