Bibliographic Metadata
- TitleVaihinger an Friedrich Theodor Althoff, Halle, 19.12.1904, 4 S., hs., Briefkopf PROF. DR. H. VAIHINGER. | Halle a. S., d. … 190 | Reichardtstr. 15., Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin, Vl. HA, Nl Althoff, F. T., Nr. 991
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- Physical LocationGeheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin, Vl. HA, Nl Althoff, F. T., Nr. 991
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Vaihinger an Friedrich Theodor Althoff, Halle, 19.12.1904, 4 S., hs., Briefkopf PROF. DR. H. VAIHINGER. | Halle a. S., d. … 190 | Reichardtstr. 15., Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin, Vl. HA, Nl Althoff, F. T., Nr. 991
19. Dezember 1904[a]
Ew. Excellenz
beehre ich mich, anbei die 3. Auflage meines Schriftchens[1] über Nietzsche zu überreichen mit der ganzen ergebensten Bitte, diese ziemlich erweiterte Auflage gütigst entgegennehmen zu wollen. Gleichzeitig bin ich so frei, zwei weitere von mir hervorgerufene Dissertationen von Schülern von mir über Nietzsche[2], beizulegen, da diese Abhandlungen von allgemeinerem Interesse[b] sind; einige weitere Dissertationen speciell über Kant sind in Arbeit.
Bei dem überaus gütigen Interesse, das Ew. Excellenz unserer Kantgesellschaft entgegenzubringen die Gewogenheit haben, darf ich wohl die Mittheilung hinzufügen, daß unser Stammcapital, das ich gesammelt habe, nunmehr schon über 24,000 Mark beträgt, und daß ich Hoffnung habe, dasselbe noch höher zu bringen, da ich unausgesetzt dafür thätig bin, diese der Universität Halle als Eigenthum überwiesene Stiftung im Interesse des Kantstudiums und der Universität immer noch zu vermehren. |
Gerne möchte ich bei dieser Gelegenheit wagen, meine Eingaben[3] vom 10. Dezember 1901 und vom 21. März 1903 um Gewährung des Normalgehalts Ew. Excellenz in geneigte Erinnerung zu bringen. Ich bin nunmehr 10 Jahre Ordinarius, und stehe (und auch dies erst seit 2 Jahren) noch immer auf der Gehaltsstufe von 4000 Mark, ohne an der aufsteigenden alle 4 Jahre eintretenden Gehaltsaufbesserung der etatmäßigen Ordinarien theilzunehmen. Nunmehr im 53. Lebensjahre stehend habe ich den natürlichen Wunsch, in die Zahl der etatmäßigen Ordinarien einzurücken und an der Wohlthat der steigenden Gehaltserhöhung theilzunehmen.
Ich bin in dieser Hinsicht jetzt ungünstiger gestellt als unser jüngster Ordinarius Goldschmidt[4], welcher etatmäßiger ordentlicher Professor geworden ist; ja ich bin ungünstiger gestellt als mehrere der jüngeren Gelehrten, welche von mir gelernt haben und welche nach mir Ordinarien geworden sind (wie z. B. Busse, Adickes, Erhardt[5] u. A.).
Einerseits sind meine Vermögensverhältnisse keineswegs so günstig, daß ich den Ausfall nicht | recht unangenehm empfinden müßte; die mir dadurch entstehende Schädigung wird Jahr für Jahr größer, während doch die Ausgaben für die heranwachsenden Kinder jedes Jahr steigen. Andererseits erblicken die Kollegen in der langen Beibehaltung meines jetzigen Gehaltes doch eine Zurücksetzung und lassen mich dies gelegentlich wohl merken.[c]
Vielleicht darf ich der Bitte einen Vorschlag hinzufügen, wie diese Angelegenheit am ehesten geordnet werden könnte. Die Stelle des im Jahre 1892 verstorbenen Professor Johann Eduard Erdmann ist noch immer unbesetzt und sein Gehalt läuft noch immer im Etat. Vielleicht könnte dieser Ordinariatsgehalt – vielleicht mit dem Anfangsgehalt von 5000 M. – mir überwiesen werden, und dann könnte vielleicht mein Extraordinariat an den Privatdocenten Dr. Schwarz[6] übertragen werden. Die Facultät hat den letzteren zum Extraordinariat[d] vorgeschlagen, und er verdient in der That eine Berücksichtigung seines Wunsches um Beförderung: er, der nunmehr 40 Jahre alt ist, hat sich nicht nur durch wissenschaftliche Publicationen, sondern auch durch fleißiges und erfolgreiches Kolleglesen | sehr verdient gemacht: er füllt geradezu Lücken des Lehrplanes aus, und sollte er wegberufen werden, so müßten wir an seiner Stelle um einen Extraordinarius bitten. Es wäre ihm zu gönnen, wenn er auch endlich seine nun 35jährige Braut heimführen könnte.
Indem ich Ew. Excellenz bitte, mein Gesuch in gütige Erwägung zu ziehen, zeichne ich in tiefster Verehrung Ew. Excellenz ganz ergebenster
H. Vaihinger
Kommentar zum Textbefund
c↑und lassen mich dies gelegentlich wohl merken. ] Passage fast wörtlich auch in Vaihinger an Gottfried Meyer vom 5.5.1905 enthalten.Kommentar der Herausgeber
1↑3. Auflage meines Schriftchens ] vgl. Vaihinger: Nietzsche als Philosoph. 3., vermehrte, billige Aufl. Berlin: Reuther & Reichard 1905.2↑Dissertationen von Schülern von mir über Nietzsche ] darunter vermutlich Richard Oehler: Nietzsches Verhältnis zur vorsokratischen Philosophie. Dissertation Halle 1903; Erich Witte: Das Problem des Tragischen bei Nietzsche. Dissertation Halle 1904; Walther Hauff: Die Überwindung des schopenhauerschen Pessimismus durch Friedrich Nietzsche. Dissertation Halle 1904; jeweils mit Dank an Vaihinger in der Vita.3↑meine Eingaben ] vgl. den Kommentar zu Vaihinger an Universitätskurator Gottfried Meyer vom 5.5.1905.4↑unser jüngster Ordinarius Goldschmidt ] Adolf Goldschmidt (1863–1944), Kunsthistoriker, 1904 o. Prof. in Halle (https://www.catalogus-professorum-halensis.de/goldschmidtadolf.html (30.9.2024)).5↑Busse, Adickes, Erhardt ] Ludwig Busse, Erich Adickes sowie Franz Erhardt (1864–1930), seit 1899 o. Prof. in Rostock (BEdPh).6↑Privatdocenten Dr. Schwarz ] Hermann Schwarz (1864–1951), 1894 in Halle habilitiert, 1908 ao. Prof. in Marburg (BEdPh).▲