Bibliographic Metadata
- TitleMoritz Kronenberg an Vaihinger, Berlin, 19.1.1897, 4 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 5 k, Nr. 4
- Creator
- Recipient
- Participants
- Place and Date of Creation
- Series
- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 5 k, Nr. 4
- URN
- Social MediaShare
- Archive
- ▼
Moritz Kronenberg an Vaihinger, Berlin, 19.1.1897, 4 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 5 k, Nr. 4
Berlin, 19. Januar 1897.
W. Carlsbader 6.
Sehr geehrter Herr Prof.!
In Erwiderung Ihres Briefes[1] will ich zunächst bemerken, daß ich die Recension der Schrift von Tumarkin[2] Ihnen die nächste Woche einschicken werde. Was den eigenen größeren Beitrag für die Kant-Studien anbetrifft, so bin ich gern bereit einen solchen zu liefern, u. ich würde dabei sogar besonderen Wert darauf legen, daß er schon im nächsten Heft erscheint. Ich bitte Sie also freundlichst, mir mitzuteilen, wann dasselbe herauskommt resp. bis zu welchem Termin ich den Aufsatz eingeschickt haben muß – ich denke mir wohl Anfang od[er] Mitte März. Es würde sich um eine Untersuchung des Verhältnisses von Reinhold und Kant[3] handeln, also um ein Gebiet, das bisher meines Wissens nur äußerst wenig angebaut worden ist. Dabei wäre es | mir nun auch sehr erwünscht, zu wissen, wieviel Raum Sie mir zur Verfügung stellen können, damit ich darnach das Thema mehr oder weniger begrenzen kann. In seiner vollen Ausdehnung würde der Aufsatz vermutlich 4–5 Bogen umfassen, also sich wohl auf 2 Hefte notwendig verteilen müssen. –
Was die Besprechung meiner Schrift anbetrifft, so haben Sie neulich Adickes als Recensenten[4] namhaft gemacht, damit wäre ich ganz einverstanden, auch mit Simmel, den Sie in Ihrem letzten Briefe nennen, obwohl dieser vielleicht nicht zu haben sein wird, da er bereits die Besprechung für die Wiener Wochenschrift „Die Zeit“[a][5] übernommen hat. Einen speciellen Wunsch hätte ich eigentlich nicht, aber da Sie so freundlich sind, mich zu einer Äußerung aufzufordern, so möchte ich mir wohl die | Anfrage erlauben, ob, wenn Sie selbst nicht in der Lage sind, vielleicht Prof. Erdmann[b] sich bereit finden ließe. Von der allgemeinen wissenschaftlichen Wertschätzung abgesehen, veranlaßt mich dazu ein doppelter Gesichtspunkt, ein persönlicher u. ein sachlicher. Prof. Erdmann ist mein Lehrer[6] in Seesen a/Harz gewesen, wo ich Schüler der Jacobssonschule bis zu meinem 15. Jahre war; außerdem ist mir nachträglich bekannt geworden, daß er damals vor einer Reihe von Gebildeten der Stadt Vorträge über Kant gehalten hat, ebendasselbe habe ich gethan, und aus diesen Vorträgen – zu welchen ich durch eine frei gebildete Vereinigung veranlaßt worden bin – ist vorwiegend der Antrieb bei mir entstanden, das lebhafte Bedürfnis nach einer für alle Gebildeten gemeinverständlichen, nicht zu umfangreichen Darstellung der Kantischen Lehre, ein Bedürfnis, dessen Vorhandensein ich auch sonst | vielfach bemerkt habe, durch meine Schrift zu befriedigen zu suchen. Ich brauche also wohl kaum auseinanderzusetzen, daß darnach eine Besprechung von Prof. E.’s Seite für mich nach verschiedenen Beziehungen hin ein ganz besonderes Interesse hätte. Ich weiß freilich nicht, ob er die Besprechung für das „Archiv“[7] schon liefert, oder ob dies Prof. Dilthey thut. Übrigens wird es Sie interessieren, daß Prof. Jodl in der N[euen] freien Presse (vom 15. Januar) einen ausführlichen Aufsatz[8] (10 Spalten groß) über mein Buch veröffentlicht hat, der mir nicht nur durch die ehrenvolle Besprechung erfreulich sondern auch rein sachlich, durch die Kritik, welche Jodl an Kant selbst übt, sehr interessant war, wennschon ich keineswegs mit allem übereinstimme. Wenn die N[eue] fr[eie] Pr[esse] Ihnen nicht zugänglich ist, so bin ich gern erbötig, Ihnen ein Exemplar[c] zuzuschicken.
Mit vorzügl[icher] Hochachtung Ihr ergebener
M Kronenberg.
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
3↑Untersuchung des Verhältnisses von Reinhold und Kant ] Kronenberg hat keinen solchen Beitrag in der Zeitschrift Kant-Studien veröffentlicht.6↑mein Lehrer ] womöglich liegt eine Verwechselung des Philosophieprofessors in Halle, Benno Erdmann (1851–1921) mit einem Lehrer für Geschichte namens Dr. Erdmann vor, vgl. Bericht über die Jacobson-Schule zu Seesen am Harz für das Schuljahr 1875/1876. Von Dr. Arnheim, Director der Anstalt. Hannover: Rudolph März 1876.7↑Besprechung für das „Archiv“ ] für Geschichte der Philosophie, hg. von Ludwig Stein; Besprechung nicht nachgewiesen.8↑ausführlichen Aufsatz ] vgl. Friedrich Jodl: Hundert Jahre nach Kant. In: Neue Freie Presse, Nr. 11637 vom 15.1.1897, Morgenblatt, S. 1–4.▲