Bibliographic Metadata
- TitleWindelband an Carl Heyder, Freiburg i. Br., 28.3.1878, 4 S., hs. (dt. Schrift), UB Erlangen-Nürnberg; Autographenslg., Nachlass Hans Preuß Ms. 2666, A3
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- Physical LocationUniversitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg
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Windelband an Carl Heyder, Freiburg i. Br., 28.3.1878, 4 S., hs. (dt. Schrift), UB Erlangen-Nürnberg; Autographenslg., Nachlass Hans Preuß Ms. 2666, A3
Freiburg i B. 28 März 1878
Hochverehrter Herr College,
Mit dem herzlichen Danke für Ihre so überaus eingehende und liebenswürdige Beantwortung meiner Fragen[1] ersuche ich Sie, meine ergebne Bitte um Nachsicht dafür gütig aufzunehmen, daß ich Ihr freundliches Schreiben vom 21. d[es] M[onats] erst heute beantworte. Eine lästige Grippe, welche mich einige Tage sogar an das Bett gefesselt hat, ist der einzige Grund dieser Verzögerung.
Es bedarf nicht der ausdrücklichen Versicherung davon, wie werthvoll mir Ihre Mittheilungen sind und wie wichtig dieselben für meine spätere Entschließung sein werden. Daß die Wahl der zu behandelnden Fächer eine Sache freier Vereinigung zwischen uns beiden sein würde, ist mir ausserordentlich erfreulich; Sie werden darin bei mir stets das vertrauenvollste Entgegenkommen finden, und es liegt mir gerade beider Fülle von Arbeiten, in denen ich seit Jahren stecke und deren baldigen Abschluß ich ersehne und erhoffe, viel daran, mich in der Lehrtätigkeit nicht in der Weise zu zersplittern, wie es mir hier auf die Dauer nöthig werden könnte.
Was den Gedanken der Begründung eines Seminars[2] anbe|trifft, so war es eben nur ein unmaßgeblicher Vorschlag, den ich Ihrer Kenntniß der dortigen Verhältnisse unterbreiten wollte, in der Meinung, daß möglicher Weise bei etwaigen Verhandlungen diese Frage von mir angeregt werden könnte. Wenn Sie der Ansicht sind, daß es nicht angebracht, resp. von vorn herein aussichtslos sei, so bin ich gern bereit, diesen Vorschlag wieder fallen zu lassen. Im Allgemeinen bin ich, namentlich nachdem ich von den günstigen Erfolgen mich überzeugt habe[3], welche diese Einrichtung in Strassburg gehabt hat, der Ansicht, daß eine solche officielle Aufmunterung dem philosophischen Studium nur zum Heil sein kann. Wo jedoch, wie z. B. auch hier, financielle oder andre Gründe dagegen sprechen, da meine ich, daß gerade die Philosophie ihre Kraft auch ohne diese Unterstützung bewähren wird.
Nachdem Sie mir nun einmal so viel Liebenswürdigkeit erwiesen haben, werden Sie auch die nothwendige Folge davon tragen müssen, daß ich nämlich mehr begehre. Ihr freundliches Anerbieten, mich von einer Aenderung, welche in dem von Ihnen vorausgesehenen Verlaufe der Angelegenheit eintreten sollte, gütigst in Kenntniß setzen zu wollen, nehme ich mit aufrichtigem Danke an; nicht minder Ihre | wohlwollende Bereitwilligkeit zur Beantwortung sonstiger Fragen. Mit den letzteren hoffe ich nicht zu unbescheiden zu erscheinen, indem ich meine, es werde dadurch, falls die Berufung wirklich an mich ergehen sollte, die Zeit der Verhandlungen und jenes unbehagliche Schwanken und Zaudern verkürzt werden. Die Frage, ob es neben dem Gehalte Wohnungszuschuß wie hier auch bei Ihnen giebt, wird sich vermutlich in den Anerbietungen der Vokation selbst erledigen. Von besonderem Werthe wäre mir aber eine Mittheilung über die Pensions- und Wittwenpensionsverhältnisse, von denen ich bisher nur Ihrem ersten Schreiben die Notiz einer Quiescierung mit vollem Gehalte bei 70 Jahren entnehme. Es fragte sich ferner, ob die Anstellung in Baiern sogleich eine auch officiell definitive ist und ob die im auswärtigen Staatsdienste zugebrachten Jahre, wie es hier der Fall ist, angerechnet werden. Wegen der Uebersiedlungskosten würde ich Ihrem werthen Rathe folgend, zunächst mit dem Herrn Prorector persönlich conferiren. Ich entnehme Ihren Mittheilungen, daß die Neubesetzung der erledigten Professur nunmehr erst für das nächste Wintersemester in Aussicht genommen ist, und ich würde somit, falls die Wahl auf mich fiele und Alles sich glück|lich abwickelte, volle Zeit zu behaglicher Gestaltung der Umsiedlung haben.
Ich wiederhole, hochzuverehrender Herr College, den aufrichtigen Dank für Ihre Freundlichkeiten und die ergebne Bitte, meine Fragen gelegentlich beantworten zu wollen; und ich bleibe in ausgezeichneter Hochschätzung
Ihr ganz ergebner
W Windelband
Kommentar der Herausgeber
2↑Begründung eines Seminars ] Windelband hat den Ruf an die Universität Erlangen abgelehnt (vgl. Windelband an Wilhelm Lexis vom 28.3.1878) und in seinen Bleibeverhandlungen die Gründung eines Philosophischen Seminars an der Universität Freiburg zum 3.4.1880 erreicht, vgl. Windelband: Das philosophische Seminar. In: Die Universität Freiburg seit dem Regierungsantritt Seiner Königlichen Hoheit des Grossherzogs Friedrich von Baden. Freiburg i. Br./Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1881 (Die Universität Freiburg 1852–1881), S. 121.3↑mich überzeugt habe ] kein Besuch Windelbands in Straßburg für 1878 ermittelt. Eine Teilnahme Windelbands an der für den 27.5.1877 angesetzten Zusammenkunft der Professoren der Universitäten Freiburg, Heidelberg, Straßburg, Tübingen (Basel) in Baden-Baden ist nicht belegt (vgl. die Akte ADBR Strasbourg, 103 AL 1422).▲