Bibliographic Metadata
- TitleFranz Wolfgang Garbeis an Vaihinger, Brünn, 17.9.1925, 4 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 1 a
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- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 1 a
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Franz Wolfgang Garbeis an Vaihinger, Brünn, 17.9.1925, 4 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 1 a
Brünn, am 17.IX.1925.
Sr Wohlgeboren Herrn Geh. Reg.-Rat Prof. D Dr Hans Vaihinger, Halle a/d. Saale.
Hochgeehrter Herr Professor!
Empfangen Sie meinen besten Dank für die freundliche Übersendung Ihres interessanten Nietzsche-Gedenkartikels[1]. Ich selbst bin leider nicht in der Lage gewesen, einen – | im[a] Zusammenhang mit der jüngst erschienenen Neuauflage von Reiningers Nietzsche-Werk[b][2] geplanten Aufsatz zeitgerecht fertigzustellen. Meine Gesundheit hat sich nun zwar wieder etwas gefestigt, da aber inzwischen meine Approbation erfolgt ist[3], habe ich mit den Vorbereitungen für das Wintersemester genug zu tun. So musste ich denn auch den ganzen Sommer bei der Arbeit verbringen. Zudem habe ich meine Schrift[4] ‹Irrationalismus und Er|kenntniswissenschaft› noch für den Druck abzuschließen. Es mangelt mir eben allzusehr an Zeit.
Ich werde über ‹Die Philosophie Henri Bergsons[c]› lesen, um die Problembehandlung in der modernen „Lebensphilosophie“[d] an einem typischen Beispiel kritisch darzustellen. Es kommt ja gerade heute sehr darauf an, einsehen zu lernen, dass die Metaphysik (nach Bergson[e] ‹die Wissenschaft, welche ohne Symbole auskommen will[f]›[5]) am allerwenigsten | ohne Symbole auskommen[g] kann, und zwar insbesondere dann, wenn sie sich als „wissenschaftlich“ darbietet, d. h., wenn sie den reinen Erlebnisstandpunkt verlässt. –
Genehmigen Sie, hochgeehrter Herr Professor, mit meinen besten Wünschen den Ausdruck meiner ergebenen Hochschätzung –
F. W. Garbeis.[h]
Kommentar zum Textbefund
b↑Reiningers Nietzsche-Werk ] mit Bleistift unterstrichen und am linken Rd. mit Bleistiftkringel markiertKommentar der Herausgeber
1↑Nietzsche-Gedenkartikels ] 1925 erschienen zwei Gedenkartikel Vaihingers, vgl.: Der Einsiedler von Sils-Maria. Zum Todestage Friedrich Nietzsches. In: Münchner Neueste Nachrichten, Nr. 234 vom 25.8.1925, S. 1 sowie Friedrich Nietzsche. In: Deutsche Allgemeine Zeitung (Ausgabe für Groß-Berlin/Norddeutsche Ausgabe), Nr. 393 vom 21.8.1925, Abendausgabe, S. 2. Der letztere Artikel ist (auch u. d. T.: Friedrich Nietzsche. Zum 25. Jahrestag seines Todes) in zahlreichen Tageszeitungen wieder abgedruckt worden.2↑Reiningers Nietzsche-Werk ] vgl. Robert Reininger: Friedrich Nietzsches Kampf um den Sinn des Lebens. Der Ertrag seiner Philosophie für die Ethik. 2., durchgesehene u. ergänzte Aufl. Wien/Leipzig: Braumüller 1925. Zuerst 1922.3↑Approbation erfolgt ist ] Franz Wolfgang Garbeis (geb. 8.7.1887 in Wörgl) hatte sich 1925 in Wien bei Robert Reininger habilitiert, vgl. Gernot Heiß: „… wirkliche Möglichkeiten für eine nationalsozialistische Philosophie“? Die Reorganisation der Philosophie (Psychologie und Pädagogik) in Wien 1938 bis 1940. In: Kurt Rudolf Fischer, Franz Martin Wimmer (Hg.): Der geistige Anschluß. Philosophie und Politik an der Universität Wien 1930–1950. Wien: WUV Universitäts-Verlag 1993, S. 130–169.4↑meine Schrift ] die Habilitationsschrift blieb offenbar unveröffentlicht. Der einzige bibliographische Nachweis einer Monographie lautet für Garbeis: Das Problem des Bewusstseins in der Philosophie Kants. Eine erkenntnistheoretische Untersuchung der Grundlagen des Denkens und des Seins. Wien/Leipzig: Braumüller 1924.5↑‹die Wissenschaft, welche ohne Symbole auskommen will› ] vgl. Bergson: Einführung in die Metaphysik. Autorisierte Übertragung. Jena: Diederichs 1909, S. 5: Die Metaphysik ist demnach die Wissenschaft, die ohne Symbole auskommen will.▲