Bibliographic Metadata
- TitleVaihinger (mit Elisabeth Vaihinger) an Friedrich Tromp, Halle, 4.7.1933, 2 S., Ts. mit eU, Briefkopf Prof. Dr. phil. Hans Vaihinger | Geh. Reg.-Rat | Dr. rer. techn. h. c. Dr. med. h. c. | Dr. jur. h. c. | Halle a. S., den … 19 … | Reichardtstr. 15, Wasserzeichen SV PAPIER, Universitätsarchiv Halle-Wittenberg, zu PA 16386 (Aktentitel: Vormundschaftssache | betr. den wegen Geistesschwäche entmündigten Techniker Richard Vaihinger)
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- Physical LocationUniversitätsarchiv Halle-Wittenberg, zu PA 16386
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Vaihinger (mit Elisabeth Vaihinger) an Friedrich Tromp, Halle, 4.7.1933, 2 S., Ts. mit eU, Briefkopf Prof. Dr. phil. Hans Vaihinger | Geh. Reg.-Rat | Dr. rer. techn. h. c. Dr. med. h. c. | Dr. jur. h. c. | Halle a. S., den … 19 … | Reichardtstr. 15, Wasserzeichen SV PAPIER, Universitätsarchiv Halle-Wittenberg, zu PA 16386 (Aktentitel: Vormundschaftssache | betr. den wegen Geistesschwäche entmündigten Techniker Richard Vaihinger)
4.7.1933.
Dienstag
Hochzuverehrender Herr Landgerichtsdirektor Universitätsrat Tromp!
Meiner dankbaren Zustimmung zu Ihrem gütigen Vorschlage[1], die Angelegenheit der Vormundschaftssache unseres Sohnes, des Ingenieurs resp. Technikers Richard Vaihinger[2], Ihrerseits in die Hand nehmen zu wollen, habe ich schon gestern im Büro des Herrn Oberinspektors Schmidt[3] mündlich und schriftlich Ausdruck gegeben. Es würde mir das eine ausserordentliche Erleichterung sein, denn ich selbst stehe ja nun schon im 81. Lebensjahre, bin völlig erblindet und leide an allerlei störenden Beschwerden des Alters, besonders Gedächtnisschwäche.
Vielleicht darf ich nun zu dieser Angelegenheit noch folgendes bemerken. Unser Sohn, der an und für sich ein sehr gutmütiger und liebenswürdiger Mensch ist, aber der leider öfter unzweckmässigen Einflüssen zugänglich war, stand früher und steht vielleicht noch in Verbindung mit einem hiesigen Winkeladvokaten, dessen Name mir nicht bekannt ist, welcher ihm schon einmal eine recht unverständige Handlung suggeriert hat. So hat unser Sohn vor einigen Jahren eine Eingabe an das hiesige Vormundschaftsgericht gerichtet, in welcher er sich über seinen Vormund beklagte, bei dem er doch wie ein Kind im Hause behandelt wurde! Einer der beim Vormundschaftsgericht tätigen Herren Juristen richtete nun an Herrn Obersekretär Backhaus einen vorwurfsvollen Brief. Aber Herr Obersekretär Backhaus hat natürlich diese unberechtigten Vorwürfe abgelehnt und entkräftet. Durch einen Entschuldigungsbrief wurde die Sache dann wieder ins Gleiche gebracht.
Demnach wäre es an und für sich nicht ausgeschlossen, dass unser Sohn wieder etwas Ähnliches machen könnte. Allerdings kann er jetzt im Augenblick nichts tun, denn er ist infolge eines Verkehrsunfalles so fussleidend geworden, dass er jetzt ständig zu Bette liegen muss. Zum Glück ist | sein ihm aus der Schulzeit her noch befreundeter Arzt Dr. med. Karl Riehm Burgstrasse 3 sehr tüchtig und hofft, ihn in absehbarer Zeit wieder völlig herstellen zu können.
So wäre es am zweckmässigsten, wenn die Unterstellung unseres Sohnes unter Herrn Oberinspektor Schmidt als seinen neuen Vormund recht bald[4] in die Wege geleitet würde und womöglich so, dass unser Sohn dabei vor eine vollendete Tatsache gestellt werden würde.
Im Interesse einer ungestörten Weiterbehandlung der Stiftungsangelegenheit der Vaihinger-Schweigger-Stiftung[5] würde es sehr zu begrüssen sein, wenn beide mit einander zusammenhängenden Angelegenheiten in derselben Hand vereinigt wären, nämlich eben in der Hand des Herrn Oberinspektors Schmidt, dem wir zu grösstem Dank verpflichtet wären, wenn er auch diese Angelegenheit in seine bewährte Hand nehmen würde.
Nun hat unser Sohn zwar seit mehreren Jahren ein viel liebenswürdigeres Wesen angenommen, so dass wir eigentlich die oben angeführten Befürchtungen nicht mehr zu hegen brauchen[6], aber wir durften hier das Vorgekommene nicht verschweigen.
Indem wir, meine Gattin und ich, selbst unsere Sache und zugleich die Sache unseres bedauernswerten Sohnes Ihrem gütigen Wohlwollen empfehlen dürfen, zeichnen wir in vorzüglicher Hochachtung als Ihre ergebenen
Hans Vaihinger
Frau Elisabeth Vaihinger, geb. Schweigger[a]
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
1↑Ihrem gütigen Vorschlage ] der Kurator der Universität Halle-Wittenberg, Friedrich Tromp hatte am 28.6.1933 Vaihinger mitgeteilt, dass Universitäts-Obersekretär Paul Backhaus nach Marburg versetzt wurde; Tromp bat um Zustimmung, dass die Vormundschaft auf Verwaltungs-Oberinspektor Schmidt übertragen werde, der bereits die Vaihinger-Schweigger-Stiftung verwaltete.2↑Richard Vaihinger ] entmündigt seit September 1929, vgl. den Satzungsentwurf zur Vaihinger-Schweigger-Stiftung von vor 25.6.1931 (im Abschnitt Dokumente zu Leben und Werk).3↑Herrn Oberinspektors Schmidt ] Gemeinter nicht ermittelt; vermutlich ein Beamter des Kuratoriums der Universität Halle-Wittenberg.4↑recht bald ] Kurator Tromp wandte sich laut Akte am 5.7.1933 an das Amtsgericht (Vormundschaftsgericht) Halle.5↑Vaihinger-Schweigger-Stiftung ] vgl. im Abschnitt Dokumente zu Leben und Werk: Notar Werner Schneider für Ehepaar Vaihinger, Satzungsentwurf Vaihinger-Schweigger-Stiftung, vor 25.6.1931.6↑nicht mehr zu hegen brauchen ] vgl. die spätere juristische Auseinandersetzung UAHW Rep. 6, Nr. 1972: Vaihinger-Schweigger-Stiftung (Beiakte 1), 1936–1938: Rechtsstreit Richard Vaihinger gegen die Universität.▲