Bibliographic Metadata
- TitleWindelband an Heinrich Rickert, Heidelberg, 15.3.1910, 4 S., hs. (lat. Schrift), UB Heidelberg, http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/heidhs2740IIIA-224_74
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Windelband an Heinrich Rickert, Heidelberg, 15.3.1910, 4 S., hs. (lat. Schrift), UB Heidelberg, http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/heidhs2740IIIA-224_74
Heidelberg, 15.3.10
Lieber Freund,
Eben war nun Ruge bei mir, und ich bin nach Ihrem Brief und seinem Bericht, die sachlich ganz übereinstimmen, ein klein wenig enttäuscht: ich hatte die telephonische Mitteilung[1] R[uge]ʼs falsch aufgefasst. Er soll also nur tatsächlich, nicht formell aus der Redaction ausscheiden, und Sie übernehmen nicht die Herausgabe, sondern nur seine Stelle in den wirklichen Redactionsgeschäften. Das ist ja für den Moment die Genugtuung für ihn, dass er nicht zum Austritt gezwungen wird, und zugleich die Bequemlichkeit, dass die formellen Abmachungen | nicht in rechtlichen Formen geändert zu werden brauchen. Aber sachlich bleibt es doch ein auf die Dauer unhaltbarer Zustand. Früher oder später, so scheint es mir, wird er doch auch formell aus einer Redaction ausscheiden, an der er sachlich keinen Anteil hat. Für jetzt möchte ich ihm nicht hineinreden; ich habe ihm vielmehr zugeredet, die in Ihrem zweiten Briefe gewünschte Erklärung[2] abzugeben, aber nicht direkt an Mehlis, der ihm ja hat erklären lassen, dass er keine Briefe von ihm annehmen würde, sondern an Sie. Er will | das in dem Briefe[3] tun, den er Ihnen in einigen Tagen sowieso zu schreiben habe. Heut ist er nach Karlsruhe zurückgefahren, wo er sich (wegen eines Furunkels, wenn ich recht gehört habe) in ärztlicher Behandlung befindet.
Für mich liegt das wesentliche Ergebnis in dem Urteil, das Sie aus der Verhandlung trotz Ihres stürmischen Anfangs über die Persönlichkeit gewonnen haben, und ich bin Ihnen dankbar für die Worte, die Sie dafür gefunden haben[4]. Seine leidenschaftliche Selbstverteidigung hatte auch in dieser Angelegenheit wieder zu seinem Schaden | sein Bild getrübt. Dass Sie durch den Schleier hindurch den tüchtigen Kern erkannt haben, ist mir eine sehr grosse Beruhigung.
Traurig bleibt es, dass damit in der jüngeren Generation, die wir die unsre nennen, ein Riss entstanden ist: ich will, was irgend an mir ist, dazu tun, dass er so klein wie möglich bleibt und die Sache nicht schädigt.
Sobald ich sicher an der Riviera installiert bin, melde ich Ihnen meine Adresse: wenn Sie mich vorher erreichen wollen, bitte ich nur hierher zu schreiben; ein Brief, der auf der Rückseite Ihren Namen trägt, wird mir baldmöglichst nachgeschickt.
Inzwischen auf gute Ferien!
Getreulich der Ihrige
W Windelband
Kommentar der Herausgeber
4↑Worte, die Sie dafür gefunden haben ] vgl. z. B. Rickert an Windelband nach 8.3.1910. Das Schreiben Rickerts aber, auf das Windelband sich hier konkret bezieht, ist nicht überliefert.▲