Bibliographic Metadata
- TitleErich Adickes an Vaihinger, Kiel, 6.1.1902, 3 S. (inklusive eines undatierten Entwurfs eines Schreibens an Dilthey), hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXI, 1 b, Nr. 6
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- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXI, 1 b, Nr. 6
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Erich Adickes an Vaihinger, Kiel, 6.1.1902, 3 S. (inklusive eines undatierten Entwurfs eines Schreibens an Dilthey), hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXI, 1 b, Nr. 6
Kiel, d. 6/1 02.
Hochgeehrter Herr Professor!
Herzlichen Dank für Ihren ausführlichen inhaltsreichen Brief[1]. Ich möchte ganz gern Dilthey zu erkennen geben, dass ich weiss, dass die Entscheidung über die Hallenser Sache in Berlin liegt und dass von dort die Kühnemann günstigen Bestrebungen ausgehen müssen. (Dass Dilthey in hohem Masse Intriguant[a] ist[2], steht fest; und ebenso, dass er mich im Grunde durchaus nicht leiden kann, weil ich ihm nicht den Hof mache, sondern, wo die Sache es erfordert, ungescheut opponire. Er möchte mich am liebsten in Abhängigkeit halten u. darum nicht E[xtra]-O[rdinarius] oder Ordinar[ius] werden lassen, sondern mir nur so viel Luft machen bei der Schule[3], dass ich seine Ausgabe fertig machen kann.) | Er wird mir gegenüber die Sache immer so darstellen, als habe er alles versucht (auch vielleicht das Ministerium), aber in Halle seien die Schwierigkeiten gewesen. Wollen Sie bitte gütigst umstehenden Brief[b] sich einmal ansehen u. mir schreiben, ob ich ihn absende oder nicht (im ersten Falle mir das Concept auch zurücksenden). Ich bin selbst zweifelhaft, ob es angezeigt ist.
Falls Sie Ihre Mitteilung über die Hallenser Vorschläge überhaupt von mir (auch ohne Nennung Ihres Namens) auch späterhin in den Briefen an Dilthey nicht erwähnt wissen wollen, sagen Sie es bitte. Ich habe bisher ihm gegenüber nichts davon gesagt. Doch könnten Situationen eintreten, wo es mir wertvoll wäre ihm[c] zu schreiben, dass ich die[d] ursprünglichen Vorschläge kenne (eventuell[e] ist ja jetzt schon solch ein Augenblick).
Im älteren Pölitzschen Ontologie-Manuskript[f], das ich von Leipzig hier habe, fand ich heute Morgen beifolgende Stelle[4], die Sie interessiren wird.
Entschuldigen Sie das Ausgewischte[g]!
In grosser Eile mit herzl[ichem] Dank Ihr treu ergebener
Adickes.
Ich schrieb neulich schon an Dilthey, dass ich einmal über „Schiller als Philosoph“ gelesen habe u. mich häufiger mit der Aesthetik Goethes u. Schillers beschäftigt habe, daher auch gern derartige Vorlesungen halten würde.[h] |
An Dilthey[5].
In Halle sollen, wie ich höre, drei experimentelle Psychologen vorgeschlagen sein. Danach[i] wird dort also nicht (wie Sie in Ihrem Brief vom 2/1 fürchteten) das Bedürfnis gefühlt, dass der kommende Mann zugleich ein Vertreter der modernen[j] Litteraturgeschichte sei.
Will man nun im Ministerium kein Ordinariat, sondern nur ein E[xtra]-O[rdinariat], u. fordert Vorschläge nur für Gesch[ichte] der Philosophie (ohne Kühnemann zu nennen oder sonst für ihn einzutreten), so wäre es doch sonderbar, wenn in Halle das bisher nicht gefühlte Bedürfnis nach moderner Litteraturgeschichte sich auf einmal so[k] massgebend äusserte, dass man mich bei[l] den Vorschlägen nicht in der Weise berücksichtigte, wie ich es schon durch meine bisherigen Arbeiten zu verdienen glaube, ganz abgesehen von einem Teil[m] der Kantausgabe, über den Sie ja allein[n] ein Gutachten abgeben können.
Kommentar zum Textbefund
g↑das Ausgewischte ] bezieht sich auf die Worte In … von Leipzig … beifolgende des vorhergehenden Absatzes, deren Tintenauftrag verwischt ist.i↑Danach ] danach gestrichen, mehrfach umformuliert: spielt dort also die moderne Litteraturgeschichte nicht keine die RolleKommentar der Herausgeber
4↑beifolgende Stelle ] liegt dem Schreiben nicht mehr bei, zum Kontext vgl. Adickes an Vaihinger vom 31.12.1901.5↑An Dilthey ] im Entwurf; Schreiben, falls gelaufen, nicht ermittelt. Der Briefwechsel Adickes/Dilthey ist erst ab 1903 nachgewiesen, vgl. Wilhelm Dilthey Briefwechsel Bd. 3 1896–1905. Hg. v. Gudrun Kühne-Bertram und Hans-Ulrich Lessing. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht 2019.▲