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- TitleFriedrich Paulsen an Vaihinger, Steglitz bei Berlin, 17.7.1906, 2 S., hs., Briefkopf PROF. DR. FR. PAULSEN | STEGLITZ BEI BERLIN | FICHTESTR. 31., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXIII, 2 c–14
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- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXIII, 2 c–14
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Friedrich Paulsen an Vaihinger, Steglitz bei Berlin, 17.7.1906, 2 S., hs., Briefkopf PROF. DR. FR. PAULSEN | STEGLITZ BEI BERLIN | FICHTESTR. 31., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXIII, 2 c–14
17/7 06[a].
Hochverehrter Herr College.
Zuerst meinen herzlichen Dank für die Freundlichkeit, womit Sie der Angelegenheit des stud[iosus] Lewy[1] näher getreten sind. Die Herren Philologen sind doch überall dieselben!
Auf den Wunsch des Herrn Lewy[b] hab ich mich nun[c] noch an Prof. Freudenthal[2] nach Breslau gewandt[3]: ob dort die dem L[ewy] sehr erwünschte baldige Prüfung möglich sein werde? Wenn von dort nicht günstige Antwort kommt, wird er wohl den 12 Juli abwarten u. sich in Halle[d] melden.
Mit schmerzlichem Bedauern höre ich von dem Fortschreiten Ihres Augenleidens. Tröstlich ist nur, daß der Staar doch die Aussicht auf volle Wiederherstellung des Lichts nicht ausschließt: ein definitiver Verzicht auf das Amt wird also nicht | notwendig sein[4].
Zu einer vorübergehenden Einstellung der Vorlesungen hab ich mich grade auch entschliessen müssen, der Arzt hat sie mir auferlegt. Ich hoffe aber in 8 oder 14 Tagen wieder tanti[e] zu sein.
Mit der Bitte, den Coll[egen] Ebbinghaus zu grüßen u. meine herzlichen Grüsse u. Wünsche für Ihr Befinden anzunehmen Ihr aufrichtig ergebner
Paulsen[5]
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
1↑Angelegenheit … Lewy ] Sachverhalt und Gemeinter nicht zweifelsfrei ermittelt; das Personal- und Studierendenverzeichnis der Universität Berlin führt im fraglichen Zeitraum mehrere Studierende der Philosophischen Fakultät dieses Namens auf. Gemeint ist womöglich Arthur Liebert, der 1908 noch unter seinem Geburtsnamen Arthur Levy in Berlin promoviert wurde (vgl. Levy: Die Philosophie Giovanni Picos della Mirandola. Ein Beitrag zur Philosophie der Frührenaissance ( = Diss. Berlin 1908). Berlin: Ebering 1908. Digitalisat: https://archive.org/details/arthurlevy.diephilosophiepicosdellamirandola.einbeitragzurphilosophiederfruhrena/ (26.4.2024)); ein Studierender namens Arthur Levy ist im Winterhalbjahr 1905/1906, im Sommerhalbjahr 1906 sowie im Winterhalbjahr 1907/1908 und Sommerhalbjahr 1908 an der Universität Berlin für Philosophie eingeschrieben, d. i. vermutlich Liebert (vgl. die entsprechenden Personal- und Studierendenverzeichnisse der Universität Berlin). Es kann auch ein anderer Studierender gemeint sein, etwa Herbert Levy (Näheres nicht ermittelt) oder Immanuel Lewy (1884–1970), 1907 Promotion in Tübingen (https://d-nb.info/gnd/114600981X9 (9.10.2023)), hörte laut eigener Aussage Vorlesungen Paulsens in Berlin (vgl. Lewy: Mose ben Maimûni’s Mischnah-Kommentar zum Traktat Baba Bathra (Kpp. V–X.). Arabischer Urtext mit hebräischer Einleitung, deutscher Uebersetzung nebst kritischen und erläuternden Anmerkungen ( = Diss. Tübingen). Berlin: H. Itzkowski 1907, S. 38. Digitalisat: http://dx.doi.org/10.25673/97636 (9.10.2023)).2↑Prof. Freudenthal ] Jacob Freudenthal (1839–1907), seit 1878 ao. Prof. in Breslau, hatte neben Theologie und Philosophie auch Philologie studiert (BEdPh).4↑ein definitiver Verzicht … notwendig sein ] Vaihinger hatte am 10.02.1906 ein Emeritierungsgesuch gestellt und wurde am 2.7.1906 von seinen Amtspflichten entbunden, vgl. den Abschnitt Chronik biographischer Daten.5↑Von Paulsen ist z überliefert, das anhand seines Inhalts nicht datiert werden kann : ] usätzlich ein undatiertes Fragment(2 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXIII, 2 c–8)wie Sie in H[alle] im Augenblick mit Privatdozenten ausgestattet sind. Ist für die philos[ophischen] Fächer kein Überfluß vorhanden, so würde die ausländ[ische] Herkunft meines Erachtens kein absolutes Hindernis sein. Daß wir ceteris paribus einem Inländer den Vorzug geben, ist natürlich; das wird aber entscheidend doch erst bei der Erteilung eines Lehramts ins Gewicht fallen; die venia legendi bedeutet ja aber nicht einen Lehrauftrag u. auch nicht eigentlich eine Anwartschaft auf solchen. Scheinen Ihnen also die Schriften des Hrn. A. gehaltvoll genug, um die Zulassung als P. D. überhaupt zu rechtfertigen, so würde ich nicht glauben, daß Sie sich durch die Rücksicht auf Dozenten inländ[ischer] Herkunft davon abhalten lassen müssen. Vielleicht qualifiziren ihn seine Studien, die sich mit der Geschichte der Theologie ja aufs engste berühren, grade für die Hallische Universität. Ob er dann weiter prosperirt u. auch einmal für eine Professur in Betracht kommen kann, | das wird ja Gegenstand späterer Tage [kann auch Sorge heißen] sein.Mit freundschaftlichem Gruß Ihr ergbster Paulsen Der erwähnte Herr A. ist nicht zweifelsfrei ermittelt; wenn nicht Hans Amrhein gemeint sein sollte, dann kommt womöglich in Frage: Anathon Aall (1867–1943), Norweger, aufgrund seiner Veröffentlichung Der Logos. Geschichte seiner Entwicklung in der griechischen Philosophie und der christlichen Literatur. Bd. 1: Geschichte der Logosidee in der griechischen Philosophie. Leipzig: O. R. Reisland 1896. Bd. 2: Geschichte der Logosidee in der christlichen Litteratur. Leipzig: O. R. Reisland 1899 nicht an seinem Studien- und Promotionsort Oslo habilitiert, 1897 Aufenthalt in Halle, 1903 gleichzeitig Promotion und Habilitation in Halle, 1904 Privatdozent, 1908 o. Prof. in Oslo, womöglich 1920 Ehrenmitglied der Kant-Gesellschaft (vgl. https://www.catalogus-professorum-halensis.de/aallanathon.html (19.6.2024); Anathon Aall. [Selbstbiographie.] In: Die Philosophie der Gegenwart in Selbstdarstellungen Bd. 5, hg. v. Raymund Schmidt. Leipzig: Felix Meiner Verlag 1924, S. 1–24; Bericht über die Mitgliederversammlung der Kantgesellschaft am 30.5.1920 in: Kant-Studien 25 (1920), S. 472). Nicht völlig auszuschließen auch Nicolaus Awxentieff (geb. 1878 in Pensa, Russland), Studium in Berlin (u. a. bei Paulsen) und Halle, 1905 Promotion in Halle (vgl. den Lebenslauf in Awxentieff: Kultur-ethisches Ideal Nietzsches. Darstellung und Kritik ( = Diss. Halle). Halle: C. A. Kaemmerer & Co. 1905. Digitalisat: https://archive.org/details/kulturethisches00awxegoog/ (19.6.2024), S. 154), allerdings für diesen keine theologischen Studien und kein Kontakt zu Vaihinger nachgewiesen.▲