Bibliographic Metadata
- TitleGeorg Wobbermin an Vaihinger, Göttingen, 23.12.1924, 1 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXIII, 9 n
- Creator
- Recipient
- Participants
- Place and Date of Creation
- Series
- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXIII, 9 n
- URN
- Social MediaShare
- Archive
- ▼
Georg Wobbermin an Vaihinger, Göttingen, 23.12.1924, 1 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXIII, 9 n
Göttingen, d. 23.XII.24
Hoher Weg 8.
Hochverehrter Herr Geheimrat!
Für Ihre freundlichen Zeilen[1] und für Ihre gütigen Bemühungen in der Angelegenheit des Herrn Studiendirektors Dr. Kessler[2] erlaube ich mir Ihnen meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen. Eine ganz besonders große Freude haben Sie mir durch die liebenswürdige Übersendung der drei Druckschriften[3] gemacht. Ich habe sie mit lebhaftestem Interesse gelesen und habe aus diesen Darlegungen ersehen, daß es allerdings irreführend ist[4], Ihre religionsphilosophische Deutung der Als-Ob-Betrachtung in die Nähe Feuerbach’s zu rücken. Ich werde in der neuen Auflage meines „Wesens der Religion“ den betreffenden Abschnitt umarbeiten, damit jedes Mißverständnis ausgeschlossen wird und der Unterschied von Feuerbach schärfer heraustritt.
Daß ich im Übrigen den Wert Ihrer Als-Ob-Betrachtung außerordentlich hoch einschätze und ihr selbst sehr viel verdanke, habe ich in meinen Vorlesungen und Seminar-Übungen stets aufs nachdrücklichste betont.
Mit den besten Fest-Grüßen und -Wünschen in aufrichtigster Verehrung Ihr ergebenster
G. Wobbermin.
Kommentar der Herausgeber
1↑Ihre freundlichen Zeilen ] wie die übrige Korrepondenz an Wobbermin nicht überliefert; vgl. Mathias Wolfes: Protestantische Theologie und moderne Welt. Studien zur Geschichte der liberalen Theologie nach 1918. Berlin/New York: de Gruyter 1999, S. 659–667.3↑drei Druckschriften ] nicht ermittelt; in Frage kommen Vaihinger: Die Philosophie des Als Ob und das Kantische System gegenüber einem Erneuerer des Atheismusstreites. In: Kant-Studien 21 ([1916]/1917), S. 1–25; ders.: Ist die Philosophie des Als Ob Skeptizismus? In: Annalen der Philosophie. Mit besonderer Rücksicht auf die Probleme der Als Ob-Betrachtung 2 ([1920]/1921), S. 532–537. Jeweils auch als Sonderdruck erschienen.4↑irreführend ist ] vgl. Vaihinger: Ist die Philosophie des Als-Ob religionsfeindlich? In: Gunnar Aspelin u. Elof Åkesson (Hg.): Studier tillägnade Efraim Liljequist den 24 september 1930. Andra bandet. Lund: Aktiebolaget Skånska Centraltryckeriet 1930, S. 193–222, hier 197–198: Man warf irrtümlicherweise den Fiktionalismus der „Philosophie des Als-Ob“ mit dem Illusionismus von Ludwig Feuerbach in einen und denselben Topf. Am stärksten zeigt sich dieser fundamentale Irrtum in dem grossen Religionsphilosophischen Werke von Georg Wobbermin, Systematische Theologie Band 2, das Wesen der Religion (1922 ff.). […] Als mir im Jahre 1924 die irreführende Darstellung Wobbermins zuerst bekannt wurde, erhob ich sofort bei Professor Wobbermin in Göttingen Einspruch dagegen und erreichte dadurch auch, dass der Göttinger Kollege mir in liebenswürdigste Weise schriftlich zusagte, bei der nächsten Auflage seines Buches seine unzutreffende Schilderung des Fiktionalismus und damit auch sein absolut ablehnendes Urteil über denselben abändern zu wollen. Auf Grund jener früheren Darstellung Wobbermins gab vor kurzem ein junger Theologe, […] Gottfried Niemeier, in seiner sonst sorgfältigen und belehrenden Schrift Methoden Grundauffassungen der Religionsphilosophie der Gegenwart (Verl. v. W. Kohlhammer in Stuttgart 1930) auf S. 149 ein absolut absprechendes Urteil über die Religionsauffassung der „Philosophie des Als-Ob“ ab. Infolge meiner Belehrungen [keine Korrespondenz nachgewiesen] veranlasste der sehr loyale Verfasser die nachträgliche Einfügung einer eignen „Erklärung zu S. 149“ in alle Exemplare seines Buches. Er wahrte darin natürlich seine spezifisch andere religiöse Einstellung, gab aber zu, dass die Beschäftigung und Auseinandersetzung mit der „Philosophie des Als-Ob“ für die Theologie wichtig sei.▲