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- TitleVaihinger an Verlag Georg Reimer, Halle, 20.1.1904, 4 S., hs. (andere Hd., in lateinischer Schrift, mit eU und eigenhändigen Zusätzen in dt. Schrift), Briefkopf PROF. DR. H. VAIHINGER. | Halle a. S., d. … 190 | Reichardtstr. 15., Staatsbibliothek zu Berlin, Nachl. 620, Dep 42, de Gruyter
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Vaihinger an Verlag Georg Reimer, Halle, 20.1.1904, 4 S., hs. (andere Hd., in lateinischer Schrift, mit eU und eigenhändigen Zusätzen in dt. Schrift), Briefkopf PROF. DR. H. VAIHINGER.[a] | Halle a. S., d. … 190 | Reichardtstr. 15., Staatsbibliothek zu Berlin, Nachl. 620, Dep 42, de Gruyter
20.I.1904.
Hochgeehrter Herr Doktor![1]
Ich danke Ihnen für Ihren ausführlichen und freimütigen Brief[2], muss aber dessen Auffassung ebenso freimütig richtig stellen.
Auf die Firma Reuther & Reichard[3] kann ich nicht den geringsten Vorwurf kommen lassen. Dieselben tun für die Kantstudien Alles, was man billiger Weise verlangen kann. Dieselben sind nach dem für mich sehr günstigen Kontrakt[4] verpflichtet, die sämtlichen Kosten für die Drucklegung u. s. w. zu tragen, und bekommen dafür die Abonnements. Diese reichen gerade knapp dazu hin, um jene Kosten zu decken, und darüber hinaus geben Reuther & Reichard noch jährlich 300 M.[b] zu (200 für den Mitredakteur[c][5], 100 für die Honorarkasse). Außerdem sind sie verpflichtet, bei steigender Zahl der Abonnenten noch weitere Zuschüsse zur Honorarkasse zu leisten. |
Der Fehlbetrag von 5–600 M., von dem in dem Aufruf[6] die Rede ist, bezieht sich schlechterdings nur auf die Honorare. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass eine Zeitschrift ohne Honorar zu redigieren, zu großen Missständen führt, und speziell wenigstens bei diesem begrenzten Forschungsgebiet.
Nach dem Kontrakt habe ich selbst mich verpflichtet, für die Füllung der Honorarkasse zu sorgen.[7] Dazu haben verschiedene Mäcene schon mehrfach beträchtliche Mittel gegeben, und zu diesem Zweck wird die Kantstiftung in erster Linie errichtet.
Sie selbst geben für Ihr Archiv – wenigstens für das für Geschichte d[er] Philos[ophie] – kein Honorar. Die Herren[d] Reuther & Reichard[8] geben noch 100 M. zur Honorarkasse, obgleich die Abonnentenzahl der Kantstudien zur Zeit[e] nur 183 beträgt. Ihr Archiv für Geschichte der Philosophie[f] dagegen hat doch mindestens 300 Abonnenten, da Sie ja 350 Exemplare Beilage verrechnen. Trotzdem bezahlt das Archiv für Geschichte der Philosophie[g] keinen Pfennig Honorar! Sie sehen also daraus, dass die Herren Reuther & Reichard beträchtlich mehr tun als Sie selbst, wie ich sie denn überhaupt in jeder Hin|sicht als zuvorkommende und liebenswürdige Verleger rühmen muss.
Ich habe mich über diese pekuniären Fragen mit verschiedenen ersten Verlegern in Verbindung gesetzt und habe auf Grund davon ein Urteil über die Sachlage. Ihnen selbst habe ich seiner Zeit[h] (1898) die Kantstudien[i] angeboten, als Voss nach dem III. Bande sie aufgab[9]. Sie lehnten die Übernahme ab mit der ausdrücklichen Motivierung, dass Sie die Opfer, welche die Zeitschrift erfordere, nicht bringen können. Diese Opfer bringen nun eben Reuther & Reichard.
Ich habe auch mit einem sehr angesehenen ersten Leipziger Verleger[10] etwa vor einem Jahr über die Frage gesprochen, und auch dieser war der Meinung, ein Verleger könne die Zeitschrift nur führen unter der Bedingung, dass für das Honorar von anderer Seite gesorgt würde.
Ich habe es für meine Pflicht gehalten, die Herren Reuther & Reichard vor jedem Vorwurf zu schützen, und bitte Sie, falls in Ihren Kreisen die Sprache | auf die Sache kommt, das Ihrige zur Aufhellung zu tun.
Mit dem Ausdruck größter Hochachtung Ihr ergebener
H. Vaihinger
Kommentar zum Textbefund
c↑Mitredakteur ] danach eigenhändige Fußnote mit Verweisungszeichen eingefügt: *) Ich selbst thue die Arbeit ganz umsonst.Kommentar der Herausgeber
4↑dem … Kontrakt ] vgl. den Verlagsvertrag über die Zeitschrift Kant-Studien vom 9.12.1903 (im Abschnitt Dokumente zu Leben und Werk).5↑Mitredakteur ] d. i. zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich Bruno Bauch, womöglich noch dessen Vorgänger Max Scheler, vgl. den Verlagsvertrag über die Zeitschrift Kant-Studien vom 9.12.1903 (im Abschnitt Dokumente zu Leben und Werk); vgl. Vaihinger an Paul Natorp vom 1.3.1904. Der Wechsel in der Redaktion ist angekündigt in Kant-Studien 8 (1903), S. 488.8↑Herren Reuther & Reichard ] Inhaber des Verlages Reuther & Reichard waren Heinrich Reuther (1847–1923) und Otto Reichard (1961–1923), vgl. Würffel, Reinhard: Lexikon Deutscher Verlage von A–Z. Berlin: Grotesk 2000, S. 708.9↑als Voss … aufgab ] der Verlag Leopold Voss hatte Jg. 1–3 der Zeitschrift Kant-Studien verlegt, dann aber die verlustbehaftete Herausgabe gekündigt, vgl. Vaihinger an Theodor Althoff vom 12.12.1898.10↑Leipziger Verleger ] gemeinter nicht zweifelsfrei ermittelt; Vaihinger hatte, offenbar aufgrund der Finanzen der Zeitschrift Kant-Studien, mit dem Verlag Dürr Kontakt aufgenommen (vgl. Vaihinger an Paul Natorp vom 28.5.1903), dessen Inhaber (gemeinsam mit seinen Söhnen) Otto Friedrich Dürr (1832–1905; Würffel, Reinhard: Lexikon Deutscher Verlage von A–Z. Berlin: Grotesk 2000, S. 193–197) womöglich gemeint ist.▲