Bibliographic Metadata
- TitleMax Dessoir an Vaihinger, Berlin, 4.10.1901, 3 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXI, 6 b, Nr. 1
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- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXI, 6 b, Nr. 1
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Max Dessoir an Vaihinger, Berlin, 4.10.1901, 3 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXI, 6 b, Nr. 1
[Berlin] W. Goltz Str. 31
4.10.[1]901
Sehr verehrter Herr Professor
Ich lese jetzt in Buchners Study of Kants Psychology, finde es aber immer schwieriger, ueber die vom Stoff etwas ueberladene, und nicht durchweg klar gegliederte u. auch stilistisch nicht leichte Schrift gut zu berichten. Wenn ich mich nicht irre, brachte Ihre Zeitschrift[a] einst eine Selbstanzeige[1] des Verf[asser]s, vielleicht koennen Sie diese mir zuschicken, damit ich klarer sehe, worauf es Herrn[b] B. ankam? Oder wollen Sie mir das Referat[2] ganz erlassen?
Vor kurzem wies ich einen mei|ner Hoerer, einen aelteren Herrn u. frueheren Hauptmann, den Grafen St. zu Dohna[3], an Sie. Paulsen hatte ihm geraten, im allgemeinen sich mit der positiven Seite der K[ant]’schen Philosophie zu beschaeftigen, ich habe ihm als Thema zu[c] Diss[ertation] das Verhaeltnis der religionsphilosoph[ischen] Vorlesungen Kants zu den Schriften vorgeschlagen.[d] Da ich aber nicht sicher war, ob das Material dazu vollstaendig genug gegeben ist, empfahl ich ihm eine Anfrage bei Ihnen[4]. Wenn Sie ihm einen Rat geben koennen, so trifft es keinen Unwuerdigen.
Der 2. Halbband meiner Gesch[ichte] der[e] neueren deutschen Psych[ologie], womit deren 1. Band[5] in 2.er voellig umgearbeiteter Auf|lage abgeschlossen ist, geht Ihnen noch in diesem Monat zu. Vielleicht haben Sie die Freundlichkeit, in den Kant-[f]Studien darauf hinzuweisen[6]; obgleich Kants Psychologie darin weder ausfuehrlich noch zusammenhangend[g] abgehandelt ist, kann man nunmehr, wie ich hoffe, ihre Stellung zu Vergangenheit u. Umgebung mit einiger Deutlichkeit erkennen. Auch in den Ihnen zugegangenen Beitraegen zur Aesth[etik][h] fehlt es nicht an Beziehungen auf Kant.
Mit verbindlichen Empfehlungen Ihr verehrungsvoll ergebenster
Max Dessoir
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
1↑eine Selbstanzeige ] vgl. Buchner, Edward Franklin, Instructor in Pedagogy and Philosophy, Yale University. A Study of Kants Psychology with reference to the Critical Philosophy. (Diss. New-Haven 1893). Monograph Supplement to the Psychological Review, 1896. Mac Millan & Co., New York. (In press). In: Kant-Studien 1 (1896/1897), S. 282–283.3↑Grafen St. zu Dohna ] d. i. Theodor Hermann Stanislaus zu Dohna-Schlodien (1852–1933, Hauptmann a. D. aus Breslau), vgl. Stanislaus Graf zu Dohna: Kants Verhältnis zum Eudämonismus. Berlin: Reuther & Reichard 1902 (Berliner Dissertation vom 19.3.1902), mit Vita. Selbstanzeige des Buches in Kant-Studien 7 (1902), S. 370–371.5↑2. Halbband … 1. Band ] vgl. Dessoir: Geschichte der neueren deutschen Psychologie. 2., völlig umgearbeitete Aufl. 1. Bd. Berlin: Carl Duncker 1902. Aus dem Vorwort zur zweiten Auflage, S. VII u. S. XI–XII: Der erste Band dieser Geschichte der neueren deutschen Psychologie wurde im Jahre 1894 veröffentlicht. Seine nunmehr vorliegende zweite Auflage, die in zwei Teilen 1897 und 1901 erschien, ist eine völlig neue Bearbeitung des Gegenstandes. […] Die Vorarbeiten zum zweiten Band sind so weit fortgeschritten, dass ich hoffe, ihn nach etwa vier Jahren veröffentlichen zu können […] von den auch hier zu Grunde gelegten philosophischen Anschauungen habe ich das Nötigste in meinen Beiträgen zur Ästhetik gesagt, die das Archiv für systematische Philosophie in den letzten Jahren veröffentlicht hat. Berlin, im September 1901. – Ein 2. Band ist nicht erschienen.6↑darauf hinzuweisen ] Dessoir hat stattdessen eine Selbstanzeige seines Buches geliefert, vgl. Kant-Studien 7 (1902), S. 374, deren einleitender Absatz lautet: Mit der Aufforderung zur Einsendung einer Selbstanzeige hat der Herausgeber dieser Zeitschrift die – diese Aufforderung motivierende – Klage verbunden, dass „die Säumigkeit der Berichterstattung durch die meisten Rezensenten geradezu ein Übelstand“ geworden sei [vgl. die gedruckte Beilage zu Vaihinger an Paul Natorp vom 30.3.1903]. Auch ich fühle mich durch diesen sehr berechtigten Vorwurf getroffen. Seit Jahren liegt bei mir zur Besprechung das Buch von E. F. Buchner, A study of Kant’s Psychology. Ich wollte es in einem eigenen Aufsatz über Kants Psychologie ausführlicher behandeln und bin immer noch nicht zum Abschluss des geplanten Artikels gelangt; dadurch ist die Anzeige jenes Buches ungebührlich verzögert worden. So ergreife ich gern die Gelegenheit, um vorläufig zu sagen, dass Buchners Werk (vgl. die Selbstanzeige Bd. I. S. 282 f.) eine gründliche und umfassende Untersuchung ist, die nur unter einer gewissen Schwerfälligkeit in Anordnung und Ausdrucksweise leidet. Vgl. ferner Dessoir: Kant und die Psychologie. In: Kant-Studien 29 (1924), S. 98–120.▲