Bibliographic Metadata
- TitlePaul Siebeck an Windelband, Tübingen, 15.8.1914, 2 S., Ts.-Durchschlag mit eigenhändiger Unterschrift, Staatsbibliothek zu Berlin, Haus Potsdamer Straße, NL 488 A 0362,3
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- Physical LocationStaatsbibliothek zu Berlin, Haus Potsdamer Straße
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Paul Siebeck an Windelband, Tübingen, 15.8.1914, 2 S., Ts.-Durchschlag mit eigenhändiger Unterschrift, Staatsbibliothek zu Berlin, Haus Potsdamer Straße, NL 488 A 0362,3
15. August 1914.
Dr. P. S.-wz. A.[a] Herrn Geheimen Rat Professor Dr. W. Windelband Heidelberg Landfriedstrasse 14.
Hochverehrter Herr Geheimrat, haben Sie herzlichen Dank für Ihren freundlichen Brief vom 13.[1] Mit den „Präludien“ steht es so. Wie ich Ihnen schon am 29. Mai schrieb[2], hat es sich herausgestellt, dass es mit der Herstellung der neuen Auflage nicht so sehr eilt. Es wurde zunächst berechnet, dass die Vorräte für das Sommer-Semester noch gut ausreichen, und jetzt zeigt sich, dass infolge des Krieges leider auch fürs Winter-Semester der Bedarf noch gedeckt sein dürfte. Es sind nämlich noch vorrätig von Band I 116, von Band II 112 Exemplare. Trotzdem habe ich angeordnet, dass die neue Auflage vollends ausgedruckt wird, soweit das dazu erforderliche Papier nach Leipzig[3] transportiert war. Das übrige hängt davon ab, wann wieder Güterzüge fahren.
An die Versendung der neuen Auflage wäre, auch wenn die alte jetzt vergriffen wäre, während der Kriegswirren nicht zu denken. Es stockt, vorerst wenigstens, aller und jeder Verkehr auf dem Gebiete des wissenschaftlichen Verlags.
Ich werde also die neue Auflage, so gut es geht, zu Ende drucken lassen und es entsteht nun bloss die Frage, ob sie mit der Jahreszahl[4] 1914 gedruckt werden kann. Ich glaube, wir werden | sie[b] mit 1915 drucken müssen. Darf ich Sie bitten, sich dazu zu äussern?
Der Krieg, von dem man schon seit langer Zeit sprach, kam schließlich doch so unerwartet, dass eine ganze grosse Anzahl von Werken meines Verlages, die sich im Druck befinden, aufs schwerste davon betroffen wurde. Das ist ja aber zu tragen und muss[c] getragen werden. Nun spielt eben die Kunst des Sicheinteilens eine Rolle, damit die Herstellung, so gut als möglich, zu Ende geführt und namentlich auch das ganz grosse Personal über Wasser gehalten werden kann. Sollte es Ihnen ungelegen sein, dass die Fälligkeit Ihres Honorars sich länger hinzieht, so bin ich in der Lage und gern bereit, Ihnen eine à Conto-Zahlung zuzusagen.
Von meinen vier Söhnen[5] stehen drei im Feld, auch der Heidelberger Mediziner[6] ist mit dem württembergischen Landwehr-Pionier-Bataillon als Bataillonsarzt ausgerückt. Mein ältester Sohn[7] dürfte in der Nähe von Metz stehen und der dritte[8] liegt zur Zeit[d] in Neu-Breisach, wo er ein ganz interessantes Kommando bekommen hat. Mein jüngster Sohn[9] ist infolge eines Nierenleidens, das vom Scharlach zurückgeblieben ist, nicht felddiensttauglich.
Von Herzen erwidere ich Ihren Wunsch, dass wir vor besonderem Leid[10] bewahrt bleiben und unserem tapferen Heer der Sieg verliehen sein möge.
In alter Verehrung Ihr
P. Siebeck.[e]
Kommentar zum Textbefund
b↑werden | sie ] am Kopf der neuen S. Wiederholung der Adresse und Daterung unter Ergänzung der Ortsangabe TübingenKommentar der Herausgeber
4↑Jahreszahl ] die 5. Aufl. der Präludien erschien mit der eingedruckten Jahresangabe 1915. Datierung des Vorworts: Heidelberg, im Juni 1914. Erscheinen gemeldet in: Deutsche Literaturzeitung, Nr. 4 v. 23.1.1915.5↑vier Söhnen ] Oskar Siebeck (1880–1936), Richard Siebeck (1883–1965), Robert Siebeck (1885–1914), Werner Siebeck (1891–1934) (NDB).6↑Heidelberger Mediziner ] Richard Siebeck, 1912 in Heidelberg für innere Medizin habilitiert, 1914–1918 im Lazarettdienst bei Sedan (NDB).10↑besonderem Leid ] vgl. Siebeck an Windelband vom 7.9.1914 sowie Siebeck an Richard Kroner vom 17.7.1915: Ihre Schilderung vom Stellungskrieg hat mich überaus interessiert. Hoffentlich kommen bald auch wieder ereignisreichere Tage bei Ihrem Truppenteil. Mein Sohn Oskar ist immer noch nicht felddiensttauglich, da seine Kieferverwundung, die er gleich zu Anfang des Krieges erhalten hatte, noch nicht geheilt ist. Er ist zr. Zt. im Grossen Generalstab in Berlin tätig. Mein zweiter Sohn, der Arzt [Richard Siebeck], ist in einem Seuchenlazarett in Frankreich und mein jüngster Sohn [Werner Siebeck] ist als dauernd felddienstuntauglich hier in meinem Geschäft; ferner Siebeck an Georg Mehlis vom 31.8.1915: Dieser furchtbare Krieg, dessen Ende wir ja heute noch nicht absehen können, hat auch in meiner Familie ein schmerzhaftes Opfer gefordert. Mein dritter Sohn [Robert Siebeck], der Musiklehrer in Bielefeld war, ist am 2. September v. J. in den Vogesen gefallen. Mein ältester Sohn [Oskar Siebeck] wurde gerade jetzt vor einem Jahr am Kiefer verwundet und ist leider von seiner Verwundung noch nicht wieder hergestellt. Zur Zeit arbeitet er in der Presseabteilung des Grossen Generalstabs in Berlin. Mein zweiter Sohn [Richard Siebeck], der in Heidelberg Assistent und Privatdozent ist, ist zur Zeit an einem Seuchenlazarett in der Nähe von Stenay. Mein jüngster Sohn [Werner Siebeck] , der militärfrei ist, arbeitet zu meiner grossen Freude bei mir in meinem Geschäft (zitiert nach: Briefe und Dokumente zur Geschichte der Zeitschrift Logos. UB Leipzig. Nachlass Klaus Christian Köhnke, NL 330/3/1/5, Ausdruck vom 1.3.2012, S. 98–100).▲