Bibliographic Metadata
- TitleVaihinger an Hermann Sudermann, Halle, 15.11.1926, 2 S., Ts. mit eU, Briefkopf PROF. DR. HANS VAIHINGER | Geh. Reg.-Rat | Dr. rer. techn. h. c. Dr. med. h. c. | Halle a. S., den … 192… | Reichardtstr. 15., Wasserzeichen MANILA | SCHREIBMASCHINEN, darunter Flügelrad, Deutsches Literaturarchiv Marbach, COTTA:Sudermann
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- Physical LocationDeutsches Literaturarchiv Marbach, COTTA:Sudermann
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Vaihinger an Hermann Sudermann, Halle, 15.11.1926, 2 S., Ts. mit eU, Briefkopf PROF. DR. HANS VAIHINGER | Geh. Reg.-Rat | Dr. rer. techn. h. c. Dr. med. h. c. | Halle a. S., den … 192… | Reichardtstr. 15., Wasserzeichen MANILA | SCHREIBMASCHINEN, darunter Flügelrad, Deutsches Literaturarchiv Marbach, COTTA:Sudermann
15. November 1926
Hochverehrter Herr Sudermann!
Durch die gütige Übersendung[1] Ihres neuen Romanes nebst eigenhändiger Widmung, haben Sie mir eine nicht bloss hohe Ehre erwiesen, sondern mir auch eine überaus grosse Freude bereitet. Seit einer Reihe von Jahren erblindet, suche ich immer nach Büchern, die sich nach der Tagesarbeit abends zum Vorlesen eignen. Ihr neues Buch war mir schon von meinem Buchhändler warm empfohlen worden, der als Ostpreusse besonderes Interesse für dasselbe hat, da es ja[a] in Königsberg spielt und auf Kant besonderen Bezug nimmt, wie ich vorläufig aus der Inhaltsangabe entnommen habe. So bin ich äusserst gespannt darauf, mir Ihr Buch vorlesen zu lassen, das zum Glück gegenüber so manchem dreibändigen Romane einen psychologisch und ästhetisch normalen Umfang hat. Wie langsam freilich das Vorlesenlassen vor sich geht, das weiss nur der, der wie ich in der traurigen Lage sich befindet nicht mehr selbst lesen zu können. Ihr Buch wird mir um so mehr Freude machen, als es sich in den akademischen Kreisen bewegt, die mir seit mehr als fünfzig Jahren nach ihren guten und nach ihren schlimmen Seiten hin wohlbekannt sind.
Stolz und glücklich macht mich aber vollends Ihr gütiger Brief dadurch, dass er mir mitteilt, dass Sie in der Philosophie des Als Ob den Ausdruck Ihrer eigenen persönlich erworbenen Weltanschauung gefunden haben. Dass ein Mann von Ihrer hohen Qualität und von Ihrer reichen Lebenserfahrung meine Anschauung billigt und sie teilt, das ist ein herrlicher Trost für vieles Böse, was das Schicksal mir zugefügt hat. | Meine letzten Lebensjahre (ich habe schon das 75. vor Kurzem begonnen) werden durch Ihr Bekenntnis hell erleuchtet.
Ich schliesse mit dem warmen Wunsche, dem neuen Romane mögen noch andere folgen, durch die Sie Ihren bald herannahenden 70. Geburtstag[2] aufs Schönste feiern, schöner als ich, dem die Erblindung auch nach dieser Seite hin so viele Entbehrungen auferlegt.
In herzlichster Dankbarkeit Ihr aufrichtig ergebener
Vaihinger
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
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