Bibliographic Metadata
- TitleWindelband an Victor Ehrenberg, Potsdam, 8.10.1874, 2 S., hs. (dt. Schrift), Staatsbibliothek zu Berlin, Haus Potsdamer Straße, NL Ehrenberg acc. Darmst. 1924.138
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- Physical LocationStaatsbibliothek zu Berlin, Haus Potsdamer Straße
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Windelband an Victor Ehrenberg, Potsdam, 8.10.1874, 2 S., hs. (dt. Schrift), Staatsbibliothek zu Berlin, Haus Potsdamer Straße, NL Ehrenberg acc. Darmst. 1924.138
Potsdam. 8 Oct[ober] 74.
Mein lieber, lieber Ehrenberg!
Wenn Sie wüßten, wie oft ich Ihnen habe schreiben wollen[1], wie oft ich wieder durch mancherlei Schicksalswechsel[2] davon verhindert worden bin, – Sie würden mir weniger zürnen, als Sie es vielleicht thun. Aber Jellinek muß Ihnen gesagt haben, wie sehr ich mich dessen schäme und wie lebhaft immer und immer meine Empfindung für Sie geblieben ist. So mag ich denn – wenn auch jetzt gerade beschäftigter denn je – nicht in eine neue Phase meiner Existenz treten, ohne Ihnen wenigstens diesen kurzen Gruß zu senden, der Ihnen sagen soll, daß ich als Ehemann[3] besser werden will und daß Sie von übermorgen an darauf rechnen dürfen, mit mir zufriedner zu werden! Sobald ich in Leipzig punctuell via Jellinek, sicher weiß, wo sie brieflich aufzu|treiben[a] sind, werde ich Alles thun, meine Sünden wieder gut zu machen. Für heute, lieber Ehrenberg, hoffe ich, entschuldigen Sie mich auch – ich bin wirklich ein gehetztes Reh – aber ich werde zum schönsten Glücke gehetzt.
Leben Sie wohl und seien Sie nicht böse Ihrem alten
W Windelband
Leipzig. Weststraße[4] 81.
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
1↑habe schreiben wollen ] vgl. Jellinek an Ehrenberg aus Leipzig vom 6.6.1874: Seit Windelband hier ist, lebe ich in einer neuen Welt. Mit der sich selbst genügenden Trägheit ist es vorbei, so lange man mit ihm verkehrt, wird man immer zu neuer Thätigkeit angespornt. Die letzte Schranke, das conventionelle „Sie“ ist nun auch zwischen uns gefallen und so besitze ich ihn als Freund und Bruder. In den nächsten Tagen erhältst Du von ihm Brief, der schon schwer auf ihm lastet. Er hat mich gestern in eine Gesellschaft hiesiger Extraordinarii und Docenten eingeführt, von denen mich wahrscheinlich [Georg Friedrich] Knapp, der Statistiker interessiren wird. […] Windelband bewegt sich auf dem Katheder mit eben der Leichtigkeit, wie im persönlichen Verkehr (Christian Keller: Victor Ehrenberg und Georg Jellinek Briefwechsel 1872–1911. Frankfurt a. M.: Klostermann 2005, S. 221–222).2↑Schicksalswechsel ] vgl. Jellinek an Ehrenberg aus Leipzig vom 31.7.1874: den nächsten Morgen erfuhr ich, daß Windelband den schmerzlichsten Verlust erlitten hat, den ein Menschenherz treffen kann, daß seine Mutter plötzlich gestorben ist; sowie Jellinek an Ehrenberg aus Vorderbrühl vom 20.8.1874: Windelband ist auf einige Tage – allein – in die böhmischen Gebirge gezogen und wird wohl bald in Potsdam eintreffen. Er wird jedenfalls Ende September oder Anfang October heiraten. Ich bewunderte die äußere Ruhe, mit der er den schrecklichen Verlust trug, während er doch im Innern tief, tief bewegt war (Christian Keller: Victor Ehrenberg und Georg Jellinek Briefwechsel 1872–1911. Frankfurt a. M.: Klostermann 2005, S. 224 u. 226). Der Hochzeitstermin Windelbands war der 10.10.1874.4↑Weststraße ] Straßenname 1845–1945, seitdem Friedrich-Ebert-Straße (Gina Klank, Gernot Griebsch (Hg.): Lexikon Leipziger Straßennamen. Leipzig 1995).▲