Bibliographic Metadata
- TitleVaihinger an Kurt Breysig, Halle, 9.11.1916, 1 S., Ts mit eU, Briefkopf (Stempel) Univ.-Prof. Dr. Vaihinger | Halle a. S. | Reichardtstrasse 15., Staatsbibliothek zu Berlin, NL Breysig K 12
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- Physical LocationStaatsbibliothek zu Berlin, NL Breysig K 12
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Vaihinger an Kurt Breysig, Halle, 9.11.1916, 1 S., Ts mit eU, Briefkopf (Stempel) Univ.-Prof. Dr. Vaihinger | Halle a. S. | Reichardtstrasse 15., Staatsbibliothek zu Berlin, NL Breysig K 12
Diktat
Halle a. S Reichardtstr. 15. 9. Nov[ember] 16.
Herrn Professor Dr. Curt Breysig, Rehbrück bei Potsdam.
Hochgeehrter Herr Kollege!
Als ich vor 14 Tagen Frau Dr. Förster[a]-Nietzsche im Nietzsche-Archiv besuchte[1], zu dessen Verwaltungsausschussmitgliedern ich gehöre, gab sie mir die Anregung, die neue Feldausgabe meines Nietzsche-Buches[2] Ihnen zu übersenden und so folge ich dieser Anregung in der angenehmen Hoffnung, dass Sie diesem kleinen Buche Ihre Aufmerksamkeit zuwenden möchten.
In der Vorrede wird die geschichtliche Frage gestreift, ob es wahr sei, was unsere Gegner behaupten, dass die Machtphilosophie Nietzsches der philosophische Ausdruck des deutschen Machtstrebens sei und dass jene Machtphilosophie zur Steigerung der Machtpolitik Deutschlands beigetragen habe. Ich habe diese Frage verneint, entsprechend meiner eigenen Zurückhaltung gegenüber den Fragen der Tagespolitik. Ob ein Kulturhistoriker wie Sie es sind anders urteilt, weiss ich nicht, aber ich könnte es wohl begreifen.
In früheren Jahren habe ich öfters Ihre interessanten und instruktiven Ausführungen in der „Zukunft“[3] und wohl auch in anderen Organen gelesen und viele Anregung darin gefunden: es ist sehr schade, dass Sie diese zerstreuten Arbeiten nicht in einem Sammelband vereinigt haben. In den letzten Jahren habe ich aber selten mehr Ihren Namen in der Zukunft gefunden.
Aus jenen früheren Aufsätzen aber habe ich den Eindruck gewonnen, dass Sie die Bedeutung Nietzsches für unsere Zeit und für alle Zeiten tiefgründig einschätzen und dass der weite Blick, den Sie als Kulturhistoriker haben, Sie mehr als andere dazu instand setzt, die Ideenwelt eines Nietzsche selbständig zu beurteilen.
Gerne möchte ich wissen[4], ob auch die mit Nietzsches Ideen sich berührenden Gedanken der Philosophie des Als Ob (von der am Schluss meines Nietzsche-Büchleins die Rede ist) in Ihren Gesichtskreis getreten sind. Es läge mir sehr viel daran, dass gerade ein Mann wie Sie sich mit dem Werke beschäftigen möchte, das auch Frau Dr. Förster-Nietzsche und andere Freunde Nietzsches entgegenkommend beachtet haben.
In collegialer Hochachtung Ihr ganz ergebener
Vaihinger[b]
Kommentar zum Textbefund
b↑Vaihinger ] eigenhändig; gegenüber am linken Rd. Notiz von anderer Hd. (Breysig) mit schwarzer Tinte, teilweise unleserlich: An ihn | […] An der Bahre Nietzsches | Eth. u. soziol. Ansch. Nietzsches in […].Kommentar der Herausgeber
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