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- TitleWindelband an Franz Böhm, Heidelberg, 16.7.1904, 3 S., hs. (lat. Schrift), Generallandesarchiv Karlsruhe, Abt. 52 Nr. 673
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Windelband an Franz Böhm, Heidelberg, 16.7.1904[1], 3 S., hs. (lat. Schrift), Generallandesarchiv Karlsruhe, Abt. 52 Nr. 673
Heidelberg, 16 Juli 1904[a]
Hochgeehrter Herr Ministerialrat,
Gestatten Sie mir gütigst, vertraulich Ihren erfahrenen Rat bei einer Frage in Anspruch zu nehmen, bei der ich mich in dem hiesigen Geschäftsgange noch nicht auskenne.
Vor einiger Zeit liess mich S[eine] Kgl. Hoheit der Grossherzog nach Baden kommen, um mir den Wunsch auszusprechen, ich möchte den Internationalen Philosophischen Congress besuchen[2], der Anfangs September in Genf stattfindet, und möglichst andere Collegen zum Besuch bestimmen: Kgl. Hoheit interessiert sich auf Anregung des 88jährigen Ernest Naville[3], der Ehrenpräsident des Congresses ist, dafür, dass möglichst die Deutsche Philosophie dabei vertreten ist, und liess einfliessen, bereitwilligst dafür sorgen zu wollen, dass eventuell den Besuchern keine pecuniären Opfer erwüchsen. Für meine Person erlaubte ich mir das letztere abzulehnen, da ich zur Sommerfrische in’s Wallis gehe, also auf der Rückreise ohne grosse Umstände über Genf gehen kann: für die jüngeren Vertre|ter der Philosophie behielt ich mir vor unter Umständen darauf zurückzukommen.
Nun haben sich auf meine Anfrage[4], während leider Prof. Rickert nach Ausspruch seines Arztes durch Rücksicht auf die noch immer nicht ganz gehobenen Folgen seiner Operation[5] sich durchaus an einer derartigen Congressreise gehindert sieht, die Herren Prof. extr[aordinarius] Jonas Cohn in Freiburg und Dr. Elsenhans in Heidelberg gern bereit erklärt, dem Congress beizuwohnen, beide jedoch unter der Voraussetzung, dass ihnen die Kosten der Reise (Hin- u. Rückfahrt und fünftägiger Aufenthalt) ersetzt würden.
In diesem Sinne habe ich Sr. Kgl. Hoheit Bericht erstattet und darauf heute durch das Geheime Cabinet die Aufforderung erhalten, den Betrag jener Reisekosten anzugeben, damit dann durch meine Vermittlung das Nötige angeordnet werden kann.
Hierbei entsteht nun bei mir, wie ich Ew. Hochwohlgeboren ganz vertraulich[b] mitteilen und zur Erwägung geben möchte, das Bedenken, es möchte die Erstattung des Reisegeldes, wenn sie „durch meine Vermittlung“ erfolgen sollte, für die beiden Herrn den peinlichen Charakter einer persönlichen Subvention annehmen. Wäre es nicht möglich, dass entweder die Herrn durch das Kultusministerium als zu jenem Congress entsendet die Reisegelder nach dem üblichen Sätzen amtlich durch die Universitätskassen ausgezahlt erhielten, – oder dass, wenn nicht die Staatskasse, sondern die Grossh[erzogliche] Chatulle dafür eintreten sollte, auch von dieser direct an jene Herrn der Kosten-Ersatz einer auf Wunsch Sr. Kgl. Hoheit ausgeführten Reise nach üblichem Ansatz angewiesen würde? Und wohin hätte ich mich zunächst brieflich zu wenden, um die Angelegenheit in diese Wege zu lenken?
Ew. Hochwohlgeboren werden mir nachfühlen, dass ich im Interesse der beiden Herren wünsche, die Erstattung der Reisekosten möchte eine möglichst unpersönliche Form annehmen, und dass ich mir deshalb erlaube, Ihren gütigen Rat in Anspruch zu nehmen: Sie werden mich durch gefällige Er|wägung der Frage und vertrauliche Mitteilung Ihrer Meinung ausserordentlich verbinden.
In vorzüglicher Hochachtung Ew. Hochwohlgeboren ergebenster
W Windelband
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
1↑Windelband an Franz Böhm, Heidelberg, 16.7.1904 ] Erstabdruck in: Klaus Christian Köhnke: Sinn für Institutionen. Mitteilungen aus Wilhelm Windelbands Heidelberger Zeit (1902–1915). In: Hubert Treiber, Karol Sauerland (Hg.): Heidelberg im Schnittpunkt intellektueller Kreise. Opladen 1995, S. 48–49.4↑Anfrage ] vgl. Windelband an Heinrich Rickert vom 27.6.1904 sowie Windelband an Jonas Cohn vom 30.6.1904▲