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- TitleMichael Bernays an Vaihinger, München, 20.2.1882, 4 S., hs., am Briefkopf gold- und kupferfarben eingeprägtes Monogramm MB, Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXI, 2 m, Nr. 2
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- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXI, 2 m, Nr. 2
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Michael Bernays an Vaihinger, München, 20.2.1882, 4 S., hs., am Briefkopf gold- und kupferfarben eingeprägtes Monogramm MB, Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXI, 2 m, Nr. 2
Verehrter Freund und College!
In jedem Augenblicke bin ich freudig bereit, mein Fürwort zu Ihren Gunsten vernehmen zu lassen. Ich würde dann nicht minder zu meinen eigenen Gunsten sprechen: denn mit wahrer Freude begrüßte ich Sie als akademischen Nachbar, und höchst anlockend wäre mir die Aussicht auf einen näheren wissenschaftlichen und persönlichen Verkehr mit einem Manne, welcher durch seine Gesinnungen und Leistungen mir die gleiche lebhafte Hochachtung einflößt. |
Unzweifelhaft verdienen Sie in diesem Falle den Vorzug vor jedem Mitbewerber. Freilich darf ich keinen Anspruch auf das Recht erheben, Ihre Arbeiten nach ihrem streng philosophischen Gehalt zu beurtheilen. Aber urtheilen darf ich über die Methode Ihrer Forschung, über die Ergebnisse, zu welchen dieselbe Sie hinführt; rühmen darf ich Ihren erfolgreichen Eifer, den Sie als hochbegabter Lehrer entfalten; preisen darf ich den fruchtbaren, im Dienste der edelsten Zwecke stehenden Fleiß, den Ihre Schriften bezeugen. Kurz, verehrter Freund, es soll so wenig an meinem guten Willen wie an meinem guten | Worte fehlen.
Wie ich aber mein Wort anbringen soll, und ob es sich irgend wirksam erweisen würde, darüber muß ich die ernstesten Zweifel hegen. Nach meinen Erfahrungen kann eine energische Fürsprache oft geradezu hemmend in den natürlichen Gang der Entwicklung eingreifen. Von der ganzen Angelegenheit[1] erfahre ich jetzt durch Sie das erste Wort. Ich weiß daher auch nicht, ob die Majorität der Kammer auf die Besetzung der Stelle Einfluß gewinnen will. Das Ministerium pflegt meist den Vorschlägen der Facultät sich anzuschließen. Es fragt sich also, ob Sie unter den Vorgeschlagenen die erste, zweite oder dritte Stelle einnehmen. |
Diese eiligen Worte seien Ihnen nur ein Zeugniß der lebhaften Theilnahme, mit welcher ich auf Ihren Wunsch eingehe oder ihn vielmehr zu dem meinigen mache. Bewahren Sie mir Ihre Freundschaft und bleiben Sie der meinigen versichert!
Ihr treu ergebener
Bernays.
München
20 Februar 1882.
Kommentar der Herausgeber
1↑ganzen Angelegenheit ] gemeint ist die Würzburger Besetzungsliste, vgl. Vaihinger an Eduard Zeller vom 10.6.1882. – Nach dem Tode Johann Nepomuk Hubers am 20.3.1879 war außerdem eine mehrjährige Vakanz einer „dritten“ philosophischen Professur in München neben Jakob Frohschammer und Carl Prantl eingetreten. 1882 wurde Georg von Hertling auf den neu geschaffenen Konkordatslehrstuhl berufen (BEdPh; Otto Seitschek (Hg.): Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität. Die philosophische Lehre an der Universität Ingolstadt-Landshut-München von 1472 bis zur Gegenwart. In Verbindung mit Wolfhart Henckmann, Martin Mulsow u. Peter Nickl. St. Ottilien: EOS 2010, S. 103). Vaihinger hatte unter den speziellen Münchener Umständen kaum Chancen, vgl. auch Vaihinger an Eduard Zeller vom 27.6.1882.▲