Bibliographic Metadata
- TitleWindelband an Georg Jellinek, Straßburg, 5.1.1894, 3 S., hs. (dt. Schrift), Textverluste durch Aktenheftung, Bundesarchiv Koblenz, Nachlass Georg Jellinek, N 1136/32
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- Physical LocationBundesarchiv Koblenz
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Windelband an Georg Jellinek, Straßburg, 5.1.1894, 3 S., hs. (dt. Schrift), Textverluste durch Aktenheftung, Bundesarchiv Koblenz, Nachlass Georg Jellinek, N 1136/32
Strassburg iE. 5.1.94
Lieber Freund,
In schmerzlicher Mitempfindung habe ich Deine Trauernachricht[1] erhalten. Lange hast Du ja die Freude gehabt, den Vater am Leben zu wissen und die eigne schöne Entwicklung zum Mann und Familienvater noch unter seinen Augen und zu seiner Freude vollziehen zu dürfen: aber zu früh ist es noch immer, wenn die Kette des natürlichen Lebenszusammenhanges uns nach oben abreißt und wir nun erst ganz auf uns selbst gestellt erscheinen.
Je mehr ich hoffe, daß sich Dir dieser Schmerz im Kreise Deiner eigensten Familie lindern wird, um so mehr bedaure ich, daß ich Deine Frau noch immer nicht kenne. Auch in diesem Herbst ist es zu dem geplanten Treffen nicht | gekommen: ich hätte dazu Veranlassung gegeb[en,] aber es war leider völlig unmöglich. Wir w[a]ren in den Ferien erst beinahe sechs Wochen lang in einer reizenden Sommerfrische, hoch im Schwarzwald, beim Titi-See, in Hinterzarten: und kaum zurückgekehrt wurden wir von schwerer Sorge betroffen. Meine zweite 16jährige Tochter[2] erkrankte an Diphtherites so schwer, daß sie über acht Wochen lang im Bett liegen mußte und sich auch jetzt erst langsam und allmählich erholt. Während der ganzen gefährlichen Zeit hatte ich die vier andren Kinder in ein Hotel in Kehl ausquartiert, und es gelang so, ihnen die Infection fernzuhalten: aber Du kannst Dir denken, welche Unruhe daraus erwuchs. In der That habe ich so auch den ganzen Rest der Ferien für die Arbeit völlig verloren. | So hoffe ich und wünsche, daß das neue Jahr uns endlich eine Vereinigung, etwa in Baden[3] gewähre! Lassen wir den Gedanken nicht aus den Augen!
Meine Frau spricht eben durch mich ihr herzlichstes Beileid aus, und so bleibe ich mit den besten Grüßen von Haus zu Haus Dein getreuer
Windelband
Kommentar der Herausgeber
3↑Baden ] bei den annähernd regelmäßigen Treffen der Lehrkörper der südwestdeutschen Universitäten, vgl. Erwin Rohde an Windelband vom 18.5.1894▲