Bibliographic Metadata
- TitleFelix Krueger an Vaihinger, Frankfurt a. M., 6.4.1901, 7 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 5 n, Nr. 3
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- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 5 n, Nr. 3
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Felix Krueger an Vaihinger, Frankfurt a. M., 6.4.1901, 7 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 5 n, Nr. 3
Frankfurt a/M
6[a]/IV.01.
Sehr geehrter Herr Professor,
Länger als meine Absicht gewesen war, bin ich mit den übernommenen Rezensionen[1] im Rückstand geblieben. Abgesehen von persönlichen Verhältnissen, auf die ich gleich zu sprechen komme, hatten Woltmanns 3 Bücher[2] daran schuld. Sie umfassen so weite Gebiete, daß ich sie ziemlich langsam lesen und dann noch lange bedenken mußte. Den ungewöhn|lichen Umfang meiner Referate entschuldigen Sie wohl mit eben jenem umfassenden Charakter der Bücher und mit der Bedeutung ihres[b] Inhaltes. Auch sind mir manche Ungerechtigkeiten darüber, in Lob und Tadel, zu Ohren gekommen.
Die anderen, noch ausstehenden Besprechungen, vor allen den Aufsatz über Wundts System[c] der Philosophie[3] hoffe ich bald nachliefern zu können. Was den letzten angeht, so möchte ich gern über den nächsten Zweck hinaus einige Bemerkungen zur psychologischen Kritik der Kantischen Ethik geben. Herr Prof. Külpe hat mich aufgefor|dert, für die im nächsten Jahre Wundten zu überreichende Festschrift einen Beitrag[4] zu liefern. Ich habe mich für die „Heterogonie der Zwecke“ (oder so ähnlich) entschlossen. Nun muß ich noch in einzelnen Punkten entscheiden, was ich in diesen, was in den für die Kantstudien bestimmten Aufsatz[d] bringen soll.
Meine akustischen Veröffentlichungen[5] dulden keinen langen Aufschub. Eine zweite Arbeit „Zur Theorie der Kombinationstöne“[6] ist jetzt fertig gesetzt; eine dritte „Differenztöne und Konsonanz“[7] muß noch in den laufenden Band der „Phil[osophischen] Studien“.
Haben Sie Dank, verehrter Herr | Professor, für die freundlichen Worte anläßlich meiner ersten acustica[e][8]. Es entspricht durchaus meinen Wünschen und Interessen, vor allem der entscheidenden Bedeutung Kants für mein ganzes wissenschaftliches Denken, daß ich mit der Kantforschung Fühlung behalte und an Ihrer führenden Zeitschrift nach Kräften mitarbeite. Nur muß ich mit Rücksicht auf meine ethischen und auf die zeitraubenden psychologischen Arbeiten um Nachsicht bitten, wenn ich zuweilen etwas langsam bin. Neue Rezensionen möchte ich nun nicht übernehmen, ehe ich die alten geliefert habe. |
Meine Habilitation für Philosophie habe ich noch auf einige Zeit hinausgeschoben. Als im Januar die zweite, vorhin erwähnte akustische Arbeit fertig war, dachte ich daran in Kiel, weil mir bestimmte Aussichten eröffnet worden waren[9]. Aber damals stieß ich auf unerwartete persönliche Widerstände, sodaß ich an einer anderen Universität erfolgversprechende Schritte that. Im März eröffnete sich mir jedoch die Möglichkeit, bei Hensen[10], dem hervorragenden physiologischen Akustiker, Physiker und Entwicklungs|theoretiker Assistent zu werden. Um meinem naturwissenschaftlichen, speziell biologischen Wissen und Können die lange ersehnte Vertiefung zu geben, entschloß ich mich, nach einigem Konflikt, mit mir selbst und auf dringendes Zuraten Wundts[11], diese Gelegenheit zu benutzen. Ich werde also in den nächsten beiden Semestern im Kieler physiologischen Institute, Hegewischstr[aße] wohnen. –[f]
Haben Sie die Güte, sehr geehrter Herr, Ihrer Frau Gemahlin meine gehorsame Empfehlung und Herrn Dr. Medicus einen Gruß zu vermitteln.
In ausgezeichneter Hochachtung Ihr ergebener
Felix Krueger. |
NB. Von den beiliegenden Referaten[12] darf ich wohl ca. 10 Sonderabdrucke erbitten.
Kommentar zum Textbefund
f↑Institute, … wohnen. – ] am linken Rd. in schwarzer Tinte: / (der Brief ist ebenfalls in schwarzer, davon nicht unterscheidbarer Tinte geschrieben)Kommentar der Herausgeber
1↑den übernommenen Rezensionen ] vgl. Krueger an Vaihinger vom 26.5. sowie vom 17.8.1898; vgl. für den fraglichen Zeitraum die Rezension Kruegers zu: Baumann, Julius: Realwissenschaftliche Begründung der Moral, des Rechts und der Gotteslehre. Leipzig: Dieterich 1898. In: Kant-Studien 5 (1901), S. 215–216 sowie zu Veröffentlichungen Ludwig Woltmanns Krueger: Eine neue Sozialphilosophie auf Kantischer Basis. In: Kant-Studien 6 (1901), S. 284–298.2↑Woltmanns 3 Bücher ] Krueger bespricht im genannten Artikel folgende Veröffentlichungen Woltmanns: System des moralischen Bewusstseins mit besonderer Darlegung des Verhältnisses der kritischen Philosophie zu Darwinismus und Sozialismus. Düsseldorf, Herm. Michels Verlag. 1898. VIII u. 397 S.; Die Darwinsche Theorie und der Sozialismus. Ein Beitrag zur Naturgeschichte der menschlichen Gesellschaft. Düsseldorf 1899. Herm. Michels Verlag. IV u. 397 S.; Der historische Materialismus. Darstellung und Kritik der Marxistischen Weltanschauung. Düsseldorf 1900. Herm. Michels Verlag. VI u. 430 S.3↑Aufsatz über Wundts System der Philosophie ] im fraglichen Zeitraum ist in der Zeitschrift Kant-Studien keine Rezension und kein Aufsatz Kruegers ermittelt über Wundt, Wilhelm: System der Philosophie. Leipzig: Wilhelm Engelmann 1889 oder die 2. Aufl. (1897).4↑Wundten … Beitrag ] Krueger veröffentlichte nicht in: Festschrift für Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage. 2 Teile ( = Wundt, Wilhelm (Hg.): Philosophische Studien 19–20 (1902)). Leipzig: W. Engelmann 1902.5↑Meine akustischen Veröffentlichungen ] vgl. neben den im Folgenden genannten Arbeiten Krueger: Beobachtungen an Zweiklängen. In: Philosophische Studien 16 (1900),S. 307–379 sowie S. 568–663.6↑„Zur Theorie der Kombinationstöne“ ] vgl. Krueger: Zur Theorie der Combinationstöne. In: Philosophische Studien 17 (1901), S. 185–309.7↑„Differenztöne und Konsonanz“ ] erschien nicht in den von Wundt herausgegebenen Philosophischen Studien; vgl. Krueger: Differenztöne und Konsonanz. In: Archiv für die gesamte Psychologie 1 (1903), https://archive.org/details/bub_gb_gaIhAQAAIAAJ/ (20.12.2023), S. 205–275, sowie ders.: Differenztöne und Konsonanz. In: Archiv für die gesamte Psychologie 2 (1903), https://archive.org/details/archivfurdiegesamtepsychologie2.1903princeton/ (20.12.2023), S. 1–80.8↑die freundlichen Worte anläßlich meiner ersten acustica ] etwaiges Schreiben Vaihingers nicht ermittelt; gemeinte Schriften Kruegers nicht ermittelt, sofern nicht die o. g. Arbeiten zu akustischen Themen gemeint sind.9↑in Kiel, weil mir bestimmte Aussichten eröffnet worden waren ] gemeinte Aussichten nicht ermittelt; keine Vakanzen unter den Professuren in Kiel in der fraglichen Zeit.10↑Hensen ] Victor Hensen (1835–1924), Physiologe und Meeresbiologe, 1864 ao. Prof., 1868 o. Prof. in Kiel, Emeritierung 1911 (NDB).11↑auf dringendes Zuraten Wundts ] vgl. Wilhelm Wundt an Krueger vom 3.1.1901 (Universitätsbibliothek Leipzig, Nachlass Wundt, https://collections.uni-leipzig.de/item/UBLNachlassWundt_mods_00000436 (3.10.2024)).12↑beiliegenden Referaten ] liegen nicht bei; meint vermutlich die Manuskripte zu den am Anfang des Briefes genannten Publikationen Kruegers in der Zeitschrift Kant-Studien.▲