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- TitleWindelband an Heinrich Rickert, Heidelberg, 12.3./13.3.1910, 12 S, hs. (lat. Schrift), Wasserzeichen R. DIEFFENBACHER | HEIDELBERG, UB Heidelberg, http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/heidhs2740IIIA-224_70-72
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Windelband an Heinrich Rickert, Heidelberg, 12.3./13.3.1910, 12 S, hs. (lat. Schrift), Wasserzeichen R. DIEFFENBACHER | HEIDELBERG, UB Heidelberg, http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/heidhs2740IIIA-224_70-72
Heidelberg, 12./13[a] März 10
Lieber Freund,
Der Streit der jungen Leute berührt mich auf das schmerzlichste und ist mir um so unerfreulicher, als er für mich in den denkbar bedrängtesten Zeitpunkt fällt. ich stehe, müde und abgespannt, in den Schlusstagen meines Rectorats, die von Stunde zu Stunde mit nötigen Geschäften besetzt sind, damit ich gleich am Mittwoch[1] nach dem Süden aufbrechen kann, wozu alle Vorbereitungen getroffen, Billets bestellt sind etc. Die erste Mitteilung bekam ich durch Ruge am Dinstag[b] Mittag und schrieb Ihnen sofort[2]. Dann war ich bis Mittwoch als Academievertreter in Mannheim[3], den Donnerstag[4] über zu Prüfungen in Karlsruhe[5], und gestern wie heute bin ich vom Morgen bis Abend von den aufgelaufenen Dingen festgehalten worden, sodass ich auf Ihren Brief[6] und auf die Mitteilungen, die mir Ruge gestern Vormittag machte, erst jetzt antworten kann. Die ganze Sache ist mir so widerwärtig, dass ich mich am liebsten garnicht um sie kümmerte. Aber ich darf das nicht, einerseits weil ja doch mein Name bei der | Begründung des Logos eine Rolle gespielt hat, andrerseits weil mein einziges, aber sehr lebhaftes Interesse an der Sache das ist, dass durch die unglückselige Geschichte auch nicht die Spur eines Schattens zwischen uns beide geworfen werde. Deshalb war nach Rugeʼs Klage mein erstes Bedürfnis, mich an Sie zu wenden, um im Interesse von Mehlis ein Audiatur et altera pars[7] zu erzielen; deshalb ist es aber auch meine Pflicht, Sie wissen zu lassen, wie mir die Sache von hier aus dargestellt wird. Denn Gerechtigkeit kann hier unsre einzige Richtschnur sein.
13. März. Weiter bin ich leider gestern nicht gekommen, ich war todmüde, total kaput[c]; hatte heftige Beinschmerzen, vielleicht im Zusammenhange mit dem Gewitter, das gerade hier niederging, war nervös und missgestimmt auf das äusserste. Zugleich sah ich, dass ich zum Postschluss doch nicht mehr fertig werden könnte. Dabei wusste ich Ruge mit guten Absichten auf dem Wege zu Ihnen und redete mir ein bisschen die Hoffnung ein, es werde sich dabei Alles klären. Nun bereue | ich das sehr, nach Ihrem Brief, der mich sehr traurig macht. Da Sie aber Ruge nicht angenommen[8] haben, ist es um so mehr meine Pflicht, Ihnen zu schreiben. Also muss es sein, obwohl ich keinen Moment Zeit habe.
Am besten gehe ich von dem Letzten aus, von dem Faustʼschen Briefe[9], dessen Abschrift ich wieder beilege[10]. Zunächst nur nach der Seite seines tatsächlichen Inhalts. Dieser ist, soweit ich sehe, durchaus richtig: er trifft buchstäblich mit dem zusammen, was mir Ruge während der Präliminarverhandlungen zum Logos, also zu einer Zeit berichtet hat, wo zwischen ihm und Mehlis noch Alles in Ordnung war. Ruge hatte ursprünglich die Absicht, seiner internationalen Bibliographie, um sie sachlich begehrenswerter zu machen, jeweils zusammenfassende Aufsätze von bekannten Autoren vorauszuschicken. Er hatte dazu ausser mir Boutroux und Croce gewonnen. Als dann der Logos-Gedanke an ihn herantrat, hat er, um jede Konkurrenz zu vermeiden, diesen Teil seines Plans geopfert und die ihm schon zugesagten (oder eingelieferten, das weiss ich nicht genau) Aufsätze von Boutroux und Croce mit deren Einverständnis dem Logos zugewiesen. Es ist also kein | Zweifel, dass dasjenige, was im ersten Logosheft den internationalen Charakter ausmacht, von Ruge stammt. Er behauptet dann weiter, im Interesse des Logos Reisen gemacht, Uebersetzer gewonnen und zeitraubende Korrespondenz geführt, alles dies aber in der Voraussetzung seiner Teilnahme an der Herausgabe des Logos getan zu haben. Er will die Distinction zwischen Redaction und Herausgeber nicht anerkennen; er behauptet, in dem Vertrage mit Siebeck[11] sei die Herausgabe von Kroner Mehlis Ruge ausdrücklich vorgesehen, und er sagt, das Siebeck selbst bei seiner neulichen Anwesenheit hier (am Dinstag, wo ich leider schon nach Mannheim hatte abreisen müssen,) sich entschlossen erklärt habe, an dieser Stipulation[12] festzuhalten. Weiter behauptet Ruge, in den Festsetzungen über die Geschäftsführung sei jedem Mitglied der Redaction eine Ingerenz[13] hinsichtlich der Wahl der Beiträge und ein Art von Veto-Recht, ein Appell | an[d] die sog[enannte] internationale Kommission, d. h. die vereinigte deutsche und russische Redaction, zugesichert. Alles dies sei nun ihm gegenüber nicht gehalten worden. Er habe Kenntnis davon bekommen, dass in das erste Heft des Logos ein Artikel von einem gewissen Leopold Ziegler[14] (das ist wohl der Neuromantiker) aufgenommen und schon gedruckt sei, ohne dass ihm ein Wort davon mitgeteilt sei. Und dann habe er erfahren, dass auf dem bereits gedruckten Titelblatt nur Mehlis als Herausgeber stehe.
Dies die Darstellung Rugeʼs. Es wird, soweit es angeht, zu prüfen sein, wie weit er ein formelles oder auch nur ein moralisches Recht hatte, auf seinen Anteil an der Herausgabe zu rechnen. Das kann ich natürlich nach seinen eignen Angaben, da sie von Mehlis bestritten zu werden scheinen, bisher nicht entscheiden. Aber wenn er diese Auffassung von der Sache hatte – und er vertritt sie auf das energischste –, so ist es begreiflich, wenn er verlangt, er hätte mindestens vorher befragt werden müssen, und wenn er in dem Verfahren die Absicht sah, ihn aus der Redaction (wie er sie auffasste), herauszudrängen. | Und dass er sich das nicht gefallen lassen wollte, ist doch sehr begreiflich! Es handelt sich in der Tat nicht um eine „Lappalie“[15]. Auf dem Titelblatt neben diesen[e] Mitwirkenden zu stehen, bedeutet wirklich für einen jungen Mann viel, sehr viel. Wenn Herr Kroner sich zu der Meinung bequemt hat, es komme schließlich nicht so viel darauf an, ob er nur auf der Rückseite oder auch schon auf der Vorderseite des Titelblatts stehe, so ist für einen Mann, der um sein Leben zu ringen hat, wie Ruge, die Preisgabe dessen, was er für sein Recht hält, nicht gleichgiltig. Dieser Auffassung kann ich ihre Berechtigung nicht versagen, – immer vorausgesetzt, was ich nicht zu entscheiden in der Lage bin, dass dies Recht so besteht, wie Ruge es behauptet.
Was nun zweitens die Art der Vertheidigung seines Rechts angeht, so stellt Ruge sie folgendermassen dar: Nachdem er jene Tatsachen in Erfahrung gebracht, habe er brieflich Aufklärung darüber verlangt und ohne Angabe weiterer Gründe die Antwort | erhalten, Sie hätten das so gewünscht. Damit habe er sich nicht zufriedengegeben, sondern die Gründe zu erfahren verlangt, und nachdem er darauf ohne Antwort geblieben sei, habe er den Brief an Mehlis geschrieben, der als beleidigend aufgefasst werde. Das ist nun die mir überaus traurige Wendung. Auf meine Vorhaltungen gab er zum Teil zu, dass der Brief wirklich beleidigend gewesen sei, zum Teil wollte er wieder geltend machen, die Beleidigung könnte nur in der[f] unverhüllten Darlegung des tatsächlichen Vorgangs bestanden haben, – was natürlich wieder eine Beleidigung ist. Diese Frage ist für mich dadurch entschieden, dass Sie nach Einsicht des Briefs ihn als beleidigend beurteilen. Damit hat sich Ruge auf alle Fälle ins Unrecht gesetzt. Das ist der Punkt, wo er wirklich zu lernen scheint. Von Kindheit an genötigt sich zu wehren, hat er sich eine Herbheit des Verhaltens angewöhnt, die ihn, sobald er sein Recht verletzt glaubt, zu den schroffsten und leidenschaftlichsten, ihm selbst schädlichsten Formen des Angriffs treibt. In diesem Falle | schien es mir nach Ihrem Brief, den ich Donnerstag Abend[16] hier vorfand, als habe Ruge die Sache für sich rettungslos verdorben: denn an ein gedeihliches Zusammenarbeiten zwischen beiden schien auch mir nach solchen Vorgängen nicht mehr zu denken. In der Unterredung aber, die ich am Freitag[17] Vormittag mit Ruge hatte, schien er eine Einrenkung des Verhältnisses nicht für ausgeschlossen zu halten, zu weitem Entgegenkommen bereit zu sein und von der persönlichen Aussprache in Freiburg noch einen möglichen Ausweg zu erwarten.
Um so mehr überrascht es mich, dass er seinen hiesigen Verleger Faust nicht von dessen Brief an Siebeck zurück gehalten hat. ich werde mich über den Vorgang, der zu diesem Briefe geführt hat, morgen genau informieren. Es wird festzustellen sein, ob Ruge den Brief veranlasst hat oder nur zugelassen hat. der Verleger, der ja in den damaligen Verhandlungen bei der Abänderung des Plans der „Philosophie der Gegenwart“ und bei der Ueberlassung der Aufsätze von Croce und Boutroux an den Logos beteiligt war, ist offenbar auch | der[g] Meinung, dass die Bedingung dafür Rugeʼs Eintritt in die Redaction und die Herausgabe des Logos gewesen ist. Hier liegt deshalb wiederum der springende Punkt für die Beurteilung der ganzen Sache. Was Rugeʼs Verhalten bei diesem Briefe anlangt, so muss ich, – soweit ich urteilen kann, ohne ihn selbst darüber vernommen zu haben, was erst morgen möglich ist, – selbst wenn ihn nur die Schuld trifft, die Absendung des Briefs im gegenwärtigen Stand der Sache nicht verhindert zu haben, darin einen Akt verzweifelter Unklugheit sehen. Denn wenn noch irgend etwas zu erwarten war, so konnte es nur durch persönliche Vereinbarung geschehen und war nicht erfolgreicher zu verhindern als durch einen Druck durch die Verleger. Jetzt, für heute, bleibt mir nichts übrig, als den Bericht Rugeʼs über den Verlauf der Dinge in Freiburg abzuwarten. Leider sehe ich heute keinen Hoffnungsschimmer auf eine glückliche Lösung. Es bleibt dann nur übrig, vollkommene Klarheit über die Entwicklung der Sache und die ihr zu Grunde liegenden Abmachungen zu gewin|nen, um daraus die Konsequenzen zu ziehen.
Es ist ja, lieber Freund, eine unsäglich traurige Lage, dass die Darstellung, die Ihnen gegeben ist, und die, die mir gegeben ist, an dem entscheidenden Punkte sich widersprechen. Bisher bin ich nicht in der Lage, zu entscheiden, wo und wann das Missverständnis entstanden ist. Ruge hat seine Auffassung – das beweist gerade der Brief von Faust – von Anfang an gehabt: er muss sich also, wenn Mehlis die seinige beweisen kann, von Anfang an in einer höchst beklagenswerten Selbsttäuschung befunden haben. Auf alle Fälle bringt mich also die Angelegenheit in die denkbar unglücklichste Lage zwischen zwei Schülern[18], die ich beide schätze, von denen ich dem einen gerade so viel Vertrauen entgegenbringe wie dem andern; sodass ich, wenn sie sich widersprechen, absolut nicht weiss, wem ich glauben soll. Diese meine Lage bitte ich zu würdigen: | ich will, soweit es mir meine Zeit jetzt noch irgend gestattet, zur Klarheit zu kommen suchen. Jetzt ist der Zustand für mich entsetzlich. ich weiss nur das eine sicher, dass diese Sache, wie sie auch ausfällt, sich nicht zwischen uns drängen darf. Sie wissen, dass ich nur Ihretwegen meine Bedenken inbetreff des Logos[19] zurückgehalten habe: ich behalte das Vertrauen, dass Sie um der Sache willen auch in dieser Schwierigkeit den rechten Weg finden werden. Denn sie dürfen meiner Gesinnung so zweifellos sicher sein, wie ich der Ihrigen[h] bin.
Indem ich das Blatt vom Logos beilege[20], möchte ich noch auf einen Punkt aufmerksam machen. Der Passus von der „internationalen Kommission“ scheint mir missdeutungsfähig. Denn diese Kommission besteht doch leider nur aus der deutschen und[i] russischen Redaction: und für diese ist der Ausdruck doch wohl etwas zuviel sagend. Vielleicht | genügt es, den Satz in die Form des Futurums zu bringen. Aber ich stelle das natürlich ganz Ihnen anheim.
Nun bin ich aber müde, und Sie werden auch genug haben. Es ist die verfahrenste Sache, die ich je erlebt. Um so mehr bitte ich: zwischen uns bleibt es beim Alten[21]! Und so grüsse ich Sie getreulich der Ihrige
Windelband
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
3↑in Mannheim ] zur Feier des 50-jährigen Jubiläums der Firma Heinrich Lanz in Mannheim, vgl. Windelband an Rickert vom 8.3.1910.5↑Prüfungen in Karlsruhe ] Windelband war als Prüfer der Heidelberger Universität an den zentralen staatlichen Prüfungen für das Lehr- und Pfarramt in Karlsruhe beteiligt, vgl. Windelband an Heinrich Rickert vom 23.6.1908.8↑Ruge nicht angenommen ] vgl. im Nachlaß Rickert (UB Heidelberg, Heid. Hs. 2740/143) die Karte Rickert an Ruge vom 12.3.12.1910: Nach Kenntniß des Briefes von Faust Unterredung unmöglich. Rickert.9↑Faustʼschen Briefe ] vgl. Weiss’sche Universitäts-Buchhandlung (im Verlagsarchiv Mohr/Siebeck abgelegt unter Ruge) an Paul Siebeck vom 11.3.1910: Sehr geehrter Herr! | Soeben macht mir Herr Dr. Ruge Mitteilung von wesentlichen Veränderungen, die die Redaktion der Zeitschrift „Logos“ betreffen. Ich besitze nun an dem Logos insofern ein Interesse, als drei der ersten Referate welche jetzt der Logos bringen wird, ursprünglich für die in meinem Verlage erscheinende „Philosophie der Gegenwart“ gewonnen wurden und ich dieselben in Uebereinstimmung mit dem Herausgeber unter ganz bestimmten Voraussetzungen in dem damals erst zu begründenden Logos überliess. Wir beabsichtigten mit dieser Preisgabe unseres ersten Teils der Philosophie der Gegenwart einer gegenseitigen Konkurrenz vorzubeugen und fanden eine Garantie dieses Bestrebens für die Zukunft in dem Eintritt unseres Herausgebers, des Herrn Dr. Ruge, als gleichberechtigtes Mitglied in die Redaktion des Logos. Wenn nun jetzt schon in diesem Punkte eine einseitige Aenderung der vertraglich festgelegten Redaktionsbestimmungen eintreten sollte, dann sehe ich mich veranlasst zu erklären, dass ich in den Voraussetzungen getäuscht worden bin, die zur Aufgabe des 1. Teils meines Unternehmens führten und die Veranlassung gaben, die bereits uns zugesagten Referate dem Logos zu überweisen. Ich halte es für meine Pflicht Ihnen als dem Verleger des Logos diese Mitteilung zu machen, und weiss mich auch in Uebereinstimmung mit Herrn Dr. Ruge, wenn ich Sie bitte, hiervon der Redaktion des Logos Kenntniss zu geben. Mit vorzüglicher Hochschätzung E. Faust Fa. Weiß’sche Universitätsbuchhdg. (zitiert nach: Nachlaß Köhnke, UB Leipzig NL 330/3/1/4: Klaus Christian Köhnke/Rüdiger Kramme: Abschlußbericht Logos, Teil 2 (Archiv-Katalog) 1916–33; Stichtag 16.11.1993, S. 67–68).11↑Vertrage mit Siebeck ] zwischen dem Verlag Mohr/Siebeck u. Mehlis vom 15.8.1909. Vgl. zu dessen Bestimmungen Paul Siebeck an Windelband vom 16.3.1910 sowie ergänzend die undatierten, vermutlich im März 1910 entworfenen Statuten der internationalen Kommission und der ihr unterstehenden nationalen Redaktionen (6 S., 29 §§; UB Heidelberg, Heid. Hs. 2740/148, Nachlass Rickert), unterzeichnet von Mehlis u. Ruge u. mit hs. Einfügungen von der Hd. beider: § 1. Die internationale Kommission der Zeitschrift Logos besteht vorläufig aus den Herren Richard Kroner, Arnold Ruge, Georg Mehlis, Friedrich Steppuhn und Sergius Hessen. [Hs. Zusatz Ruge: Die in allen Angelegenheiten zugleich als Gründer des „Logos“ gelten.] Die internationale Kommission als Ganzes ist die oberste Instanz in allen Angelegenheiten […] des Logos. Ihre Mitglieder verpflichten sich gegenseitig für die Dauer von zwei Jahrgängen […]. § 4. Der Austritt aus der Kommission und die damit verbundene Ablösung von allen Rechten und Pflichten kann nur auf einstimmigem [!] Beschluss sämtlicher Kommissionsmitglieder geschehen. […] Eine Entfernung der Gründer ist ausgeschlossen. § 5. Der Ausschluss eines Mitgliedes aus der Kommission kann desgleichen durch einstimmigen Beschluss erfolgen, wenn es sich nach Ansicht der stimmberechtigten Mitglieder grober Pflichtverletzung schuldig gemacht hat oder zur Leitung der Redaktionsgeschäfte durchaus ungeeignet erweist. Ein Antrag auf Ausschluss kann von jedem Mitglied der Kommission gestellt werden. Eine Entfernung der Gründer ist ausgeschlossen. […] § 9. Die internationale Kommission ist Eigentümer des Logos […]. § 12. Glaubt ein Mitglied der Kommission nach bestem Wissen und Gewissen, dass durch den Beschluss der Majorität die ideellen Ziele des Logos schwer geschädigt sind, so hat es das Recht eines unbedingt geltenden Vetos, das keiner näheren Begründung bedarf. […] § 23. Der geschäftsführende Redakteur [der nationalen Redaktion] ist verpflichtet alle 14 Tage an die auswärtigen Mitglieder [der nationalen Redaktion] genauen Bericht zu erstatten und deren Zustimmung zu den Einzelheiten zu erlangen. […] § 26. Die geschäftsführenden Redakteure berichten monatlich an die Kommissionsmitglieder […]. Juristische Bindungskraft hatten diese Statuten nicht, dienten aber v. a. Ruge als Basis seiner Argumentation gegen Mehlis u. Kroner.14↑Leopold Ziegler ] 1881–1958, hörte als Schüler Vorlesungen bei Arthur Drews an der Technischen Hochschule Karlsruhe über Eduard von Hartmann, ab 1902 Studium der Philosophie in Heidelberg. 1905 bei Rudolf Eucken in Jena promoviert, danach Privatgelehrter, 1951 Honorarprofessor an der Universität Freiburg (BEdPh). Im ersten Heft des Logos 1910 erschien von Ziegler: Ueber das Verhältnis der bildenden Künste zur Natur.18↑Schülern ] vgl. die Vita zur Dissertation in Georg Mehlis: Schellings Geschichtsphilosophie in den Jahren 1799–1804, gewürdigt vom Standpunkt der modernen geschichtsphilosophischen Problembildung. Heidelberg: Buchdruckerei von Karl Rössler 1906: Allen meinen hochverehrten Lehrern, besonders Herrn Geheimrat Professor Dr. Windelband danke ich von Herzen für die vielseitige Anregung und Belehrung, die ich in der Zeit meines philosophischen Studiums hier in Heidelberg erhalten habe. – Ruge hat 1910 bei Windelband habilitiert.20↑Blatt vom Logos beilege ] vgl. Rickert an Windelband nach 8.3.1910; liegt nicht bei. Vgl. zum Inhalt die Mitteilung in Logos 1 1910, Heft 2: Der Logos soll von einer internationalen Kommission geleitet werden, die sich in nationale Redaktionen gliedert. Die deutsche Redaktion wird gebildet von Richard Kroner, Freiburg i. B.; Georg Mehlis, Freiburg i. B.; Arnold Ruge, Heidelberg. Neben der deutschen Ausgabe erscheint vorläufig nur eine russische Ausgabe unter Mitwirkung von Frank, Grews, Kistiakowsky, Lappo-Danilewsky, Lapschin, Lossky, Selinsky, Peter von Struve, Wernadsky, herausgegeben von der russischen Logos-Redaktion: S. Hessen, E. Mettner, F. Steppuhn. Es besteht jedoch die Aussicht, in absehbarer Zeit weitere nationale Redaktionen zu begründen, zumal schon jetzt außer den namhaften deutschen und russischen Mitarbeitern führende Gelehrte anderer Länder ihre Mitwirkung zugesagt haben, so u. a. Henri Bergson und Emile Boutroux für Frankreich, Benedetto Croce und Bernadino Varsico für Italien, Hugo Münsterberg und Josiah Royce für Amerika. Von den genannten hat sich lediglich 1913 eine italienische Redaktion gegründet.21↑bleibt es beim Alten ] zum Verhältnis zwischen Windelband und Rickert vgl. die sich an die Mitteilung Paul Siebecks an Rickert vom 24.2.1916 anschließenden Briefwechsel. Siebeck hatte Rickert mitgeteilt, daß die Erben Windelbands Arnold Ruge als Bearbeiter für die 7. Aufl. des Lehrbuchs der Geschichte der Philosophie ins Auge fassten; in seiner Antwort vom 26.2.1916 riet Rickert dringend davon ab, man müsse alles daran setzen, Ruge wenigstens von den Werken (und dem Nachlaß) Windelbands fernzuhalten. Auf eine weitere Erkundigung Siebecks erwiderte am 27.3.1916 Wolfgang Windelband den Vorschlag, es bei einem unveränderten Abdruck des Lehrbuchs zu belassen, es höchstens durchsehen zu lassen von entweder Mehlis oder Ruge – denen er die spätere Bearbeitung der Neuauflage jedoch nicht anvertrauen wolle, sondern vielmehr Otto Baensch: Für die spätere Bearbeitung denke ich übrigens in erster Linie an Dr. Baensch in Strassburg, der von den Schülern meines Vaters, von dem er das meiste nach Lask erwartet hat. Ihm hat er auch seine Kolleghefte über die Geschichte der Philosophie geschenkt. Jetzt steht Baensch im Felde, käme also diesmal gar nicht in Betracht. Die Tatsache, dass Rickert Schritte getan hat, um einen Ergänzer zu finden, nötigt mich, sehr verehrter Herr Doktor, ganz klaren Wein über den Standpunkt einzuschenken, den wir Rickert gegenüber einnehmen. Es versteht sich von selbst, dass diese Mitteilungen nur zu Ihrer eigenen Orientierung und ganz streng vertraulich sind. Mein Vater hat schon immer in den letzten Jahren R[ickert]s Verhalten in vielen Fragen recht unangenehm empfunden und sich mehrfach bitter darüber beklagt. Das Verhältnis war nicht mehr im entferntesten das alte geblieben. Rickerts Nachruf in der Frankfurter Zeitung werde als zu unpersönlich empfunden, dies sei besonders der Eindruck Martha Windelbands. Wolfgang Windelband bittet Siebeck, in Zukunft Schritte zu vermeiden, infolgederen nach aussen hin R[ickert] als eine Art Nachlassverwalter u. als der Vertreter der Familieninteressen erscheinen könnte. Bereits am 20.3.1916 hatte Wolfgang Windelband an Siebeck geschrieben, er halte es für seine Pflicht, ihn davon in Kenntnis zu setzen, dass mein Vater noch am Tag vor seinem Tode meine Mutter u. mich beauftragt hat, einige Herren der Fakultät in seinem Namen zu bitten, sich auch weiterhin für Ruge und für sein Fortkommen zu sorgen. Anfang 1916 hatte Rickert an Siebeck über seinen Nachruf auf Windelband geschrieben: Ich habe niemals das Gefühl ihm [Windelband] gegenüber verloren, sein Schüler zu sein, und es gelingt mir daher nicht, ihn „objectiv“ zu sehen. Auch war ich seit dem Jahre 1888 niemals längere Zeit an demselben Ort wie er, und daher kenne ich ihn eigentlich nur als Lehrer (alle Zitate aus dem Verlagsarchiv Mohr/Siebeck nach: Nachlaß Köhnke, UB Leipzig NL 330/3/1/4: Klaus Christian Köhnke/Rüdiger Kramme: Abschlußbericht Logos, Teil 2 (Archiv-Katalog) 1916–33; Stichtag 16.11.1993).▲