Bibliographic Metadata
- TitleVaihinger an Gottfried Meyer, Halle, 21.5.1917, 2 S., Ts. mit eU, Universitätsarchiv Halle-Wittenberg, Rep. 6, Nr. 1864, unpaginiert (Universitäts-Kuratorium zu Halle a. S. Spezial-Akten betreffend Kantgesellschaft und Kantstiftung. 1917–1927.)
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- Physical LocationUniversitätsarchiv Halle-Wittenberg, Rep. 6, Nr. 1864, unpaginiert (Universitäts-Kuratorium zu Halle a. S. Spezial-Akten betreffend Kantgesellschaft und Kantstiftung. 1917–1927.)
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Vaihinger an Gottfried Meyer, Halle, 21.5.1917, 2 S., Ts. mit eU, Universitätsarchiv Halle-Wittenberg, Rep. 6, Nr. 1864, unpaginiert (Universitäts-Kuratorium zu Halle a. S. Spezial-Akten betreffend Kantgesellschaft und Kantstiftung. 1917–1927.)
Diktat.
Halle, den 21.5.1917.
Reichardtstr. 15
An den Vorsitzenden der Kantgesellschaft
Herrn Geh. Ober. Reg. Rat Dr. G. Meyer.
Ew. Hochwohlgeboren
beehre ich mich ganz ergebenst folgendes mitzuteilen.
Unser Mitglied, der Direktor der Deutschen Bank Dr. Arthur von Gwinner, (bekanntlich einer der bedeutendsten Leiter des deutschen Finanzwesens und spez. der deutschen Orientbahnen) hat unserem Kriegshilfsfonds[a] die Summe von 300 M zugewendet, mit der Bedingung, dass diese Summe dem Dichterdenker Karl Gjellerup zu seinem 60. Geburtstage (2. Juni) als Ehrengabe überreicht werde.
Gjellerup, ein geborener Däne; jedoch mit einer Deutschen verheiratet, lebt seit vielen Jahren in Deutschland, als hochangesehener Schriftsteller in Dresden, wo ich ihn auch im vorigen Jahre bei Gelegenheit der Jahresversammlung der Schopenhauergesellschaft persönlich kennen gelernt habe. Gj. ist philosophisch sehr gründlich durchgebildet und hat sich während seines ganzen Lebens aufs eingehendste und sorgfältigste[b] mit dem Studium Kants und Schopenhauers beschäftigt, wofür wissenschaftliche Abhandlungen (so spez[iell] in den „Preussischen Jahrbüchern“ der letzten Jahre) Zeugnis ablegen. Er hat eine Reihe bedeutender Dichtwerke geschrieben, die im Sinne der Kant-Schopenhauerschen | Welt- und Lebensauffassung gehalten sind und in den letzten Jahren viele Beachtung und Verbreitung[c] gefunden haben. Einige dieser Dichtwerke spielen auf indischem Boden, da er früher Indien bereist hat.
Gjellerup hat sich während des Weltkrieges bemüht, durch verschiedene Abhandlungen in Zeitschriften die Stimmung Dänemarks zugunsten Deutschlands zu beeinflussen. So hat er in diesem Sinne einige bedeutsame Artikel in der Leipziger Ill[ustrierten] Zeitung geschrieben. In Dänemark hat er sich dadurch natürlich auch Gegner gemacht. So hat er dadurch wertvolle literarische Verbindungen verloren, wodurch er auch finanziell sehr geschädigt worden ist. Er lebt in bescheidenen Verhältnissen, so kann z. B. seine Frau, eine geborene Deutsche aus der alten sächsischen Gelehrtenfamilie Heusinger[d] sich keinen Dienstboten halten. Er will in diesem Sommer nach Dänemark reisen, und wird auch dort für Deutschland wirken.
Ich halte es für sehr zweckmässig, den Antrag des Herrn Dir[ektor] Dr. Arthur[e] von Gwinner anzunehmen. Vielleicht darf ich noch die Bemerkung hinzufügen, dass Dr. von Gwinner Sohn des bekannten Schopenhauerbiographen des Juristen von Gwinner[1] in Frankfurt ist, der noch mit Schopenhauer persönlich verkehrt hat.
So bitte ich um Genehmigung der Sache.[f]
In aufrichtiger Verehrung Ihr ganz ergebenster
Vaihinger
P. S.: Direktor von Gwinner will nicht haben, dass sein Name genannt wird.
Kommentar zum Textbefund
f↑bitte ich um Genehmigung der Sache. ] mit Blaustift unterstrichen, am linken Rd. hs. von anderer Hd.: Ist genehmigt. M[eyer]Kommentar der Herausgeber
1↑Juristen von Gwinner ] vgl. Wilhelm (von) Gwinner: Arthur Schopenhauer aus persönlichem Umgange dargestellt. Ein Blick auf sein Leben, seinen Charakter und seine Lehre. Leipzig: Brockhaus 1862.▲