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- TitleFranz Böhm an Windelband, Karlsruhe, 2.5.1909, 8 S., hs., Briefkopf: Ministerium | der | Justiz, des Kultus und des Unterrichts | Karlsruhe, den … 190, UA Heidelberg, HAW 1
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Franz Böhm an Windelband, Karlsruhe, 2.5.1909, 8 S., hs., Briefkopf: Ministerium | der | Justiz, des Kultus und des Unterrichts | Karlsruhe, den … 190, UA Heidelberg, HAW 1
2. Mai 1909.
Hochverehrter Herr Prorektor!
Herr Geheimer Hofrat Endemann wird Ihnen den Inhalt meines Schreibens vom 30.[1] d[es] Monats[a] mitgeteilt haben. Es tut mir unendlich leid, daß diese Schwierigkeiten entstanden sind; sie wären sicherlich vermieden worden, wenn nicht ein so mystisches Dunkel um die ganze Sache gebreitet und dem Ministerium wenigstens Gelegenheit gegeben worden wäre, von der Stif|tungsurkunde[2] vom 24. v[origen] Monats[b] vor der Unterredung vom 29. v[origen] Monats[c] Einsicht zu nehmen, wie ich Herrn Geh[eimen] Hofrat Endemann mit Brief vom 25.[3] v[origen] Monats[d] gebeten hatte. Die Stiftung einer Akademie ist doch eine so große Sache, daß man in einer kurzen Unterredung, in der die verschiedensten Dinge durcheinander zur Sprache kommen, zu keinem Entschlusse gelangen kann. Sie werden sich erinnern, daß ich Herrn Geheimen Hofrat Endemann schon bei unserer Unterredung vom 2. April[4] mitgeteilt habe, daß der größere Teil der Stiftung jedenfalls bar einbezahlt sein möchte, bevor die Gründung der Akademie möglich sei. An dieser Forderung wird das Staatsministerium unbedingt festhalten, weil auch beim reichsten Manne nicht übersehen werden kann, ob er oder seine Erben in einem Zeitraum von 10 Jahren noch leistungsfähig genug sind, um ein so großartiges Stiftungsversprechen zu vollziehen. Nach dem Wortlaut der Stiftungsrukunde müssen aber die erstlichen 900.000 M innerhalb von 10 Jahren bezahlt werden, es würde also ihre Einzahlung am 23. April 1919 nach dem Versprechen des Herrn Stifters genügen. | Bis dahin wäre die Akademie nicht sicher fundiert. Ich habe nun gestern dem Herrn Staatsminister[5] den Vorschlag gemacht, daß nun, wenn der Herr Stifter jetzt nicht mehr als 100.000 M leisten will, der Stiftung als einer „Stiftung zur Gründung einer Heidelberger Akademie“ die Allerhöchste Genehmigung erwirkt, die Gründung der Akademie aber erst dann vollzieht, wenn das tatsächlich einbezahlte Stiftungskapital eine sichere Grundlage für den Fortbestand der Akademie gewährleiste. Diesen Vorschlag glaubt der Herr Staatsmin[ister] gutheißen zu können. | Hoffentlich kommt wenigstens auf dieser Grundlage etwas zu Stande, was die vielen Bemühungen des Herrn Endemann und die Gründung der Akademie in naher Zeit ermöglicht.
Herr Wirklicher Geheimrat von Chelius[6] hat mich ersucht, Euerer Magnifizenz mitzuteilen, daß das Korps Suevia[7] beabsichtige, anläßlich seines hundertjährigen Stiftungsfestes im nächsten Jahre der Universität eine Stiftung von 10.000 bis 15.000 M als „Korps-Suevia-Stiftung“ mit der Bestimmung zu | machen, daß die jährl[ichen] Zinsen einem Studirenden als besondere Auszeichnung für eine geschicht[iche] Arbeit über die Zeit der Befreiungskriege, in welcher die Stiftung des Korps Suevia fällt, oder über die Gründung und Entwickelung der einzelnen Korps an der Universität Heidelberg zugesprochen werde. Herr von Chelius wäre dankbar, zu erfahren, ob der Engere Senat[8] die Stiftung annehmen würde. Ich habe ihm gesagt, daß ich die Ausdehnung des Gebiets der Preisarbeit auf die | deutsche Geschichte für wünschenswert hielt, aber bereit sei, zunächst Ihre Ansicht einzuholen.
In aufrichtiger Verehrung Euerer Magnifizenz ergebenster
Böhm
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
2↑Stiftungsurkunde ] in einer Fassung vom 25.4.1909 nicht ermittelt. Vgl. UA Heidelberg, HAW 540 (Akademie 1909–1963), Bl. 3: Stiftungsurkunde vom 22.5.1909 über 1 Million Mark, abgedruckt in: Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften Stiftung Heinrich Lanz. Jahresheft Juni 1909 bis Juni 1910. Heidelberg: C. Winter 1910, S. III–IV.5↑Herrn Staatsminister ] Wilhelm Nokk (1832–1903), seit April 1881 Minister der Justiz, des Kultus und Unterrichts von Baden, seit 1893 außerdem Präsident des Staatsministeriums (NDB).6↑Wirklicher Geheimrat von Chelius ] Philipp Ernst Maximilian von Chelius (1820–1911), Jurist, Kammerherr, 1837–42 Studium in Heidelberg, Berlin und wiederum in Heidelberg, 1842 Prüfung als Rechtspraktikant. 1849–64 im Gerichtsdienst, 1868 Mitglied des Appellationssenats, 1879 Landgerichtsrat am Landgericht Karlsruhe. 1882 Verleihung der Würde eines Kammerherrn, 1893 Wirklicher Geheimer Rat (www.leo-bw.de).7↑Korps Suevia ] schlagende Studentenverbindung Korps Suevia Heidelberg, gestiftet am 27.3.1810. Prominentes Mitglied war Maximilian von Chelius (1794–1876, Augenchirurg u. Prof. in Heidelberg), Vater von Philipp von Chelius (www.suevia.de, 26.6.2018).▲