Bibliographic Metadata
- TitleEduard von Hartmann an Vaihinger, Berlin, 1.1.1877, 2 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 2 g, Nr. 2
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- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 2 g, Nr. 2
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Eduard von Hartmann an Vaihinger, Berlin, 1.1.1877, 2 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 2 g, Nr. 2
Berlin den 1. Januar 1877.
Verehrtester Herr Doktor!
Mit bestem Dank für Ihr freundliches Schreiben vom 30.10.76[1] sende ich Ihnen die besten Wünsche zum Neuen Jahre, das Ihre academische Laufbahn auf’s günstigste inauguriren möge.
Die ersten acht[a] Bogen meines Buchs werden seit einigen Wochen in Ihren Händen sein; die Wiener Abendpost sandte ich gestern an Sie ab. Nicht in der Gegenwart sondern in Blumenthals Neuen Monatsheften wird noch ein Theil der Abhandlung vor Ausgabe des Buches erscheinen. Was den Schluß betrifft, das Platonische Gespräch, so werden Sie hoffentlich Scherz verstehn; und wenn Sie einmal Scherz verstehn, so werden sie auch einzelnes, wie die Schlußworte[2], als Scherz anstoßfrei finden, zumal wenn Sie erstens die Stellung, die ich Ihnen im Anfang zuerkannt habe, und zweitens die ein|gehende Beantwortung, die ich Ihrem ganzen Angriff habe zu Theil werden lassen, in Anschlag bringen.
Mir geht es körperlich ganz wohl, aber meine Arbeitsunfähigkeit steigert sich; ich weiß nicht, was daraus werden soll. Ich kann schlechterdings nicht mehr das Lesen vertragen, und wenn ich schreibe, so verderbe ich mir den Schlaf. Ich bin deshalb auch in diesem Briefe so kurz als möglich und schließe mit den besten Grüßen und Wünschen als Ihr hochachtungsvoll ergebener
E. v. Hartmann.
Oskar[b] Schmidt’s Broschüre gegen mich[3] ist ein unsäglich elendes Machwerk. Ich habe sie in einer Entgegnung nicht schlecht verarbeitet.
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
2↑Platonische Gespräch … die Schlußworte ] vgl. von Hartmann: Neukantianismus, Schopenhauerianismus und Hegelianismus (1877), S. 116–118: Ehe wir nun von Vaihinger Abschied nehmen, möchte es sich empfehlen, seinen Standpunkt an einem concreten Beispiel zu illustriren und zugleich zu resumiren. Setzen wir den Fall, Herr Vaihinger stände im Begriff, um die Hand einer Dame anzuhalten, so könnte sich etwa folgende Unterhaltung entspinnen: [Vaihinger vertritt die Aufassung, die Existenz der Angebeteten nach Maßgabe des Vorstellungsvermögens lediglich glauben, jedoch nie wissen zu können, als „habituelle Illusion“ – wogegen die Dame realistische Einwände erhebt. Die Schlusssätze v. Hartmanns lauten:] Hr. Vaihinger: „O mein Fräulein, wenn Sie nur ein Semester meine Collegien mit anhören würden …“ Die Dame: „Gott schütze mich!“ (Sie entflieht.)3↑Oskar Schmidt’s Broschüre gegen mich ] vgl. von Hartmann: Das Unbewusste vom Standpunkt der Physiologie und Descendenztheorie. 2., vermehrte Aufl. Nebst einem Anhang enthaltend eine Entgegnung auf Prof. Oscar (!) Schmidt’s Kritik der naturwissenschaftlichen Grundlagen der Philosophie des Unbewussten. Berlin: Duncker 1877, S. 365–406: Nach Beendigung der Redaction der zweiten Auflage kam mir eine kleine Brochure zu Gesicht, betitelt „Die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Philosophie des Unbewussten“ von Oskar Schmidt, Professor der Zoologie und vergleichenden Anatomie in Strassburg (Leipzig bei Brockhaus 1877, 85 Seiten). […]▲