Bibliographic Metadata
- TitleWindelband an Georg Jellinek, Straßburg, 8.3.1892, 3 S., hs. (dt. Schrift), Bundesarchiv Koblenz, Nachlass Georg Jellinek, N 1136/32
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- Physical LocationBundesarchiv Koblenz
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Windelband an Georg Jellinek, Straßburg, 8.3.1892, 3 S., hs. (dt. Schrift), Bundesarchiv Koblenz, Nachlass Georg Jellinek, N 1136/32
Strassburg, 8.3.92.
Lieber Freund,
Für den Ausdruck Deiner freundlichen Theilnahme besten Dank! Es war in der That, wie Du voraussetztest, dieselbe Tante[1], welche Du damals in Leipzig kennen gelernt hast, die einzig Ueberlebende der älteren Generation meiner Familie, mir zur Mutter, meinen Kindern zur Großmutter geworden, und ich nehme mit ihr Abschied von meiner Heimat und Kindheit: so war es ein beweglicher Abschnitt in meinem Leben.
Hoffentlich geht es Dir und Deiner Familie gut. Du hast Recht, wir müssen nun endlich einmal, wenn erst wärmere Lüfte wehen, zu einander kommen. Um die Osterzeit werden wir allerdings noch nicht dazu gelangen; wir haben einen Umzug[2] vor, dabei die Confir|mation meiner Tochter[3] und Verwandtenbesuch. Für Pfingsten aber würde sich ein Treffen in Baden-Baden sehr empfehlen! Wenn I[hr] Lust hättet, wir freuten uns sehr darauf.
Daß Du den großen Kuno[4] an der Stelle, wo er reizbar ist, zur Herablassung zu meinem Opus[5] zu bewegen versucht hast, ist sehr liebenswürdig von Dir, obwohl ich vermuthe, er wird sonst nicht viel Belehrung bei mir suchen wollen.
Heut habe ich noch eine Bitte an Dich. Ein Neffe von mir bzw. meiner Frau, Wolfgang v. Burchard[6], Sohn[7] des ehemaligen Staatssecretärs im Reichsschatzamt, jetzt Präsident der Preuß[ischen] Seehandlung, wünscht bei Euch zu promoviren und scheint sich hauptsächlich für völkerrechtliche und kriminalistische Dinge zu interessieren, also für das, was mehr dem | philosophischen Interesse entgegenkommt. Er ist ein frischer, aufgeweckter Mensch; daß er allzu sehr mit gelehrtem Ballast beschwert erscheinen wird, ist nicht zu befürchten: er hat einen etwas unruhigen Entwicklungsgang und auch mancherlei Störungen seiner Gesundheit hinter sich. Diesen Jüngling empfehle ich also Deiner Nachsicht und freundlichen Aufnahme! Er steht nicht in der Praxis und wird wohl kaum dahin übergehen; seine Verhältnisse erlauben ihm in der Zukunft eine ganz freie Lebensführung und ich glaube nicht, daß er sich in ein Amt binden wird.
Mit den besten Grüßen und Empfehlungen von Haus zu Haus Dein getreuer
W Windelband
Kommentar der Herausgeber
1↑Tante ] Näheres nicht ermittelt. Windelband erwähnt diese bzw. eine Tante gelegentlich, jedoch stets ohne Namensnennung.2↑Umzug ] von der Möllerstraße in die Spach-Allee 4, vgl. Windelband an Albert Ehrhard vom 12.5.1892.3↑Confirmation meiner Tochter ] von entweder Dora oder Meta, zum Zeitpunkt der Abfassung des Schreibens 16 bzw. 15 Jahre alt.5↑Herablassung zu meinem Opus ] Anspielung nicht ermittelt. Für ein späteres öffentliches Lob vgl. Windelband an Kuno Fischer vom 20.1.1899.6↑Wolfgang v. Burchard ] Dr. jur., 1913 Regierungsrat bei der Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern (Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre in Berlin 1913, S. 198). Dissertation (weder in Heidelberg noch anderswo) bibliographisch nicht nachgewiesen. Zum Verwandtschaftsverhältnis: Wolfgang von Burchards Mutter Wilhelmine von Burchard, geb. Eunike, (1846–1913; NDB), war eine Tochter von Eugenie Eunike, geb. Wilckens – womöglich einer Schwester von Martha Windelbands Mutter Wilhelmine Wichgraf, geb. Wilckens https://www.janecke.name/gaeste/wichgraf-in-potsdam (28.2.2018).▲