Bibliographic Metadata
- TitlePaul Siebeck an Windelband, Tübingen, 19.3.1910, Text nach einer Transkription von Klaus Christian Köhnke, Umfang und Besonderheiten nicht bekannt, Staatsbibliothek zu Berlin, Haus Potsdamer Straße, NL 488
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- Physical LocationStaatsbibliothek zu Berlin, Haus Potsdamer Straße
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Paul Siebeck an Windelband, Tübingen, 19.3.1910, Text nach einer Transkription von Klaus Christian Köhnke[1], Umfang und Besonderheiten nicht bekannt, Staatsbibliothek zu Berlin, Haus Potsdamer Straße, NL 488
19. März 1910
wz.[2] Herrn Geheimen Rat Professor Dr. W. Windelband in Heidelberg.
Hochverehrter Herr Geheimrat, während ich aus Freiburg sowohl von Herrn Dr. Mehlis als auch von Herrn Professor Rickert beruhigende Nachrichten über die Beilegung des Konflikts[3] erhalten habe, fehlt mir aus Heidelberg noch jegliches Lebenszeichen. Dürfte ich Sie bitten, mir baldmöglichst mitzuteilen[4], wie Sie jetzt zur Sache stehen? Ich würde nicht drängen, allein ich bin in der Ausgabe meines Neuigkeiten-Rundschreibens[5] nun schon seit 14 Tagen aufgehalten. Ich wäre Ihnen daher für eine, wenn auch nur ganz kurze, Nachricht sehr verbunden.
In grösster Verehrung grüsst Sie herzlich Ihr ergebenster
P. Siebeck.
Kommentar der Herausgeber
1↑Transkription von Klaus Christian Köhnke ] Kollation derzeit nicht möglich. Der Transkription liegt die Datei Manuskript: Windelband Briefe | herauszugeben von K. C. Köhnke | Ausdruck vom 1.3.2012 zugrunde, die den Herausgebern zur Verfügung steht. Ein Ausdruck dieser Datei befindet sich in öffentlichem Besitz (Universität Leipzig, Nachlass Klaus Christian Köhnke NL 330/3/1/2). Die Signatur des Originals ist mit Stichtag 14.5.2018 noch nicht bekannt. Laut telefonischer Auskunft von Roland Klein, Referat für Nachlässe und Autographen der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz vom 21.11. und 2.12.2016 ist die Erfassung des Nachlasses 488 (Verlagsarchiv Mohr-Siebeck) noch nicht abgeschlossen.3↑Beilegung des Konflikts ] vgl. Rickert an Siebeck vom 18.3.1910: Streng vertraulich! Hochverehrter Herr Doktor! Auf Ihren freundlichen Brief möchte ich Ihnen sogleich, wenn auch nur kurz und vorläufig antworten, um Ihnen zu sagen, daß der Konflikt mit Dr. Ruge beigelegt ist. Ich habe am Sonntag eine sechsstündige (!) Unterredung mit Dr. Ruge gehabt, die ungemein stürmisch begann, aber harmonisch ausklang. Herr Dr. Ruge hat sich überzeugt, daß das Einzige, was er thun kann, darin besteht, daß er freiwillig aus der Redaktion des „Logos“ ausscheidet. Ich erwarte morgen von ihm einen Brief, in dem er mir die Ergebnisse unserer Unterredung bestätigt, und ich werde Ihnen dann nähere Mittheilungen machen. Vorläufig verlangt er noch, daß sein Name auf der Rückseite des Titelblatts stehen bleibt. Vielleicht gelingt es mir, ihn davon zu überzeugen, daß auch das nicht in seinem Interesse liegt. Ich bin weit davon entfernt, Herrn Dr. Ruge der bewußten Unwahrheit zu beschuldigen, aber ich bin ebenso überzeugt, daß die Darstellung der Ereignisse, die er Ihnen gegeben hat, ganz einseitig und unvollkommen war. Er hat sich durch Briefe an Mehlis und Kroner, die ich gelesen habe, und die ich nur als unglaublich bezeichnen kann, jede Möglichkeit einer weiteren gemeinsamen Arbeit selbst abgeschnitten. Es wird Sie vielleicht interessiren, daß das auch die Ansicht Windelbands ist, mit dem ich mehrere, sehr eingehende Briefe über den Fall gewechselt habe. Auch Windelband wünscht, daß Ruges Namen vom „Logos“ ganz verschwindet. Dr. Mehlis hat in dieser Sache vielleicht das eine oder das andere kleine Versehen begangen. Im Übrigen ist gerade er immer für Ruge eingetreten und hat eine Geduldsprobe bestanden, der ich unterlegen wäre; sowie Ruge an Siebeck vom 21.3.1910: Ich habe inzwischen mit Herrn Professor Rickert in Freiburg, Herrn Geh. Rat Windelband in Heidelberg eingehend verhandelt und habe, um meine endgültige Entscheidung in vollstem Maße vor mir selbst verantworten zu können, auch noch den vertraulichen Rat von Herrn Professor Max Weber in Heidelberg in Anspruch genommen. Ich teile Ihnen dies alles vertraulich mit, um Sie selbst Ihre eigene Entscheidung nach allen Seiten hin orientiert treffen zu können. Ich lege Ihnen auch meinen endgültigen Bescheid an Herrn Professor Rickert mit bei und bitte Sie, mir das Schreiben gelegentlich wieder einzusenden, nachdem Sie es vielleicht für sich selbst haben kopieren lassen. Ich darf auch Ihnen gegenüber betonen, daß mein Wunsch, die Angelegenheit friedlich beizulegen und letzthin mein Verzicht in einer Sache, die ich meine eigene nennen darf, von dem Willen diktiert wurde, Ihrem eigenen Zwecke nichts entgegenzusetzen. Ohne meine Nachgiebigkeit, die von mir ohne Umgehung der Statuten auch durch Rickert nicht hätte ertrotzt werden können, hätte es einen Krach gegeben, der für die von Ihnen verlegte Zeitschrift kaum hätte vorteilhaft sein können. Ich gewann durch meine Unterhandlungen mit Rickert den Eindruck und diesem alleine habe ich nachgegeben, daß er der eigentliche Redakteur des „Logos“ ist, daß ihm von Mehlis und Kroner eine Stellung eingeräumt ist, die ihn in der Tat fast allein verantwortlich für den „Logos“ macht. Damit übernimmt Rickert auch gerne die Bürgschaft für die Güte dieser Zeitschrift, ihm ist es ja auch im wesentlichen gelungen die Namen der „Mitwirkenden“ zusammen zu bekommen. Die Beteiligung von Rickert darf Ihnen vielleicht im gleichem Maße, vielleicht sogar mehr wie meine eigene aktive Beteiligung als Redakteur garantieren. – Rickert hat mir gegenüber alle Mittel in Bewegung gesetzt, die Redaktion des „Logos“ ganz nach Freiburg zu verlegen, er hat sogar anfangs gedroht, meiner „Encyclopädie“ entgegen zu arbeiten; er hat aber dann, als ich zwar nicht seinen Drohungen, aber seinen Bitten nachgab, seine Mitwirkung an der Encyclopädie zugesagt. Ich bin von Rickert nach einer sechsstündigen, anfangs auf beiden Seiten äußerst erregten Unterredung in völliger Freundschaft fortgegangen (zitiert nach: Briefe und Dokumente zur Geschichte der Zeitschrift Logos. UB Leipzig. Nachlass Klaus Christian Köhnke, NL 330/3/1/5, Ausdruck vom 1.3.2012, S. 29–31). Vgl. zu den Statuten des Logos Windelband an Heinrich Rickert vom 12.3./13.3.1910.▲