Bibliographic Metadata
- TitleLudwig Busse an Vaihinger, Marburg, 25.11.1895, 4 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXI, 3 p, Nr. 2
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- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXI, 3 p, Nr. 2
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Ludwig Busse an Vaihinger, Marburg, 25.11.1895, 4 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXI, 3 p, Nr. 2
Marburg, d. 25 Nov[ember] 95.
Hochverehrter Herr Professor!
Ihr freundliches Schreiben[1] erfordert eine umgehende Beantwortung. Sie können Adickes mitteilen, daß ich die Besprechung seiner Kantstudien[2] gerne übernehmen will. Selbstverständlich werde ich ganz sachlich zu Werke gehen – übrigens schätze ich das Buch sehr hoch. Aber ich sehe keine Möglichkeit, ein nicht nur sachliches, sondern auch fachliches Referat schon für das erste Heft, also bis Januar zu liefern. Außer den fortlaufenden Arbeiten für das Colleg – das mir, da ich in Japan[3] aus der alten Philosophie ganz herausgekommen bin, viel zu schaffen macht – | nimmt die Hume-Arbeit[4], nehmen eine Anzahl Referate[5] für die Litt[eratur-]Zeit[un]g, eine ausführlichere Besprechung von Bergmanns Grundproblemen der Logik[6], die ich nicht ablehnen konnte und wollte, meine Zeit in Anspruch, und auf[a] die Weihnachtsferien habe ich schon andere Arbeiten, zu denen ich jetzt auch nicht komme, aufgeschoben. Also im ersten Heft geht’s mit dem besten Willen nicht[b], wenn Sie es nicht vorziehen, das Referat unter diesen Umständen selbst zu übernehmen. Im Uebrigen danke ich Ihnen für Ihre mich ehrende Aufforderung, an Ihrem Unternehmen Mitarbeiter zu werden, der ich, soweit meine geringen Kräfte reichen, gern entsprechen will. Ob die Hume-Arbeit sich nach Umfang und Inhalt für die Studien eignet[c], vermag ich natürlich noch nicht zu übersehen. |
Das Beste wird sein, ich schicke Ihnen das Manuskript[d], wenn es fertig ist zu, und Sie urteilen dann selbst. Sollte es damit nichts sein (sie wird vielleicht zu umfangreich), so kann ich vielleicht Einiges daraus oder aus den sich daranschließenden Kantarbeiten abzweigen: etwas wird sicher herauskommen, und wenn Sie’s gebrauchen können, wird es mir ein großes Vergnügen sein, es bei Ihnen drucken zu lassen. Dem weiteren Prospect[7] sehe ich mit großem Interesse entgegen. Wollen Sie nicht auch ein Ex[emplar] an die Universität zu Tokyo senden?[e] (Mein Nachfolger dort: Dr. v. Köber[8]).
Ich glaubte, daß die Fakultät in Heidelberg[9] auf ein Extraordinariat dringen würde, da K. Fischer doch nicht gut 2 Philosophieprofessuren[10] und eine Literaturprofessur ganz allein ausfüllen | kann. Die ganze Philosophie beschränkt sich dieses Sem[ester] in Heidelberg auf ein Privatcolleg[11] über christl[iche] Philosophie![f] – Aber in H[eidelberg] geschieht halt, was K. F. will. – Von Prof. Jodl erhielt ich vor einiger Zeit (die Mitteilung ist vertraulich[g]) eine Aufforderung, ein curriculum vitae etc. einzusenden; es handle sich um den Vorschlag einer fremden Fakultät. Ich dachte zuerst an Freiburg, bin aber jetzt auf eine andere Vermuthung gekommen, die auf Czernowitz geht. Dort ist der Prof. Hochegger gestorben[12] (der einzige Vertreter d[es] Fachs dort) und die Fak[ultät] hat sich vielleicht an Jodl um Auskunft gewandt. Ob etwas dabei herauskommt, weiß ich nicht, und ob ich dorthin gehen würde, noch viel weniger. Es liegt doch etwas sehr seitab. Mit den besten Wünschen für das Gedeihen der Kantstudien und hochachtungsvollem Gruß Ihr ergebenster
L. Busse
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
4↑Hume-Arbeit ] eine solche erschien nicht, vgl. Busse an Vaihinger vom 6.11.1895 und vom 10.11.1904.5↑eine Anzahl Referate ] Busse war regelmäßiger Mitarbeiter der Zeitschrift Deutsche Litteraturzeitung.6↑Besprechung von Bergmanns Grundproblemen der Logik ] vgl. Busse: Julius Bergmann, Die Grunsprobleme der Logik, 2. völlig neue Bearb. Berlin 1895. In: Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik 108 (1896), S. 290–301.7↑weiteren Prospect ] vgl. die später gedruckte Fassung: [Prospekt] Kantstudien. Philosophische Zeitschrift unter Mitwirkung von E. Adickes, É. Boutroux, Edw. Caird, C. Cantoni, J. E. Creighton, W. Dilthey, B. Erdmann, K. Fischer, M. Heinze, R. Reicke, A. Riehl, W. Windelband und anderen Fachgenossen herausgegeben von Dr. Hans Vaihinger, o. ö. Professor an der Universität Halle a. S. – z. B. in: Archiv für Geschichte der Philosophie 9 (1896), S. 268–270.8↑Mein Nachfolger dort: Dr. v. Köber ] die Rede ist von Raphael Gustav von Koeber (1848–1923) aus Nischni Nowgorod, deutsch-russischer Philosoph, promoviert 1880 in Heidelberg, u. a. Schüler Eduard von Hartmanns. 1893 –1914 Prof. an der Philosophischen Fakultät der kaiserlichen Universität Tokio (WBIS).10↑2 Philosophieprofessuren ] eine zweite Professur bestand an der Universität Heidelberg seit dem Tode Carl Alexander Freiherr von Reichlin-Meldeggs (1801–1877) lediglich auf dem Papier, vgl. UA Heidelberg, RA 6859 (Lehrstühle für Philosophie 1836 (1830) bis 1918).11↑Privatcolleg ] im WS 1895/1896 Dienstag bis Freitag von 4–5 Uhr, angeboten von Kuno Fischer (https://doi.org/10.11588/diglit.2712 (22.8.2024)). Caspari hatte noch drei Veranstaltungen angekündigt, die nicht mehr stattfinden konnten.12↑Prof. Hochegger gestorben ] Rudolf Hochegger (1862–1895), seit 1891 ao. Prof. an der Universität Czernowitz (https://www.biographien.ac.at/oebl/oebl_H/Hochegger_Rudolf_1862_1895.xml (22.8.2024)).▲