Bibliographic Metadata
- TitleGeorg Gerland an Vaihinger, Straßburg, 1.12.1901, 4 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 1 c, Nr. 6
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- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 1 c, Nr. 6
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Georg Gerland an Vaihinger, Straßburg, 1.12.1901, 4 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 1 c, Nr. 6
Straßburg den 1. Dez[ember] 1901
Sehr geehrter und lieber Herr College,
Sie werden einen guten Begriff von mir bekommen haben, daß ich auf drei – z. T. so schön geschriebene – Briefe von Ihnen[1] (doch lächelte mich die altbekannte Handschrift des dritten besonders vertraulich an) erst heute antworte. Verzeihen Sie dies lange Schweigen mit nicht bloß fingierter Geschäftsüberhäufung, mit deren Detaillierung ich Sie nicht anöden will. Viel vernünftiger ist es, Sie führen Ihren Plan bald aus und kommen einmal wieder in das alte Straßburg. Sie werden eine ganz neue Stadt vorfinden, darinnen aber manche Freunde, welche die „alten“ geblieben sind u. sich sehr freuen werden, Sie wiederzusehen. Wiedererkennen | werden wir uns schon, wenn wir auch beide an Alter und Verstand zugenommen haben.
Daß Sie den geographisch-anthropologischen Kant trotz seiner etwas freieren Gewandung in Ihre Kantstudien aufnehmen[2] wollen u. noch dazu unter so günstigen Bedingungen, das freut mich sehr und danke ich Ihnen sehr für Ihre freundliche Bereitwilligkeit. Das Manuskript[a] sollen Sie druckfertig Anfang Januar 1902 erhalten; die Weihnachtsferien werde ich zu seiner völligen Fertigstellung benutzen.
Ich glaube so ziemlich alles studiert zu haben, was über Kants Geographie etc.[b] gedruckt ist; von den Kollegienheften aber war mir nur Rink[3] zugänglich, | u. natürlich Alles von Schöne[c] in der Altpreuß[ischen] M[onats]schrift vorgebrachte[4]. Nun hätte ich einerseits wohl Lust mich an Heinze zu wenden, mit der Bitte, mir Einsicht in einige der bei ihm aufgespeicherten Nachschriften zu gestatten; andererseits aber bin ich zweifelhaft, ob ich es tun soll, da mich 1) die Gewährung dieser Bitte vielleicht in mancherlei Gestrüpp u. auf steinige Pfade führt; 2) da ich nicht glaube, daß ich irgend etwas finden werde, welches meine Auffassung[d] wesentlich abändert; und 3) da aller Wahrscheinlichkeit nach[e] H[einze] die Nachschriften vor ihrem Erscheinen in der Akad[emie-] Ausgabe nicht ausleihen darf und kann. Was meinen Sie? Halten Sie es für wünschenswert, daß ich den Brief nach Leipzig schreibe, so bin ich bereit dazu und bitte daher um Ihren sachkundigen | Rat. Ueberhaupt bitte ich mir jeden Wunsch, den Sie in Beziehung auf meine Abhandlung haben, rückhaltlos[f] mitzuteilen.
Für heute leben Sie wohl und gehen Sie mit den Ihrigen dem fröhlichen Weihnachtsfest vergnügt u. gesund entgegen. Mit besten Grüßen von Haus zu Haus Ihr freundschaftlich ergebener
G. Gerland
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
3↑Rink ] vgl. Friedrich Theodor Rink: Immanuel Kant’s physische Geographie. Auf Verlangen des Verfassers aus seiner Handschrift herausgegeben und zum Theil bearbeitet. Königsberg: Göbbels und Unzer 1802 (als 1. Bd. einer insgesamt dreibändigen Nachlassausgabe).4↑vorgebrachte ] vgl. Gustav Hermann Schöne: Die Stellung Immanuel Kants innerhalb der geographischen Wissenschaft. In: Altpreussische Monatsschrift 33 (1896), S. 217–296.▲